Neuer Sportdirektor der Füchse Berlin: Stefan Kretzschmar ist die größtmögliche Lösung
Die Füchse Berlin holen Stefan Kretzschmar als Sportdirektor. Die Verpflichtung ist eine mittelschwere Sensation, die dem Verein helfen wird.
Im Vergleich zu Fußball-Transfers gehen Spielerwechsel im Handball bisweilen regelrecht unter. Gemessen daran hat sich Bob Hanning im Frühjahr einiges anhören müssen, nachdem Silvio Heinevetter, der Nationaltorhüter in Diensten der Füchse Berlin, seinen Abschied Richtung Melsungen im Sommer 2020 bekannt gegeben hatte.
Spinnen die jetzt total bei den Füchsen? Jagen sie ernsthaft ihr mit Abstand prominentestes Gesicht vom Hof? Betont Hanning selbst nicht immer, dass Sport nur über Identifikation und eben Gesichter funktioniert? Dass Leute in die Halle kommen, weil sie außergewöhnliche – und vor allem: außergewöhnlich andere – Typen sehen wollen? Und hat Heinevetter, der dienstälteste Profi im Berliner Kader, keinen besseren Abschied verdient?
Ein paar Monate später läuft längst die Saison, die Aufregung hat sich einigermaßen gelegt – und darauf darf sich der Manager der Füchse Berlin einiges einbilden. Am Sonntag nämlich hat Hanning die Verpflichtung des wohl größten Namens im deutschen Handball öffentlich gemacht. Nein, es handelt sich nicht um einen Spieler, jedenfalls nicht um einen aktiven – sondern um Stefan Kretzschmar, 218-facher Nationalspieler, einstiger Handball-Punk und auch abseits des Parketts bekannt als bunter Hund. Kretzschmar übernimmt den Posten von Sportdirektor Volker Zerbe, seinem ehemaligen Kollegen aus dem Nationalteam. Der gelernte Bankkaufmann wird seinerseits in die Geschäftsstelle der Füchse wechseln.
Angesichts von Kretzschmars Vorgeschichte darf man die Verpflichtung getrost als mittelschwere Sensation einordnen. Der ehemalige Weltklasse-Linksaußen hat seine sportlich größten Erfolge um die Jahrtausendwende mit dem SC Magdeburg gefeiert, dem erklärten Lieblingsrivalen der Füchse. Zuletzt saß Kretzschmar im Aufsichtsrat des SC DHfK Leipzig – und zog sich dort nach zehn Jahren mit der Begründung zurück, er wolle es künftig ein bisschen ruhiger angehen lassen. Am ersten Bundesliga-Spieltag war er in seiner Experten-Funktion noch beim Bezahlsender „Sky“ am Mikrofon und kommentierte das Spiel zwischen Leipzig und den Füchsen.
Andererseits hat Kretzschmar eine sehr enge, persönliche Verbindung zu seiner neuen Wahlheimat, seit kurzem lebt er auch wieder am Berliner Stadtrand. Als seine Eltern aus Leipzig nach Berlin zogen, war er ein kleiner Knirps, fortan verbrachte er den Großteil seiner Freizeit im Garten der Großeltern. Kretzschmar ging später in Hohenschönhausen auf die Sportschule und unterschrieb seinen ersten Profi-Vertrag 1991 beim damaligen Bundesligisten Blau-Weiß Spandau. In seinem ersten Buch „Anders als erwartet“ gibt er zudem zahlreiche Anekdoten aus der Nachwendezeit zum Besten. Kretzschmar sollte also wissen, worauf er sich in Berlin einlässt.
Ein Typ wie Kretzschmar tut dem Klub gut
Sein Aufgabengebiet bei den Füchsen wird vielschichtig sein: Kretzschmar soll als Sportdirektor in Zusammenarbeit mit Trainer Velimir Petkovic die Personalplanungen übernehmen, aber auch im Bereich Kommunikation wirken, sprich: nach außen repräsentieren und vielleicht noch den ein oder anderen Sponsor an Land ziehen. Tore wird er für den Verein nicht werfen, aber das verlangt auch niemand.
In einer Stadt voller erfolgreicher Klubs muss schließlich auch Berlins führender Handball-Verein um Aufmerksamkeit und seinen Platz in der Öffentlichkeit kämpfen – zumal die Konkurrenz noch einmal deutlich größer geworden ist, seitdem es mit Hertha BSC und dem 1. FC Union zwei Fußball-Bundesligisten vor Ort gibt. Ein Typ wie Stefan Kretzschmar kann dabei nur hilfreich sein.