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Jockey Christophe Soumillon auf Epiphaneia bejubelt seinen Sieg im Japan Cup.
© AFP

Galopprennsport: Triumpf und Tragik im Japan Cup

Der belgische Jockeystar Christophe Soumillion gewinnt auf Epiphaneia den Japan Cup. Doch das wichtigste Galopprennen Asiens wird durch einen Todesfall überschattet.

"Licht und Schatten gehören zusammen, man muss auch die dunkle Seite kennen lernen". An diese Worte von Albert Camus fühlte man sich beim diesjährigen Japan Cup unwillkürlich erinnert, denn beim zweitwichtigsten Galopprennen auf dem Globus wurde die großartige Stimmung durch den Tod des irischen Gastpferdes Trading Leather getrübt. Zunächst fast unbemerkt, denn der mit insgesamt 633 Millionen Yen (umgerechnet fast fünf Millionen Euro) dotierte Japan Cup entsprach auch bei seiner 34. Austragung allen Erwartungen, die man an das neben dem „Prix Arc“ in Paris-Longchamp wichtigste internationale Rennen,  stellen konnte.

Knapp 110 000 Zuschauer hatten sich auf der größten Rennbahn der Welt eingefunden. Knapp eine Viertelmillion Besucher finden hier Platz.  Vor allem, um den dritten Triumph der japanischen Stute Gentildonna zu feiern. Darüber hinaus hatten sie ihre komplette erste Garnitur, die auch international schon für Furore gesorgt hatte, aufgeboten, um einmal mehr zu beweisen, dass der Rennsport in Japan innerhalb der letzten 35 Jahre Weltniveau erreicht hat.

Während der ersten Jahre seit der Premiere 1981 gewannen fast ausschließlich die Gastpferde, doch seit 2006 dominieren die einheimischen Vollblüter ihr Prestigerennen und sorgen permanent für sportliche Superlative. Nirgendwo sonst werden Galopprennen schneller gelaufen als in Fuchu, werden höhere Wettumsätze erzielt als auf der Rennbahn in Tokio. Auch in diesem Jahr wurden allein im Hauptereignis umgerechnet fast 200 Millionen Euro gewettet: Summen, bei denen man selbst in den Turfhochburgen der Welt wie Hong Kong, Kentucky, Ascot oder Paris neidisch wird. Den internationalen Vergleich scheut man nicht: es spricht gerade für die Fairness der Gastgeber, dass von den 18 Startplätzen zehn Boxen für die Gäste reserviert werden, die zudem noch eingeladen werden, sprich keinerlei Kosten aufzuwenden haben. Anders formuliert: als Gast hat man nichts zu verlieren, selbst der achte Platz wird noch stattlich honoriert.

Aus Deutschland war Ivanhowe aus dem Gestüt Schlenderhans am Start

Aber die Klasse der japanischen Pferde ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Vor allem aber schreckt der extrem harte Boden viele ausländische Besitzer ab, zudem haben viele ausländische Rennpferde schon eine kräftezehrende Saison seit April hinter sich. Kein Wunder, dass dieses Jahr nur drei Gäste die Reise nach Tokio antraten, darunter auch Gestüt Schlenderhans Ivanhowe, eigentlich ein Spezialist für weichen Boden. Aber sein Engagement wurde mit einem sechsten Platz und umgerechnet 125 000 Euro belohnt. Mit der Entscheidung des Rennens hatte er jedoch nichts zu tun, denn die ersten fünf Plätze belegten die einheimischen Stars. Auch wenn die Fans ein wenig enttäuscht waren, dass  Gentildonna ihren Hattrick nicht vollenden konnte, zollten sie dem Sieger Epiphaneia den gebührenden Respekt. Unter dem belgischen Jockeystar Christophe Soumillion distanzierte er die Konkurrenz auf der Zielgerade mit vier Längen in einer Zeit, die für die Klasse des vierjährigen Hengstes spricht: 2.23:1 über 2400 Meter. Viel schneller sind nur wenige Galopper bisher gelaufen, denn bei 2:22 Minuten ist der Grenzwert der Geschwindigkeit erreicht.

Auch Ivanhowe lief mit 2:24:1 sein bisher schnellstes Rennen und enttäuschte als bestes von drei Gastpferden keineswegs. Für seinen Jockey Filip Minarik ging ein Traum in Erfüllung: "Es ist für mich das Größte, einmal in solch einem Monsterrennen zu starten, besonders da ich in Paris nicht reiten durfte." Auch für  den erfolgsverwöhnten Jockey Christophe Soumillion war es der erste Sieg im Japan Cup. „Ich traute meinen Augen nicht, als ich auf der Riesenleinwand sah, dass ich soweit in Führung lag. Vor dieser Kulisse zu gewinnen  in einem solchen Klassefeld, ist unbeschreiblich. Vielleicht hat Epiphaneia ja das Potenzial, auch einmal den „Arc“ zu gewinnen“. Das ist fast das einzige Rennen unter den Top-Ten des Turfs, welches die Japaner noch nicht gewonnen haben.

In einer Atmosphäre kontrollierter Ekstase auf der Rennbahn Fuchu  wurde das tragische Ende des irischen Gastpferdes Trading Leather aus dem Besitz von Scheich Mohammed aus Dubai fast übersehen. Der irische Derbysieger von 2013, dem der harte Boden und schnelle Kurs in Tokio besonders liegt, bezahlte seine Teilnahme nach einem Beinbruch mit dem Leben. Der Tod macht immer betroffen, aber es gibt keinen Sport ohne Risiko für Mensch und Tier. Den perfekt organisierenden Gastgebern kann man keinen Vorwurf machen. Dies träfe nur dann zu, wenn die entsprechende Sportart unvermeidlich hohe Risiken beinhaltete, quasi die Tragik herausforderte.

Davon kann im Galopprennsport aber keine Rede sein. So lange die Schattenseite die Ausnahme bildet, verliert der Sport nichts von seiner Faszination.

Ulrich Nickesen

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