Neuer Trainer bei Arminia Bielefeld: Viel Ungewissheit für den 1. FC Union
Nach dem Trainerwechsel von Uwe Neuhaus zu Frank Kramer gestaltet sich die Spielvorbereitung für den 1. FC Union schwieriger als gewohnt.
Auch wenn viele Trainer gerne behaupten, dass sie sich vor allem auf die eigene Mannschaft konzentrieren, ist die Gegneranalyse im Profifußball natürlich ein wesentlicher Teil der Spielvorbereitung. Aus bisherigen Duellen lassen sich gewisse Rückschlüsse ziehen, die letzten Auftritte des Gegners werden natürlich besonders detailliert betrachtet, um Stärken sowie Schwächen zu identifizieren und eine passende Taktik auszutüfteln.
Für Urs Fischer und sein Trainerteam beim 1. FC Union barg die Gegneranalyse in dieser Woche eine entscheidende Tücke: Arminia Bielefeld hat am Montag den langjährigen Berliner Übungsleiter Uwe Neuhaus entlassen und mit Frank Kramer einen Nachfolger engagiert, der vor fünfeinhalb Jahren zuletzt bei einem Klub im Erwachsenenbereich tätig war. „Es ist nicht ganz so einfach“, sagt Fischer deshalb vor dem Auswärtsspiel in Bielefeld am Sonntag (18 Uhr, Sky). „Neuer Trainer, neue Ideen – wir wissen nicht genau, was uns erwartet.“
Im Hinspiel besiegte Union den Aufsteiger aus Ostwestfalen im leeren Stadion An der Alten Försterei 5:0 – es war der höchste Sieg in der noch jungen Bundesliga-Geschichte der Köpenicker. Bielefeld trat damals wie ein sicherer Absteiger auf. Hinten verteidigte die Mannschaft desolat, im Mittelfeld bekamen der ehemalige Unioner Marcel Hartel und seine Kollegen keinen Zugriff. Der sogenannte Angriff prallte an Marvin Friedrich und Robin Knoche ab, wie schmächtige Jugendspieler bei ihrem ersten Training im Erwachsenenbereich.
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Die deutliche Überlegenheit der Berliner im ersten Aufeinandertreffen der Saison sowie 16 Punkte Vorsprung in der Tabelle könnten zu einem gefährlichen Gefühl der Sicherheit führen – von daher ist der Trainerwechsel in Bielefeld psychologisch gar nicht schlecht. Auf die Frage, was man für Sonntag aus dem Hinspiel mitnehmen könne, antwortete Fischer kurz und knapp: „Nichts!“
Fischer will trotz der Ausfälle von Taiwo Awoniyi, Sheraldo Becker, Christopher Lenz, Anthony Ujah und Niko Gießelmann vor allem die Stärken seiner Mannschaft zur Geltung bringen und nicht zu sehr auf den Gegner reagieren. Es mache einen deutlichen Unterschied, ob bei der anderen Mannschaft ein altbekannter oder ein neuer Trainer auf der Bank sitze. „Wir spielen zwei Mal gegeneinander, du schaust dir viele Spiele an, da siehst du auch die Handschrift eines Trainers“, sagt Fischer.
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Bei Kramer, der in den vergangenen Jahren beim DFB und in Salzburg im Nachwuchs tätig war, ist diese schwer zu antizipieren, aber natürlich haben sich die Berliner intensiv mit ihm beschäftigt. „Wir denken in etwa zu wissen, wie sie daherkommen“, sagt Fischer und erwartet einige Änderungen im Vergleich zu den letzten Spielen unter Neuhaus. Zuvor habe sich die Arminia durchaus über Ballbesitz definiert, nun erwartet der Berliner Trainer den Gegner eher abwartend, tiefer stehend, mit dem Fokus auf ein schnelles Umschaltspiel.
Gegen solch eine Herangehensweise hat sich Union in dieser Saison schon des Öfteren schwergetan. Beim 1:1 gegen Hoffenheim vor einer Woche fehlte den Berlinern in vielen Szenen die Tiefe, die sonst vor allem durch die Läufe von Awoniyi und Becker entsteht. „Wir brauchen eine gesunde Mischung im Spiel“, sagte Mittelfeldspieler Grischa Prömel. Man könne nicht jeden Ball in den Fuß fordern, sondern müsse die Offensivspieler auch mal hinter die gegnerische Abwehrkette schicken. Im Hinspiel überforderte Union Bielefeld mit diesen Bällen in die Tiefe, gerne gespielt von Max Kruse, immer wieder. Doch Fischer ist sich sicher: „So einfach werden sie es uns nicht wieder machen.“
Julian Graeber