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Vor dem Champions-League-Spiel in Paris leitete Ancelotti sein letztes Bayern-Training.
© REUTERS/Stephane Mahe

Unruhe beim FC Bayern München: "Training wie in der D-Jugend"

Nach der Entlassung von Carlo Ancelotti treten große Differenzen zwischen Trainer und Mannschaft zu Tage. Der Italiener schweigt zu den Vorwürfen.

Carlo Ancelotti stand am Montag schon wieder an der Seitenlinie. Der 58-Jährige, der am vergangenen Donnerstag beim FC Bayern München entlassen worden war, trainierte im Rahmen eines Friedensprojektes Kinder in Jerusalem. Bei einem neuen Verein will Ancelotti demnächst aber nicht einsteigen. „Die kommenden zehn Monate werde ich mich erholen“, sagte er.

Auch die Bayern brauchen Abstand – von Ancelotti. Denn so wie beim deutschen Rekordmeister dessen Zeit als Trainer aufgearbeitet wird, treten große Differenzen zwischen der Mannschaft und dem Italiener zu Tage. So berichtet der „Kicker“, dass Ancelotti durch sein seltsames Training viele Münchner Spieler verärgerte. Schon in der vergangenen Saison sollen sich Philipp Lahm und Xabi Alonso bei den Klubverantwortlichen über das unzureichende Training beschwert haben.

Und der Unmut wuchs weiter. In dieser Spielzeit wurden Manuel Neuer, Thomas Müller und Jerome Boateng beim Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge vorstellig, weil ihnen das Trainingspensum zu gering war. Ancelottis Fitnesstrainer Giovanni Mauri gab sich auch mal nur mit einem dreiminütigen Aufwärmprogramm zufrieden.

Arjen Robben soll darüber so aufgebracht gewesen sein, dass er schimpfte, in der D-Jugend in Grünwald, in der sein Sohn kickt, werde besser trainiert. Einige Spieler setzten deshalb ein zusätzliches Training an, das Ancelotti jedoch verbot. Doch auch das umgingen die Spieler und trainierten andernorts eigenständig.

Zu all diesen Vorwürfen wollte sich Ancelotti am Montag nicht äußern. „Schweigen ist eine Tugend, also ist es besser, zu schweigen“, sagte er. „Es wurde von Verrat, falscher Taktik, Verschwörungen, falscher Vorbereitung geredet. Für mich ist jetzt der Moment gekommen, darüber nachzudenken.“

Franck Ribéry fehlt wohl bis ins neue Jahr

Während Ancelotti also über seine letzten 15 Monate in München sinniert, müssen Klubpräsident Uli Hoeneß und Rummenigge auch den nächsten Rückschlag verkraften – den Ausfall von Franck Ribéry. Der Franzose zog sich beim 2:2 in Berlin einen Außenbandriss im linken Knie zu und fehlt wohl bis ins neue Jahr.

Außerdem stehen Hoeneß und Rummenigge unter Druck, schnell ein Ergebnis bei der Trainersuche zu vermelden. Der FC Bayern ist ein Klub, der kein Vakuum und auch keine Zwischenlösungen auf dieser zentralen Position verträgt. Warten auf einen Hochbegabten wie Hoffenheims Julian Nagelsmann? Eigentlich unmöglich für einen Verein, der sich über Titel definiert; auch um den mit Abstand teuersten Kader in Deutschland zu finanzieren.

Aus dem Notstand heraus könnte es zu einer spannenden bayerischen Koalition kommen: Hoeneß, Rummenigge und Trainer Thomas Tuchel. Der 44-Jährige, fachlich Champions League, menschlich schwierig, wohnt ohnehin schon in München. Der FC Bayern wäre aber auch für Tuchel eine große Chance – und keineswegs nur ein Risiko für den FC Bayern.

Der Auftritt der Münchner in Berlin hat jedenfalls gezeigt, dass ein Toptrainer her muss, der die Stars straff führt und auf dem Trainingsplatz und in den Spielen taktisch anleitet. „Es hat Spuren hinterlassen, das hat man gemerkt“, sagte Mats Hummels zu den Turbulenzen. Nach der Länderspielwoche soll die Wende eingeleitet werden. „Dann können wir in einer normalen Trainingswoche an Dingen arbeiten, ganz egal, wer dann der Verantwortliche sein wird“, sagte Hummels. Dann könne man „auch spielerische und strukturelle Ergebnisse sehen“. (Tsp/dpa)

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