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Hängende Köpfe: Hertha BSC braucht ein paar Siege.
© dpa

Hertha BSC gegen den VfB Stuttgart: Tabellenmittelfeld oder Abstiegskampf?

Duell unter Tabellennachbarn: Das Heimspiel gegen Stuttgart könnte für Hertha BSC den Grundton der Saison vorgeben. Beide Mannschaften haben derzeit erst fünf Punkte und dümpeln knapp über den Abstiegsplätzen herum.

Pep Guardiola ist ein kluger Mensch, der sich als Trainer mit großer Liebe dem Detail widmet. Er versucht gewissermaßen den Fußball und seine Gesetzmäßigkeiten zu entziffern. Eine seiner Erkenntnisse lautet: Die Meisterschaft gewinnt man in den letzten acht Spielen der Saison – in den ersten acht verliert man sie. Für Guardiolas Klub, den FC Bayern München, Tabellenführer der Fußball-Bundesliga, ist in Sachen Titelverteidigung nach bisher sechs Spieltagen definitiv noch nichts verloren. Aber was besagt diese Regel für einen Verein wie, sagen wir, Hertha BSC und seine deutlich bescheideneren Ziele?

Die Berliner wollen nicht explizit Meister werden, sie haben auch keinen einstelligen Tabellenplatz ausgegeben (wie ihnen gelegentlich unterstellt wird), ihr etwas schwammig formuliertes Ziel lautet: Etablierung in der Bundesliga. Dazu würde streng genommen sogar Platz 15 reichen. Und auch wenn der Missmut unter den Fans über den trägen Saisonstart nicht zu überhören ist, kann man nach sechs Spieltagen feststellen: Dieses Ziel ist weiterhin zu erreichen. Die Frage ist nur: wie? Zieht man Guardiolas Acht-Spiele-Regel heran, entscheiden die nächsten beiden Spieltage (zu Hause gegen den VfB Stuttgart, dann bei Schalke 04) über den Grundton der gesamten Saison: Wird Hertha eine eher geruhsame Spielzeit im gesicherten Mittelfeld der Tabelle erleben? Oder droht der Mannschaft doch ein existenzieller Kampf bis zum Schluss?

In dieser frühen Phase der Saison ist mit einem Sieg noch ein riesiger Satz in der Tabelle möglich. Die Begegnung mit dem VfB an diesem Freitag (20.30 Uhr) im Olympiastadion ist für Hertha daher schon so etwas wie ein kleines Schlüsselspiel. „Es werden zwei Mannschaften auflaufen, die drei Punkte brauchen“, sagt Trainer Jos Luhukay. Die Berliner und der VfB sind Tabellennachbarn, beide haben aus den ersten sechs Spielen bescheidene fünf Punkte geholt, doch während die Stuttgarter gerade eine kleine Erfolgsserie hingelegt haben (zwei Spiele ohne Niederlage, vier Punkte), ist Herthas Saisonverlauf alles andere als verlässlich.

Dem ersten Saisonsieg gegen Wolfsburg folgte nur vier Tage später eine spielerisch dürftige Vorstellung beim 0:1 in Augsburg; ähnlich unansehnlich war die Mannschaft auch beim glücklichen 2:2 in Freiburg aufgetreten. „Ich hatte nach dem Sieg gegen Wolfsburg gehofft, dass die Mannschaft das Spiel mit mehr Vertrauen angehen wird“, sagt Luhukay, „aber ich hatte das Gefühl, dass wir dafür viel zu wenig Initiative übernommen haben. Das muss sich gegen Stuttgart ändern.“

Spielerisch läuft bei Hertha wenig zusammen. Die gesamte Organisation stimmt noch nicht. Für das schnelle Umschaltspiel benötigt Hertha Ballgewinne; Ballgewinne setzen gewonnene Zweikämpfe voraus; Zweikämpfe kann man nur gewinnen, wenn man Zweikämpfe führt. Genau das aber tut Hertha zu wenig.

Kapitän Fabian Lustenberger wünscht sich endlich mal wieder eine kleine Erfolgsserie, damit die Mannschaft mit mehr Vertrauen ins eigene Leistungsvermögen spielt. Dieses Erlebnis hat Hertha lange nicht gehabt. In den 23 Ligaspielen des Jahres 2014 sind der Mannschaft gerade vier Siege gelungen – einer immerhin gegen den VfB. Überhaupt ist die Bilanz der Stuttgarter in Berlin mit fünf Siegen in 29 Spielen ziemlich dürftig. Dafür haben sie das Momentum auf ihrer Seite. Den Druck, gewinnen zu müssen und die Initiative zu übernehmen, verspürt eher Hertha – anders als beim Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg, der sich einmal im Umschaltspiel überrumpeln ließ. Fabian Lustenberger erwartet von den Stuttgartern jedenfalls nicht, „dass sie auf Teufel komm raus nach vorne stürmen werden“. Für Hertha ist das eher keine gute Nachricht.

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Stefan Hermanns

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