Derby zwischen Hertha BSC und Union: Volle Kurve, volles Stadion
Ausgerechnet zum Derby gegen den 1. FC Union dürfen bei einem Spiel von Hertha BSC erstmals wieder mehr als 25.000 Zuschauer ins Olympiastadion.
Das Derby zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Union kommt genau zwei Tage zu spät. Zwei Tage zu spät für ein schönes Jubiläum. Am 7. April 1997, vor ziemlich genau einem Vierteljahrhundert also, gab es ein legendäres Spiel mit Beteiligung von Hertha BSC. Der Klub war damals Zweitligist und traf an einem Montagabend im Spitzenspiel auf den 1. FC Kaiserslautern.
Dass Hertha 2:0 gewann und an den Pfälzern vorbei auf Platz eins der Tabelle kletterte, das war nur ein Teil der besonderen Geschichte dieses Spiels. Fast noch wichtiger war für alle Beteiligten, sowohl auf dem Platz als auch auf den Rängen, dass das Olympiastadion damals mit 75.000 Zuschauern ausverkauft war.
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Am 7. April 1997 wurde Hertha von diesem Zuspruch komplett übermannt. Davon kann 25 Jahre und 2 Tage später natürlich keine Rede sein. Wenn Hertha am Samstagabend den Lokalrivalen aus Köpenick empfängt, wird das Olympiastadion wohl ebenfalls ausverkauft sein.
Eine Überraschung ist das nicht, etwas Besonderes hingegen schon. Knapp 75.000 Zuschauer in der weiten Schüssel – das hat es lange nicht mehr gegeben.
Am 19. Januar 2020 war das Olympiastadion zuletzt komplett ausgelastet. Hertha empfing die Bayern, der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten hieß Jürgen Klinsmann, und in den Nachrichten war in jenen Tagen immer häufiger von einem neuartigen Coronavirus die Rede, das in China entdeckt worden war. Knapp sechs Wochen später kamen noch einmal 58.028 Menschen zum Spiel der Berliner gegen Werder Bremen. Wenige Tage später verabschiedeten sich das Land und die Bundesliga in einen Lockdown.
Zweimal gab es überhaupt keine Zuschauer
Mehr als 25.000 Menschen waren seitdem zu Herthas Spielen nicht zugelassen. Dass nun ausgerechnet zum Derby sämtliche Beschränkungen aufgehoben worden sind, trifft sich ganz gut. Seit Unions Aufstieg im Frühjahr 2019 gab es bei Herthas Heimspielen gegen den Lokalrivalen noch keine derbywürdige Kulisse. Zweimal musste die Partie als Geisterspiel ausgetragen werden; im Januar wiederum, im Achtelfinale des DFB-Pokals, waren 3000 Menschen im Stadion zugelassen.
Dass Hertha diesmal mit einem vollen Haus planen kann, freut den Klub nicht nur aus finanzieller Sicht. Allerdings hat es auch zu der Furcht geführt, dass die Farbe Rot auf den Rängen überrepräsentiert sein könnte. „Wir wollen eine volle Hütte in blau-weiß“, hat Hertha auf der Homepage geschrieben und eindringlich darum gebeten, „vom nicht erlaubten Verkauf auf dem Zweitmarkt abzusehen“.
Knapp 12.000 Tickets haben die Union-Fans offiziell erhalten, doch vermutlich dürften am Samstag noch einige Rot-Weiße mehr im Stadion sein. Hertha hat einiges getan, um das zu verhindern. Die Eintrittskarten waren zunächst nur für Mitglieder und Dauerkarteninhaber erhältlich. Der Start des freien Verkaufs, in dem sich auch Union-Anhänger hätten bedienen können, wurde in der vergangenen Woche kurzfristig noch einmal auf den Dienstag dieser Woche verschoben. Knapp 7000 Tickets waren zu diesem Zeitpunkt noch erhältlich – zu höheren Preisen übrigens als für die Mitglieder und Dauerkarteninhaber.
Dass es am Samstag ein Stadionerlebnis wie in der Vor-Corona-Zeit geben wird, liegt auch daran, dass erstmals auch die Ultras wieder in geschlossener Formation im Olympiastadion vertreten sein werden. Die neuen Regelungen „ermöglichen es uns, unsere Vorstellungen einer freien und lebendigen Fankultur wieder vollumfänglich auszuleben und damit der Kurve wieder ihr gewohntes Gesicht zurückzugeben“, schreiben die Harlekins, Herthas bekannteste Ultra- Gruppierung, auf ihrer Homepage.
Stress zwischen Verein und Ultras
Schon beim Auswärtsspiel vor einer Woche in Leverkusen waren die Ultras erstmals wieder im Block; im Olympiastadion ist ihr Revier bisher leergeblieben. Der Bereich, in dem sie sich in der Regel bei den Spielen aufhalten, war mit blau-weißem Flatterband abgesperrt. Dass die organisierten Fans die Spiele ihrer Mannschaft ignoriert haben, war jedoch kein Hertha-, sondern ein generelles Ultra-Phänomen. Auch an anderen Standorten sind sie wegen der Corona-Auflagen – personalisierte Tickets, Masken- und Testpflicht – nicht ins Stadion gegangen.
Bei Hertha kam erschwerend hinzu, dass es Anfang des Jahres, im Nachgang des verlorenen Pokalderbys, zu Verwerfungen zwischen Verein und organisierten Fans gekommen war. Auf einen Besuch der Ultras beim nicht-öffentlichen Training hatte der Klub mit einer scharfen Stellungnahme und der Androhung rechtlicher Konsequenzen reagiert. Seitdem ist das Verhältnis gespannt und der Geduldsfaden auf beiden Seiten kurz. Eine weitere Eskalation steht allerdings kurzfristig nicht zu befürchten. „Die Situation im Verein könnte widriger nicht sein“, haben die Harlekins geschrieben. „Umso mehr heißt es jetzt für uns als Kurve: Alle Mann an Deck – Volldampf für Hertha BSC!“