WM 2014 - Nach Beißattacke: Uruguay legt Protest gegen Sperre für Luis Suarez ein
Luis Suarez ist mit der heftigsten Strafe der WM-Geschichte belegt worden und muss nach seiner Beißattacke das Turnier umgehend verlassen. Nur Uruguay versteht die Welt nicht mehr und will sich gegen die Sperre wehren.
Skandal-Stürmer Luis Suárez bekommt die volle Härte der Fußball-Gesetze zu spüren und muss für seine Beißattacke mit der heftigsten Strafe der WM-Geschichte büßen. Der Superstar aus Uruguay darf auch nach dem Weltturnier in Brasilien bis Ende Oktober nicht auf Torejagd gehen: Von der Disziplinarkommission des Weltverbandes Fifa wurde er für neun Pflicht-Länderspiele gesperrt und fehlt zudem dem FC Liverpool vier Monate lang in der Premier League und Champions League. „So ein Verhalten kann auf keinem Fußball-Platz toleriert werden“, sagte der Chef der Fifa-Disziplinarkommission, Claudio Sulser, am Donnerstag in Rio de Janeiro.
Damit bestätigten sich die schlimmsten Befürchtungen der Südamerikaner, die im Achtelfinale am Samstag gegen Kolumbien auf ihren Topstürmer verzichten müssen. Der Verband AFU wollte sich „sofort“ mit einem Einspruch gegen den Entschluss wehren. Es sei „eine übertriebene Entscheidung“, sagte Präsident Wilmar Valdéz am Donnerstag in Rio de Janeiro. Ein Einspruch ist unter Berufung auf Artikel 124 der Fifa-Gesetze zwar möglich, habe aber keine aufschiebende Wirkung, stellte der Weltverband klar. Suárez war damit verpflichtet, unverzüglich das Team-Hotel Uruguays zu verlassen.
„Die schlimmste Strafe“, klagte auch die uruguayische Zeitung „Ovacion“. „Er wird wir ein Krimineller behandelt“, twitterte ein Journalist von „El País“. „Es fühlt sich an, als wäre Uruguay aus der WM geworfen worden“, betonte Valdéz. Man habe mit Fifa-Präsident Joseph Blatter gesprochen und werde sich nicht von der WM zurückziehen. Suárez' englischer Club wollte vor einem Kommentar zunächst den Bericht der Fifa-Disziplinarkommission abwarten, erklärte Liverpools Vorstandchef Ian Ayre. Ein möglicher Transfer ist durch den Vier-Monate-Bann von „allen fußballbezogenen Aktivitäten“ allerdings nicht betroffen.
Luis Suarez muss eine Geldstrafe von 100 000 Schweizer Franken zahlen
Torschützenkönig Suárez steht seinem Club die ersten neun Ligaspiele nicht zur Verfügung und muss eine Geldstrafe in Höhe von 100 000 Schweizer Franken (rund 82 000 Euro) zahlen - bei einem geschätzten Gehalt von mehr als einer Million Euro im Monat ist das für Suárez zu verschmerzen - die Sperre trifft ihn aber hart. Die Fifa wies Gerüchte uruguayischer Medien zurück, dass Argentiniens Verbandspräsident Julio Grondona - ein enger Vertrauter von Fifa-Boss Blatter - Einfluss auf die Disziplinarkommission genommen habe: „Es ist ein komplett unabhängiges Gremium“, stellte eine Sprecherin klar. Uruguays Sportministerin Liliám Kechichián beklagte dennoch eine „unangemessene Strafe“.
Suárez hatte am Dienstag im letzten Gruppenspiel seinen Gegner Giorgio Chiellini bei einem Zweikampf im Strafraum unbemerkt vom Schiedsrichter in die Schulter gebissen. Die Fifa-Richter bewerteten das Vergehen nun nachträglich dem Reglement gemäß entsprechend auch nach Ansicht der TV-Bilder.
Wie beim 1:3 zum Auftakt gegen Costa Rica, als Suárez noch wegen einer Knieverletzung fehlte, muss Coach Oscar Tabarez nun seinen Supersturm um Edinson Cavani umbauen: Möglich, dass Altstar Diego Forlán wieder in die Startelf rückt. Kapitän Diego Lugano sprach seinem Team mit deutlichen Worten Mut zu: „Empörung, Ohnmacht, das fühlen wir alle. Wir hätten alle gerne eine gerechtere Welt, aber so eine Welt existiert einfach nicht“, schrieb der Innenverteidiger am Donnerstag bei Facebook. „Sie beurteilen uns nicht nach dem gleichen Recht.“
Sportartikelhersteller adidas stoppte alle Werbemaßnahmen mit dem Starstürmer
Der Sportartikelhersteller adidas reagierte auf die Strafe und stoppte alle Werbemaßnahmen mit dem Starstürmer während der Weltmeisterschaft. „Adidas duldet das jüngste Verhalten von Luis Suárez nicht. Wir werden ihn noch einmal an die hohen Verhaltensstandards erinnern, die wir an unsere Spieler stellen“, sagte Unternehmenssprecher Oliver Brüggen am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa.
Es ist nicht der erste Aussetzer des umstrittenen Stürmers, der nun wegen seiner Vergehen umgerechnet bereits eine komplette Saison seines Profilebens verpasst hat. Bei Ajax Amsterdam 2010 und im Vorjahr beim FC Liverpool hatte er Gegenspieler gebissen und Sperren von sieben beziehungsweise zehn Spielen von den nationalen Verbänden erhalten. Wegen seiner rassistischen Bemerkungen gegen den Franzosen Patrice Evra von Manchester United wurde er 2011 für acht Spiele gesperrt. „Hoffentlich realisiert er jetzt, dass ein solches Verhalten unter keinen Umständen toleriert wird“, betonte Fifa-Vizepräsident Jim Boyce.
Selbst die Hilfe von Uruguays Staatspräsident konnte Suárez dieses Mal nicht vor der fälligen Strafe bewahren. „Ich habe ihn niemanden beißen sehen“, behauptete Jose Mujica ungeachtet der entlarvenden TV-Bilder. „Er wird nicht dafür gelobt, ein großer Philosoph oder Mechaniker oder ein Mensch mit guten Manieren, sondern ein guter Fußballspieler zu sein.“ Auch diese Fähigkeit wird Suárez nun vorerst lange nicht mehr beweisen können. Die bisherige Rekordstrafe bei einer WM waren acht Spiele für den Italiener Mauro Tassotti für eine Ellenbogenschlag gegen Spaniens Luis Enrique im WM-Viertelfinale 1994. Der Kroate Josip Simunic wurde wegen rassistischer Vergehen nach dem WM-Playoff gegen Island sogar für zehn Spiele gesperrt und verpasste die WM in Brasilien.