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Derbysieg. 1998 schaltete TeBe den jungen Pal Dardai und seine Hertha im Olympiastadion aus. Francisco Copado (l.) erzielte beim 4:2 im DFB-Pokal-Achtelfinale ein Tor.
© Imago/Camera 4

Traditionsklub in der Oberliga: Tennis Borussia: Hin- und hergerissen

TeBe hat mal wieder finanzielle Probleme – und einen Sponsor als neuen Vorsitzenden. Das ist nicht unproblematisch und weckt bei einigen Fans böse Erinnerungen.

Wenn es um die finanzielle Situation ihres Vereins geht, werden die Fans von Tennis Borussia schnell hellhörig. Dubiose Geldgeber, Schulden, zwei Insolvenzen – das haben sie beim heutigen Oberligisten alles schon erlebt. Als der neue Vorsitzende Jens Redlich bei einer Versammlung vor zwei Wochen von einem „Haushaltsdefizit im sechsstelligen Bereich“ berichtete und die „Fußball-Woche“ daraufhin titelte: „TeBe stand kurz vor der Pleite“, war die Furcht vor dem nächsten finanziellen Kollaps dementsprechend groß.

„Die Situation war in etwa vergleichbar mit der von Alemannia Aachen“, sagt Redlich. Der traditionsreiche Regionalligist vom Tivoli hat Verbindlichkeiten von fast einer Million Euro und musste am vergangenen Dienstag erneut einen Insolvenzantrag stellen. Ganz so ernst ist es bei TeBe zum Glück nicht. „Wir wollen verhindern, dass der Verein in die Insolvenz rutscht oder sich auf Amateurniveau kaputtsparen muss“, sagt Redlich.

Mit „wir“ ist in diesem Fall aber nicht nur der Vorstand gemeint, sondern vor allem der Hauptsponsor, eine Fitnessstudiokette. Deren Geschäftsführender Gesellschafter ist Redlich, 36 Jahre alt und seit Anfang März Vorstandsvorsitzender bei TeBe. „Ich habe mich nicht um das Amt gerissen“, sagt Redlich. Da der Hauptsponsor und weitere Partner aus Redlichs „Firmennetzwerk“ aber den Großteil des Defizits ausgeglichen hätten, habe er keine andere Möglichkeit gesehen, um die Investitionen zu schützen. „Ohne Kontrolle geht es nicht“, sagt Redlich. „Wir müssen die Strukturen im finanziellen Bereich professionalisieren.“

Eben jene Strukturen seien zusammen mit überforderten Funktionären erst für die schwierige Lage verantwortlich. „Es wurde Misswirtschaft betrieben“, sagt Redlich. Mutwilligkeit unterstellt er Vorstand und Geschäftsführung, die zu großen Teilen weiter im Amt sind, zwar nicht, sie hätten aber den Überblick verloren. „In der Saisonplanung haben sie mit Sponsoring-Einnahmen kalkuliert, die nur mündlich zugesichert waren“, sagt Redlich. Durch den Absprung von Sponsoren sei eine große Lücke entstanden, zudem habe es ein noch nicht ausgeglichenes Defizit aus der Vorsaison gegeben. „Insgesamt waren wir bei über 100.000 Euro“, sagt der Vorsitzende. Davon seien noch etwa 40.000 Euro offen, „die sind aber schon zugesichert“, so Redlich. Der Verein sei solvent und Gerüchte, einige Spieler hätten den Verein in der Winterpause aufgrund ausstehender Zahlungen verlassen, dementiert Redlich.

Mit Sponsoren hatte TeBe in der Vergangenheit mehrmals Pech

Die Fanszene ist hin- und hergerissen. Einerseits sind viele Anhänger froh, dass eine mögliche dritte Insolvenz abgewendet wurde. Andererseits ist die Konstellation mit Redlich als Vorsitzendem und Hauptsponsor in Personalunion durchaus problematisch. TeBe ist von den Sponsoren-Einnahmen abhängig – und dem Vorsitzenden damit nahezu ausgeliefert. Das weckt Erinnerungen an die Vergangenheit. Die Assoziation mit der „Göttinger Gruppe“ sei im ersten Moment natürlich da, heißt es in Fankreisen.

