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Thomas Röhler, 24, wurde in Jena geboren. Bei den Olympischen Spielen in Rio holte er im August mit der Weite von 90,30 Metern die Goldmedaille.
© imago/Chai v.d. Laage

Speerwurf-Olympiasieger im Interview: Thomas Röhler: "Hat gut geklappt, war nicht geplant"

Thomas Röhler war zuletzt als Dreispringer in Berlin – nun kehrt er an diesem Samstag beim Istaf als Speerwerfer zurück. Der Olympiasieger von Rio über die Magie seines Sports.

Thomas Röhler, sind Sie schon einmal im Berliner Olympiastadion angetreten?

Bis jetzt erst einmal. Das war 2008 bei den deutschen U-18-Meisterschaften, allerdings war ich damals noch Dreispringer. Ich bin Achter geworden, das war für mich ein schöner Erfolg.

Am Samstag kehren Sie beim Istaf nun in ganz anderer Rolle zurück – als Olympiasieger im Speerwurf.

Wirklich verarbeiten konnte ich meinen Olympiasieg noch nicht, das wird noch eine Weile dauern. Aber wenn man auf meinen Weg zurückblickt, könnte man sagen: Hat alles gut geklappt, wenn es denn von Anfang an so geplant gewesen wäre.

Wie ist aus dem Dreispringer der Speerwerfer Thomas Röhler geworden?

Es war eine gemischte Entscheidung. Zunächst gab es die strukturelle Komponente: Die Stelle meiner Sprungtrainerin wurde einfach nicht verlängert. Ich habe aber auch angefangen, mich selbst zu hinterfragen: Was macht dir eigentlich am meisten Spaß in der Leichtathletik? Ich hatte schon immer große Freude daran, alles Mögliche zu werfen, Bälle undsoweiter. So bin ich dann in eine Wurftrainingsgruppe zu kommen.

Und dann ging alles ganz schnell?

Relativ schnell. Erst kamen technische Verbesserungen, dann habe ich an Kraft zugelegt. Es sind aber vor allen Dingen die kleinen Stellschrauben in der Wurftechnik, die den Speer wesentlich weiter fliegen lassen. Am Anfang sind dadurch recht große Leistungssprünge möglich, später wird es dann schwieriger.

In Rio haben Sie sich auch akribisch auf das olympische Finale vorbereitet: Sie haben Fotos vom Stadioninnenraum gemacht und sich dann einen bestimmten Punkt ausgesucht, den Sie im Wettkampf anvisieren wollten, um den Speer auf die optimale Flugbahn zu schicken. Werden Sie das in Berlin auch so machen?

Ich war ja schon mal im Stadion – ich weiß also, wie es aussieht und worauf ich mich ungefähr einlasse. Beim Einwerfen werde ich mir mit Sicherheit wieder meinen Anvisierungspunkt suchen. Das geht relativ schnell. Es ist ja nicht nur in Berlin so, dass ich mal in einem neuen Stadion bin, das kommt ja auch bei anderen Meetings vor.

In den vergangenen Tagen mussten Sie sich auf viele neue Stadien einstellen, seit dem Olympiasieg sind Sie ständig unterwegs.

Es waren hektische Wochen, das stimmt. Nach der Rückkehr aus Brasilien war ich zu Hause in Jena, von dort ging es zum Diamond-League-Meeting nach Paris, dann kurz wieder nach Jena, dann nach Zürich, wo ich am Donnerstag leider den Gesamtsieg in der Diamond League ganz knapp verpasst habe.

Von Zürich sind Sie dann also direkt hierher nach Berlin gereist …

… nein, am Freitag bin ich noch beim Thumer Werfertag angetreten, einem kleinen Meeting im Erzgebirge, das ich sehr gerne mag.

Das Istaf ist somit Ihr dritter Wettkampf an drei aufeinander folgenden Tagen – tut Ihr Arm nicht langsam weh?

