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Da gab es etwas zu Feiern. After-Party-Show eines Walisers in Toulouse.
© AFP/Kilic

Der Beste Gareth Bale: Wales, wie es siegt und trinkt

Darauf erst Mal mehrere Bier: Die Waliser feiern ihren Achtelfinaleinzug gebührend. Sportlich ist der Sieg gegen Russland hingegen gar nicht so überraschend.

Es riecht eher so nach Kabinenfest einer Kreisliga-Truppe, die ihren Aufstieg in die B-Klasse begießt. Aber nein, getäuscht. Da links, das ist ja der Gareth Bale im Bild. Der megateure Superstar von Real Madrid. Siegestrunken präsentiert „Walseonline.uk“ am Montag “The epic scenes inside the Welsh dressing room as a nation celebrates history”. Und die epischen Szenen der kickenden Gesandten  der Nation sind mit  unnüchternen Bildern aus der Kabine der Waliser nach dem 3:0 gegen Russland illustriert. Halbnackte Männer lassen es krachen, das Bier spritzt aus Dosen. Und Mittelfeldspieler Joe Ledley „enjoys a cold one in the changing room” – anders formuliert: Joe stürzt sich den Inhalt einer Halbliter-Dose vom (natürlich) EM-Sponsor „Carlsberg“ in den Schlund.

Es gab ja auch etwas zu Feiern bei den Walisern. Nach dem grandiosen 3:0-Erfolg gegen Russland sind sie im Achtelfinale der EM, bei der ersten EM-Teilnahme von Wales.

Mit den Walisern ist das so eine Sache, schließlich ist die „Landesgrenze“ zum einzigen geographischen Nachbarn fließend. Es gibt sie ja in vielen politischen und sozialen Bereichen nicht die Grenzen, was den Nationalstolz der Bewohner des kleinen Landes, das sich südwestlich von England am Meer langschlängelt, wohl eher beflügelt. Drei Millionen Menschen leben in Wales, Nationalsport ist Rugby – dieser Tage allerdings nicht. Denn der Erfolg bei der EM macht eine ganze Nation glücklich.

Siegestrunkene Bilder wie die vom Montag wird es aus der deutschen Kabine nach einem Sieg gegen Nordirland eher nicht geben. Verständlich auch, weil die Ansprüche andere sind bei der großen Fußballnation. Das Erreichen eines EM-Achtelfinales ist im Land des Weltmeisters eine selbstverständliche Zwischenstation auf dem Weg ins Finale – mehr nicht. Für die Waliser ist es dagegen bis jetzt der größtmögliche Erfolg. Doch ist, was als große Überraschung gefeiert wird, wirklich so überraschend?

Gareth Bale spielt eben nicht Ronaldo oder Ibrahimovic - er ist wertvoller in seiner Nationalmannschaft

Die Waliser haben mit Gareth Bale einen der schnellsten Spieler und besten Freistoßschützen der EM überhaupt. Auch im Spiel gegen Russland traf er wieder, diesmal aus dem Spiel heraus. Sein Engagement ist unglaublich, der Mann spielt nicht für Wales, er spielt Wales. Und – anders als sein Teamkollege von Real Madrid, Cristiano Ronaldo bei Portugal oder Zlatan Ibrahimovic bei Schweden– hängt Bale im Angriff nicht in der Luft. Er hat Mitspieler wie Aaron Ramsey vom FC Arsenal, gegen Russland am Montag erster Waliser Torschütze oder Joe Allen, dem „Welsh Pirlo“.  

Dabei ist Gareth Bale im Angriff sozusagen allein unter Engländern – von sechs Offensivkräften im Aufgebot der Waliser sind fünf in England geboren. Überhaupt sind neun von 23 Spielern im Kader im großen Nachbarland auf die Welt gekommen. Und damit nicht genug, natürlich schlagen die Verwandtschaftsbande bei vielen walisischen Nationalspielern stark Richtung Westen. Seit Jahren forstet der walisische Verband auch in England und Umgebung nach Spielern mit walisischen Wurzeln. Auch Bale hat eine englische Großmutter. Er hätte also auch für England auflaufen können. Aber dann hätte es womöglich das Waliser Kabinenfest am Dienstag in Toulouse nicht gegeben. Darauf und darauf, dass uns diese Waliser beim insgesamt trockenen Turnier in Frankreich noch weiter erfrischen ein kräftiges: „Lloniannau!“*

*„Prost“ auf walisisch“

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