1995 stieg die inzwischen insolvente Kapitalanlagegesellschaft bei TeBe ein und wollte den Klub mit großen Namen wie Trainer Winfried Schäfer, Ansgar Brinkmann, Francisco Copado und Sergej Kiriakow in die Bundesliga führen. Das Vorhaben scheiterte, TeBe wurde die Lizenz entzogen, der Sponsor sprang ab und der Verein stand vor dem Nichts. Auch mit der dubiosen „Treasure AG“ hatte Tennis Borussia später kein Glück. Zwar kehrte der Verein 2009 in die Regionalliga zurück, ein Jahr später kam jedoch die zweite Insolvenz, samt späterem Abstieg in die Berlin-Liga. Dass es nicht noch weiter in die Tiefen des Amateurfußballs ging, lag auch an der Aktion „We save TeBe“, bei der Fans den Verein finanziell und mit viel Einsatz unterstützten.

Was die Einflussnahme von Sponsoren betrifft, ist der Traditionsverein ein gebranntes Kind. Redlich ist sich der Problematik durchaus bewusst. Mit Transparenz will er den Fans die Skepsis nehmen, daher auch die klare Kommunikation des Haushaltsdefizits in einer öffentlichen Sitzung. „Das Ziel ist es, einen breiten Sponsorenpool aufzubauen, um die Abhängigkeit von einem Geldgeber zu vermeiden“, schildert Redlich die Pläne des Vorstands. Einige Gespräche mit potenziellen Sponsoren seien bereits im Gange.

Anhänger fürchten um ihre Fankultur

Die momentan vorhandene Machtkonzentration bei einem Unternehmen und letztlich einer Person, Redlich, verursacht dennoch Unsicherheit bei den Fans. Mehrere Mitglieder weisen zwar darauf hin, dass die Fitnessstudiokette sicherlich nicht mit der „Göttinger Gruppe“ vergleichbar sei. Letztlich habe der Verein in der finanziellen Notlage aber auch kaum eine andere Wahl gehabt, als auf Redlich und sein Unternehmen zu vertrauen. Denn das große Haushaltsdefizit hat selbst Menschen, die im Verein gut vernetzt sind, unvorbereitet getroffen. Im Frühjahr sei es zwar nicht ungewöhnlich, dass mal etwas Geld in den Kassen fehlt, die Höhe im sechsstelligen Bereich sei für viele jedoch ein Schock gewesen.

Neben der finanziellen Abhängigkeit bereitet den Anhängern aber noch ein weiteres Thema Sorgen: Wie geht es weiter mit der alternativen Fankultur? Engagement gegen Rassismus und Homophobie sowie eine politisch deutlich linke Ausrichtung sind im Mommsenstadion tief in der Szene verwurzelt. Diese Haltung werde oft fälschlicherweise mit Linksradikalismus verwechselt, sagt ein Fan. Gewisse Werte seien nicht verhandelbar und die Bewahrung der Fankultur ein ähnlich wichtiges Anliegen wie die finanzielle Gesundung des Vereins.

Ganz ausräumen kann Redlich die Bedenken bisher nicht. „Die Fans sind essentiell und es ist wichtig, dass sie auch weiter ins Stadion kommen“, sagt Redlich. „Bei uns muss sich jeder willkommen fühlen.“ Deshalb wünsche er sich mehr Neutralität, womit sich eine sehr aktive und kreative Fanszene wie bei Tennis Borussia allerdings schwer tun dürfte. Zumal diese eines der wenigen Alleinstellungsmerkmale des Vereins ist. Oder wie es ein Anhänger ausdrückt: „Ohne die Fans ist TeBe auch nur ein Verein wie jeder andere.“

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