Ach, das habe ich auch früher schon mal gemacht, das geht schon. Natürlich ist auch mein Akku irgendwann leer. Für mich geht es jetzt aber darum, diese tolle Saison erfolgreich zu Ende zu bringen. Und wenn Publikum da ist, ist das natürlich immer noch eine große Motivation.

Sie haben in Rio direkt nach dem Wettkampf gesagt, Sie seien sehr gespannt darauf, wie sich Ihr Leben durch den Olympiasieg verändern würde. Welche Veränderungen haben Sie bislang feststellen können?

In erster Linie habe ich viel mehr Termine als vorher. Bei meinem Empfang im Rathaus von Jena wurden auch wahnsinnig viele Fotos gemacht, vor allem von der Medaille.

Haben Sie die Goldmedaille zurzeit mit auf Reisen?

Haben Sie die Goldmedaille zurzeit mit auf Reisen?

Nein, das wäre mir viel zu heikel. Die liegt sicher zu Hause.

Wie oft klingelt Ihr Telefon pro Tag?

Es haben sich in den vergangenen Tagen und Wochen schon sehr viele Leute bei mir gemeldet, aber das nehme ich natürlich gerne in Kauf.

Hat auch Klaus Wolfermann angerufen? Er war vor Ihnen der letzte deutsche Speerwerfer, der olympisches Gold gewinnen konnte – vor 44 Jahren, 1972 in München.

Ich habe ihn sogar persönlich getroffen! Er hat es sich nicht nehmen lassen, nach Jena zu meinem Empfang zu kommen und mir zu gratulieren. Leider war dabei natürlich nur wenig Zeit, um sich wirklich zu unterhalten. Aber wir haben eine gemeinsame Veranstaltung an einem Gymnasium in Jena verabredet, eine kleine Gesprächsrunde mit dem aktuellen Olympiasieger und dem früheren.

Sie sprechen gerne und mit großer Leidenschaft über die „Magie“ des Speerwurfs. Wir groß ist Ihre Hoffnung, dass sich durch Ihre Erfolge der Zauber Ihrer Disziplin in Deutschland wieder mehr verbreitet?

Das passiert aktuell schon ein wenig. Die Story, dass ich im Winter auch gerne mal ein Streichholz werfe ...

... in einem Interview vor Ihrem Olympiasieg hatten Sie berichtet, damit 32 Meter weit zu kommen ...

... hat inzwischen sogar die Schweiz erreicht und war rund um die Diamond League in Zürich ein Thema. Ich habe auch gehört, dass Radiostationen in Deutschland diesen Streichholz-Kommentar aus Rio sehr gut verbreitet haben. Und beim Istaf ist der Speerwurf der Männer ja auch erstmals seit langer Zeit wieder im Programm. Ich schätze, das war zuletzt zu Golden-League-Zeiten der Fall. Die Öffentlichkeit reagiert insgesamt sehr positiv auf die gute Entwicklung des Speerwurfs in Deutschland.

Worin liegt Ihrer Meinung nach die Faszination an ihrer Disziplin?

Der Speerwurf ist etwas, das jeder verstehen kann. Man muss die Kraft im Anlauf mal aus der Nähe gesehen haben, um zu verstehen, wie das einzuschätzen ist. Das ist etwas ganz anderes, als wenn der Zuschauer im Fernsehen eine goldene Linie auf den Rasen projiziert bekommt, die ich mit dem Speer für den Olympiasieg übertreffen muss.

Brasilien scheinen Sie bereits für den Speerwurf gewonnen zu haben. Am Ende des olympischen Finals ging das Publikum in Rio bei jedem Wurf mit.

In der Qualifikation wurde noch für 70 Meter applaudiert, im Finale dann für 85 Meter. Ein Raunen ging durchs Station, auch beim Einwerfen schon. Am Anfang schienen die brasilianischen Zuschauer vom Speerwerfen nichts zu verstehen, der Lernprozess beim Publikum lief dann aber sehr schnell. Es ist einfach ein Fakt: Ob der Mensch nun selber fliegt oder etwas zum Fliegen bringt – vom Fliegen ist er immer begeistert.

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