Hertha BSC sucht das Tor: Vedad Ibisevic: Der Kapitän für alle Fälle
Stürmer Vedad Ibisevic soll dem Spiel von Hertha BSC wieder mehr Mut und vor allem Torgefahr verleihen. Am besten schon am Samstag gegen Freiburg.
Mitte Februar hat ihm sein Mainzer Gegenspieler im Luftzweikampf das Nasenbein durchtrennt. Es musste operiert und gerichtet werden. Kaum zu glauben, dass dieser Kerl sich schon wieder nur mit einem lächerlich verstärkten Nasenpflaster in jeden Trainingszweikampf haut als wäre es der letzte. So einer muss jetzt her, so einer muss es richten. Hertha braucht einen wie ihn, einen Anführer, der mit Power und Mut dabei ist, der vorn reingeht, damit mal wieder einer vorn reingeht – ins gegnerische Tor.
Es gilt als ausgemacht, dass Vedad Ibisevic im Heimspiel am Sonnabend gegen den SC Freiburg auflaufen und die Mannschaft des Berliner Bundesligisten als Kapitän auf Feld führen wird. „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir punkten müssen“, sagt Herthas Trainer Pal Dardai und schiebt hinterher: „Jetzt kommen Gegner auf Augenhöhe.“
Gemeint ist eine Triologie, die mit dem Heimspiel gegen Freiburg startet. Dann geht es zum HSV – übrigens die einzige Mannschaft, die in 2018 noch weniger Tore erzielt hat als die vier, die die Berliner in den acht Punktspielen seit Jahresbeginn zustande gebracht haben. Am Ostersonnabend kommt dann schließlich der VfL Wolfsburg nach Berlin. Also Gegner, gegen die man sich bei Hertha etwas ausrechnet. Man wolle so schnell wie möglich auf 40 Punkte kommen, um nicht ins große Zittern zu geraten. Derzeit liegt Hertha bei 31 Punkten auf Rang zwölf – einen Platz vor Freiburg.
Doch eine Mannschaft, die selten bis gar keine Tore erzielt, hat es für gewöhnlich schwer, Spiele zu gewinnen. In dieser Kalamität stecken die Berliner zur Zeit. Es ist eine, die auch den Trainer drückt. Zum ersten Mal unter Dardai ist Hertha in drei aufeinanderfolgen Spielen ohne eigenen Torerfolg geblieben. Eine solche Serie gab es für die Berliner zuletzt zwischen dem 17. und 19. Spieltag der Saison 2014/15. Es waren die drei letzten Spiele unter Trainer Jos Luhukay, dann kam – Pal Dardai.
Die gute Defensive ist auch ein Grund für die schwache Offensive
Hertha hat anno 2018 eine stabile und widerstandsfähige Defensive, es gibt nur wenige Mannschaften in der Liga, die weniger Gegentore kassiert haben. Doch das hat offenbar seinen Preis. Dardais Team betreibt dafür einen enormen Aufwand, die Arbeit gegen den Ball und das fleißige Zulaufen von Spielräumen kostet Kraft. Kraft, die dann für ein mutiges und dynamisches Spiel nach vorn fehlt.
Auch deshalb hat Vedad Ibisevic beste Startchancen gegen Freiburg. Schon am vergangenen Wochenende, beim 0:1 gegen Schalke, war Ibisevic für die Schlussviertelstunde ins Spiel gekommen und hatte dem zauderhaften Offensivspiel der Berliner ein wenig mehr Mut verliehen. „Vedad ist gut drauf, das hat er mir im Training gezeigt“, sagt Dardai. Der 33-jährige Bosnier mit dem leicht ergrautem Schläfenhaar ist so etwas wie der Leitwolf der Berliner, eine Art Silberrücken des Strafraums. 108 Bundesligatore hat Ibisevic erzielt, 48 für Hoffenheim, 33 für Stuttgart und 26 für Hertha. Allerdings waren es in dieser Spielzeit erst vier, was einer der Gründe für Herthas Offensive-Misere ist. Sein letzter Treffer liegt beinahe drei Monate zurück. Gegen Köln war es, Ibisevic traf doppelt.
Aber auch Davie Selke, 23, der im späten Herbst mit seinen Toren Ibisevic aus der Startelf verdrängt hatte, leidet unter der Chancenarmut des Berliner Offensivspiels. Sechs Spiele blieb er ohne Treffer. Auch deshalb will Dardai hier einen Wechsel vollziehen, aber vielleicht nicht nur einen Eins-zu-eins-Wechsel, von Stürmer zu Stürmer, also von Selke zu Ibisevic. Dardai kann sich sogar vorstellen, beide Mittelstürmer zu bringen. In der Hinrunde hat das einige Male gut funktioniert, was allerdings auch immer vom jeweiligen Gegner abhing und dessen Art, Fußball zu spielen. „Ich habe eine Idee, möchte sie aber erst mit der Mannschaft besprechen“, sagt Dardai. Es geht um mehr Durchschlagskraft, es fallen Worte wie „Passschärfe“ und „Handlungsschnelligkeit“. Dass es mit zwei Zentrumsstürmern funktionieren kann, hatte das Spiel gegen Köln gezeigt, als Ibisevic beide Tore erzielte. Davie Selke hatte beide vorbereitet.