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Harte Hand. Trainer Volkan Uluc fordert viel von seinen Spielern.
© imago/Picture Point

BFC Dynamo heute gegen Babelsberg: Volkan Uluc: Der Vulkan ruht

Volkan Uluc hat den BFC Dynamo als Trainer zum ersten Aufstieg seit zehn Jahren geführt. Er hat den Verein professioneller gemacht - und will bewusst keine Berliner in seiner Mannschaft haben.

Von Weitem erfüllt er das Klischee. Massiger Körper, kahl rasierter Schädel. Wie er da so zwischen denen steht, die sich gegenseitig in ihrer Schulterbreite über- und ihrer Haarlänge unterbieten, wirkt er wie ihr Anführer: Volkan Uluc, 44 Jahre alt. Türke mit deutschem Pass. Trainer beim BFC Dynamo, steht inmitten der eigenen Fans. Der tägliche Plausch, die Nähe zu Anhängern und Mitarbeitern, das ist ihm wichtig.

Seit mehr als zwei Jahren ist er sportlich für den BFC verantwortlich. Mit Erfolg. Die Berliner spielen inzwischen in Liga vier, der Regionalliga, an diesem Samstag geht es im Jahnsportpark gegen den SV Babelsberg 03 (13.30 Uhr). Ein brisantes Duell, die Fanlager beider Klubs sind sich in inniger Abneigung verbunden.

Die Anhänger und der BFC – eine nicht immer einfache Geschichte. Gewaltbereitschaft und die Nähe zum rechten Rand: Dynamos Fans haben historisch gesehen nicht den besten Ruf. Uluc wusste, was ihn erwartet, er war schon einmal Trainer beim BFC, von 2007 bis 2009. Anfangs waren seine Frau und sein Bruder sehr skeptisch. Ob er sich das wirklich gut überlegt habe, haben sie ihn gefragt. Rassistische Äußerungen hat er kaum gehört, sagt Uluc, und außerdem: „Für mich ist wichtig: Wenn 99 Prozent der Fans mich akzeptieren und mir den Erfolg gönnen, dann interessiert mich das eine Prozent nicht.“

Von den Fans wird er spätestens seit dem Aufstieg im Sommer gefeiert. Mit 34 Punkten Vorsprung setzte sich Dynamo vor der Konkurrenz durch. Uluc genießt den Erfolg – innerlich. Große Gesten sind bei ihm selten. Die feinen schwarzen Augenbrauen heben sich hin und wieder, wenn er redet. Meist sind seine Augen leicht zusammengekniffen. Uluc spricht ruhig und langsam, ohne zögerlich zu klingen. Dazu dieses wissende Lächeln, ohne überheblich zu wirken .

Aus dem Wedding nach Leipzig, Iran und zum BFC

Aufgewachsen ist er im Wedding. Nauener Platz. Arbeiterviertel sagte man früher dazu. „Sozialer Brennpunkt“, sagt er. Ein guter Ort, um die Kurve nicht zu kriegen. „Ich bin da gut ausgekommen. Ich habe dort gelernt, mit verschiedenen schwierigen Charakteren umzugehen.“

In seiner Jugend spielt er bei Hertha BSC, mit 17 verletzt er sich jedoch so schwer am Sprunggelenk, dass die Fußballerkarriere früh beendet ist. Er wird Trainer, mit 30 Jahren betreut er bereits Sachsen Leipzig in der Regionalliga, später geht es in den Iran und nach Bahrain. Er hofft, dadurch den Sprung nach Dubai zu schaffen, wo Fußballtrainer mehr als eine Millionen US-Dollar pro Jahr verdienen können, doch der Traum erfüllt sich nicht. Zuvor hatte sein erstes Engagement beim BFC erfolglos geendet. „Da gab es nicht diese Strukturen wie heute, das war Feierabendfußball“, sagt Uluc. „Anspruch und Wirklichkeit klafften auseinander.“

Heute ist alles professioneller. Auch wegen Kevin Meinhardt, des sportlichen Leiters. Uluc und er kennen sich schon länger. Aus Stendal und vom BFC. Uluc war Trainer, Meinhardt Spieler. Nicht immer war ihr Verhältnis nur freundschaftlich. Meinhardt war nie ein Musterprofi.

Er habe ihn schon ziemlich drangsaliert, sagt Meinhardt über Uluc. Mit Straftraining, Suspendierungen. „Aber ich wusste immer, dass das sportlich gemeint und nichts Persönliches ist.“ Den Vulkan nannten die Spieler Uluc damals, „weil er so aufbrausend und laut war“. Das kann auch zur Gefahr werden: „Er hat eine Gabe, einen Spieler kaputtzumachen“, sagt Meinhardt. „Weil er sehr viel erwartet, und diesem Druck hält nicht jeder stand. Aber er ist ruhiger geworden.“

Keine Spieler aus Berlin

Gemeinsam mit Meinhardt wagte er vor zwei Jahren beim BFC einen neuen Versuch. Sie entwickelten einen Zweijahresplan für den Regionalliga-Aufstieg: weg vom Feierabendfußball, stattdessen tägliches Training, zweimal in der Woche sogar morgens und nachmittags. Laufeinheiten ohne Ball gibt es bei Uluc kaum: „Wenn jemand Klavierspielen lernt, dann lässt man ihn auch nicht ums Klavier herumlaufen.“

Und noch etwas haben die beiden Berliner festgelegt – sie verpflichten keine Spieler aus Berlin. Wegen der Mentalität, wie Uluc erklärt: „Ein Spieler wie unser Patrick Brendel sagt sich: ,Ich muss mich hier durchsetzen, sonst gehe ich zurück nach Meuselwitz.‘ Wenn ein Berliner Spieler es beim BFC nicht schafft, dann geht er halt zum BAK, zu Viktoria oder TeBe. Das ist so ein Klüngel.“

Dass der Vulkan nicht immer ruht, hat sich auch am Abend nach Dynamos Aufstieg im April gezeigt: Volkan Uluc steht im Halbdunkel des Vereinsheims, umringt von Fans und Spielern, mit einem Mikrofon in der Hand. Er kommt kaum dazu, etwas zu sagen. Gerade erst hat ihn wieder ein Fan unterbrochen, der ihm vor Freude um den Hals gefallen ist. „Ganz kurz, dann geht’s weiter mit dem Feiern“, ruft er der johlenden Menge zu. „Ich danke der Mannschaft, ich danke Kevin Meinhardt, dass er so ’ne Truppe zusammengestellt hat.“ Uluc legt nach: „Ihr seid die Besten!“, schreit er heiser hinterher. Dann stürzen sich fünf Kerle auf ihn. Sie fallen ihm um den Hals und einer streichelt über seinen Schädel.

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