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Geschlagen von einer Heldin. Angelique Kerber gewinnt Silber in Rio.
© REUTERS

Kerber verliert denkwürdiges Olympia-Finale: Von einer Heldin geschlagen

Das Tennis-Finale der Frauen wird als großer Olympia-Moment in Erinnerung bleiben - vor allem wegen der sensationell aufspielenden Monica Puig. Doch auch Angelique Kerber hat allen Grund stolz zu sein.

Von jeden Olympischen Spielen bleiben Bilder, von strahlenden Siegern und fassungslosen Verlierern, von Sensationen und Tränen. Auch das Gesicht er Olympiasiegerin im Tennis wird nach den Spielen von Rio in Erinnerung bleiben. Es ist nicht das von Angelique Kerber. Die 28-Jährige hatte Silber gewonnen, die erste Medaille für die deutschen Tennisspieler bei Olympia seit 12 Jahren. Die Goldmedaille, von der sie geträumt hatte, die baumelte am Hals von Monica Puig.

Die Außenseiterin aus Puerto Rico, die vorher überhaupt erst ein Profiturnier gewonnen hatte, wurde durch den 6:4, 4:6 und 6:1-Sieg im Endspiel sensationell Olympiasiegerin. In ihrer Heimat wird Puig auf jeden Fall unvergessen bleiben – sie holte das erste Gold für Puerto Rico in der Olympiageschichte. „Diese Insel hat mir so viel Liebe und Unterstützung während meiner ganzen Karriere gegeben“, sagte sie. „Ich schulde ihr diesen Sieg.“

Tränen bei der Hymne

Puig sprach in perfektem Englisch mit amerikanischem Akzent. Sie wurde zwar auf der Karibikinsel geboren, doch schon als Kind zog ihre Familie nach Miami. „Aber in Puerto Rico sind meine Wurzeln“, sagte Puig. „Ich habe immer noch Familie in Puerto Rico und bin oft dort.“ Puig spricht auch spanisch, mit der Nationalhymne hatte sie bei der Siegerehrung dennoch ihre Probleme. Ihr Vater hatte ihr den Text in weiser Voraussicht per Mail geschickt, „aber es war einfach nicht genug Zeit, ihn sich einzuprägen. Ich habe sowieso zu viel geweint, um zu singen.“

Ein paar Tränen hatte auch Angelique Kerber nicht zurückhalten können. „Ich habe alles versucht und habe bis zum letzten Ball gekämpft“, sagte sie, „ich habe mein Herz heute auf dem Platz gelassen.“ Doch die Kielerin wirkte nach der anstrengenden Woche ausgelaugt und hatte dem aggressiven Spiel der 22-Jährigen wenig entgegenzusetzen. Ihr gelangen kaum Winner, Punkte errang sie hauptsächlich durch Fehler ihrer Kontrahentin.

Puig mit dem Spiel ihres Lebens

Das Finale hatte noch gut begonnen für die Deutsche, schon im ersten Spiel hatte sie den Aufschlag von Puig durchbrochen. Dabei hatte sie sich allerdings auch am Gesäßmuskel verletzt, nach dem ersten Satz ließ sie sich minutenlang in den Katakomben des Stadions behandeln. „Aber das soll keine Entschuldigung sein“, sagte Kerber. „Ich habe das Spiel nicht wegen der Verletzung verloren. Monica hat das Turnier verdient gewonnen, sie hat viele Topspielerinnen hier geschlagen.“

Im Endspiel spielte Monica Puig nach dem ersten Schreck so furchtlos und druckvoll wie schon die ganze Woche über. Auch als sie den zweiten Satz unglücklich verloren hatte, brach die Weltranglisten-34. nicht ein. Sie spielte einfach weiter „das Spiel ihres Lebens“, wie Kerber es später nannte. Im dritten Satz nahm sie der Deutschen die ersten beiden Aufschlagspiele ab und ging unter dem Jubel der vielen puertoricanischen Fans im Tennisstadion 5:0 in Führung. „Es war unmöglich, die Rufe auszublenden“, sagte Puig später. „Sie haben mir geholfen, an mich zu glauben.“ Nach gut zwei Stunden verwandelte sie ihren vierten Matchball und kniete danach weinend auf dem Centre Court.

Auch Kerber kann stolz sein

Puig hatte bereits mit dem Finaleinzug Heldinnenstatus in der Heimat erreicht. Sie war seit Tagen Inselgespräch in den Schulen, in den Bars, auf der Arbeit. Am Sonnabend war dann der große Puig- Tag in Puerto Rico. Zum Finale fanden sich die Menschen in den Cafés und Bars ein, um mit ihr zu zittern, später jubelten sie ausgelassen auf den Straßen. Bei der Rückkehr nach den Spielen wird sie wie ein Staatsgast empfangen werden. „Ich weiß, dass sich mein Leben nun wahrscheinlich ein wenig ändern wird“, sagte Puig. „Aber es verändert sich zum Besseren.“

Angelique Kerbers Leben hatte sich schon vorher verändert. Sie hat in diesem Jahr den Durchbruch geschafft, hat die Australian Open gewonnen, stand in Wimbledon im Finale und hat Silber bei Olympia geholt. Nach der ersten Enttäuschung wird sie die positiven Momente dieser Saison in Erinnerung behalten. „Ich bin natürlich traurig, aber ich bin auch sehr stolz, mit einer Medaille nach Hause zu fliegen“, sagte sie. „Das ist das beste Jahr meiner Karriere. Und das Jahr ist noch nicht zu Ende.“ Das Gesicht von Angelique Kerber wird auch in Deutschland in Erinnerung bleiben – als eines des Sportjahres 2016.

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