Russische Sportler lebenslang gesperrt: Staatsdoping-Affäre: Erster Sotschi-Olympiasieger verliert Gold
Das IOC sperrt den russischen Ski-Langlauf-Olympiasieger Legkow und Teamkollege Below. Was bedeutet das für Russlands Teilnahme an Olympia 2018?
Das Staatsdoping in Russland hat den ersten Sotschi-Olympiasieger die Goldmedaille gekostet. 100 Tage vor den nächsten Winterspielen hat das Internationale Olympische Komitee den russischen Skilanglauf-Sieger Alexander Legkow und seinen Teamkollegen Jewgeni Below lebenslang für seine Wettbewerbe gesperrt. Das teilte das IOC am Mittwoch mit.
Es fällte damit die ersten Entscheidungen nach den „forensischen und analytischen Dopinguntersuchungen“ der Oswald-Kommission. Die Experten unter dem Vorsitz des Schweizers Denis Oswald hatten die 28 offenen Fälle untersucht und Athleten angehört, die im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Doping-Affäre auch während der Winterspiele 2014 in Sotschi gebracht wurden.
„Die Athleten werden spätestens morgen beim Court of Arbitration for Sport Berufung einlegen“, kündigte Legkows und Belows deutscher Anwalt Christof Wieschemann umgehend den Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne an. Der deutsche Jurist nannte das Urteil „skandalös“. „Mit der Entscheidung geht das IOC ohne weitere Ermittlungen und ohne weitere Beweise weit über die Angaben des McLaren-Reports hinaus und stellt sich gegen die bereits vorliegenden Entscheidung des CAS/TAS in gleicher Sache“, erklärte Wieschemann in einer Mitteilung. Sobald alle Dokumente über die IOC-Entscheidung vorlägen, gebe es dafür eine 21-tägige Frist, sagte Russlands Verbandspräsidentin Jelena Wjalbe der Agentur R-Sport. „Wir sind alle schockiert über die Nachricht.“
„Eine Sperre für die regulären Wettbewerbe der FIS ist damit nicht verbunden“, stellte der Anwalt fest - allerdings sind die beiden Langläufer seit dem 22. Dezember 2016 auch vom Skiweltverband vorläufig gesperrt. Die FIS hatte die Suspendierung ausgesprochen, nachdem das IOC nach Erkenntnissen aus dem McLaren-Report ein Disziplinarverfahren gegen die 28 verdächtigen russischen Teilnehmer der Olympischen Winterspiele in Sotschi eingeleitet hatte.
Bis Ende November sollen alle Fälle abgearbeitet sein
Legkow und Below standen schon seit geraumer Zeit mit anderen vier Langläufern im Verdacht, vom russischen Staatsdoping profitiert zu haben. Ihre Urinproben könnten im Kontrolllabor manipuliert worden sein, hatte ein Bericht des Ermittlers Richard McLaren im Auftrag der Welt-Antidoping-Agentur WADA ergeben. Deshalb hatte das IOC im vergangenen Dezember Ermittlungen gegen insgesamt sechs Langläufer begonnen. Neben Legkow und Below sind das auch die von der FIS im vergangenen Dezember ebenfalls suspendierten Maxim Wylegschanin (dreimal Sotschi-Silber), Alexej Petuchow, Julia Iwanowa und Jewgenija Schapowalowa.
Die sogenannte Oswald-Kommission des IOC versucht mit kriminaltechnischen Methoden zu klären, auf welche Art und Weise russische Sportler bei den Winterspielen 2014 in Sotschi betrogen haben könnten. Bis Ende November sollen alle Fälle abgearbeitet sein. In Sotschi hatten die Russen die Nationenwertung gewonnen: 13 goldene, 11 silberne und 9 bronzene Medaillen gab es. Es gibt Forderungen an das IOC, das russische Team komplett von den Spielen vom 9. bis 25. Februar in Südkorea auszuschließen.
Der 34 Jahre alte Legkow hatte neben Gold über die 50 Kilometer auch Silber mit der Langlaufstaffel gewonnen. Legkow sagte nach der Anhörung am Montag vor der IOC-Disziplinar-Kommission der Agentur R-Sport: „Wenn es nötig sein wird, werde ich ganzes Leben lang beweisen, dass ich unschuldig bin.“ Below hatte in Sotschi keine Medaille gewonnen.
Das IOC muss sich mit russischem Doping in großem Stil beschäftigen, seit der kanadische Rechtsprofessor Richard McLaren 2016 zwei Berichte im Auftrag der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) vorgelegt hatte. Das IOC hatte als Reaktion auf den zweiten Report, der von systematischem und staatlich gebilligtem Doping berichtete, beschlossen, die Urinproben aller russischer Athleten in Sotschi erneut zu analysieren. (dpa)