SC Paderborn gegen 1. FC Union: Steffen Baumgart: "Union macht seine Sache sehr gut"
Früher war er Kapitän beim 1. FC Union, jetzt trainiert er den SC Paderborn. Vor dem Duell spricht er über seine Doppelrolle.
Herr Baumgart, gibt es am Sonntag Gewissenskonflikte in Ihrer Familie? Sie haben lange bei Union gespielt, Ihre Frau arbeitet im Klub.
Da wird immer viel hereininterpretiert, ist bei uns aber kein großes Thema. Meine Frau fiebert schon mit Union mit – dieses Spiel lassen wir da mal beiseite. Das eine ist die Arbeit, das andere das Private. Da gibt es keinen Gewissenskonflikt. Wenn ich in Berlin bin, wohne ich zwar in Köpenick, bin aber nicht beim Training und schaue mir wie jeder andere Trainer Videos vom Gegner an. Und meine Frau arbeitet auch nicht im sportlichen Bereich
Dennoch ist es sicherlich ein besonderes Spiel für Sie am Sonntag?
Da mache ich auch keinen Hehl draus. Ich spiele immer noch gerne in der Traditionsmannschaft und bei meiner Vergangenheit sowie der Nähe zum Verein ist das doch ganz normal.
Sie sind jetzt seit anderthalb Jahren Trainer in Paderborn und in dieser Zeit sportlich abgestiegen, dann doch in der Dritten Liga geblieben, aufgestiegen und nun gut in die Saison gestartet. Fühlt sich Ihr Leben manchmal wie im Zeitraffer an?
Dieser Weg, den wir gegangen sind, seit ich hier bin, ist sicher nicht alltäglich. Das ist aber nichts, worüber wir jeden Tag nachdenken. Ich kenne das Geschäft gut genug, auch wenn ich als Trainer noch nicht so lange auf dieser Ebene arbeite. Wir haben ein gutes Team und machen täglich unsere Arbeit. Der SC Paderborn ist nicht in der Lage, immer neue Spieler zu kaufen, wir müssen hier etwas entwickeln. Dabei ist die Art und Weise, wie wir Fußball spielen, für uns entscheidend.
Mit vielen Toren, aber auch vielen Gegentreffern – wie beim 5:3 in Köln.
Natürlich sind wir zufrieden, wenn wir in Köln gewinnen. Wir waren deswegen aber nicht euphorisch. Wir sind mit dem Sieg in Köln genauso umgegangen wie mit einem 1:0 gegen Aue. Anschließend haben wir analysiert, was gut und was schlecht gewesen ist. Grundsätzlich bin ich überzeugt davon, dass die Abwehr funktionieren muss, wenn man etwas erreichen will. Ich war ja nicht nur Stürmer, sondern am Ende meiner Karriere auch Defensivspieler. Es geht immer über eine sichere Abwehr und das sieht man gerade auch bei Union. Die stehen sehr sicher und kassieren wenig Gegentore.
Wie sehen Sie die Entwicklung von Union unter Urs Fischer? Für viele gilt die Mannschaft schon als ernstzunehmender Aufstiegskandidat.
Für mich gibt es in der Liga nur einen echten Aufstiegskandidaten und das ist Köln. Alle anderen 17 Mannschaften spielen um Platz zwei bis 18. Da ist es sehr eng und kann in beide Richtungen gehen. Wir sind jetzt Sechster: Verlieren wir zwei Spiele, sind wir Zwölfter, gewinnen wir zwei Mal sind wir vielleicht Zweiter. Wichtiger als die Ergebnisse sind die Leistungen und die Kontinuität. Das macht Union aktuell sehr gut. Sie gewinnen ihre Spiele oder holen zumindest einen Punkt, sind häufig die bessere Mannschaft. Das bringt die gewünschten Ergebnisse.
Wie zufrieden sind Sie mit den Leistungen Ihrer Mannschaft bisher?
Die Mannschaft geht in jedem Spiel an ihre Grenzen. Was willst du mehr als Trainer? Auch mit unserem Defensivverhalten bin ich trotz der vielen Gegentore nicht unzufrieden. Wir arbeiten gut gegen den Ball, machen aber noch zu viele individuelle Fehler – und die werden in der Zweiten Liga bestraft. Das wollen wir reduzieren, dabei aber unsere offensive Art beibehalten und weiter früh attackieren.
Ihr Vertrag läuft noch bis 2020. Ist Kontinuität das oberste Ziel des Vereins nach den vergangenen Jahren?
In den vergangenen drei Jahre ging es für Paderborn auch durch den Aufstieg in die Bundesliga hoch und runter. An sich ist der SCP aber ein Verein, der sehr solide und sachlich arbeitet. Der Klub war vor dieser Zeit zehn Jahre festes Mitglied der Zweiten Liga und da gehört er auch hin. Der Verein hat sich über einen langen Zeitraum entwickelt und entwickelt sich weiter. Man vergisst in diesem Geschäft sehr schnell, was alles schon entstanden ist: ein neues Stadion, ein neues Trainingszentrum, das Nachwuchsleistungszentrum. Den erfolgreichen Weg der jüngeren Vergangenheit wollen wir weitergehen.
Vor drei Jahren waren Sie noch Trainer bei Köpenick-Oberspree in der Bezirksliga, jetzt arbeiten Sie erfolgreich in der Zweiten Liga. Wie sehen Sie Ihre Entwicklung?
Ich freue mich über unseren Erfolg, denn das ist nicht nur meine Geschichte, sondern die des gesamten Vereins. Ich weiß aber auch, wie schnell es im Fußball gehen kann. Insofern sehe die aktuelle Situation als Momentaufnahmer.
Im Frühsommer, als Union auf Trainersuche war, waren Gerüchten zufolge auch Sie im Gespräch.
Oft wird mehr geschrieben, als wirklich ist. Ich lebe im Hier und Jetzt, freue mich über unseren Erfolg und arbeite gerne mit den Jungs in Paderborn. Hier fühle ich mich sehr wohl und gut aufgehoben.