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Auf Krücken kam Boris Becker am Mittwoch zum Frankfurter Römer.
© Boris Roessler/dpa
Update

Tennis: Spiel, Satz und Sieg für Boris Becker

Boris Becker ist zurück im deutschen Tennis und wird „Head of Men’s Tennis“ beim Deutschen Tennis-Bund. Der spricht von einem „Meilenstein“.

An Krücken betrat der alte und neue Hoffnungsträger des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) am Mittwoch den Plenarsaal des Frankfurter Römers. Aufgrund einer Operation am Sprunggelenk läuft Boris Becker derzeit nicht ganz rund, dennoch war der Auftritt für den 49-Jährigen bei der Pressekonferenz zur Mittagsstunde ein regelrechter Triumphzug. Also setzte Becker seinen berühmten Tunnelblick auf und wirkte fokussiert wie früher auf dem Tennisplatz, wenn er einen wichtigen Punkt in einem großen Match unbedingt gewinnen wollte. Gewonnen hat er auch diesmal – zunächst einmal an Einfluss im DTB. Becker wird, wie bereits vorab durchgesickert war, die neu geschaffene Position des „Head of Men’s Tennis“ in Deutschland übernehmen.

„Tennis ist eine Herzensangelegenheit für mich. Das ist das, was ich am besten kann“, sagte er, nachdem er flankiert von den Größen des Verbandes auf dem Podium Platz genommen hatte. „Ich liebe diesen Sport, ich liebe dieses Land“, fügte Becker hinzu.

„Becker wird ehrenamtlich arbeiten“

Dass er Tennis liebt, daran zweifelt niemand in Deutschland. Und dass er davon immer noch eine ganze Menge versteht, hat er als Coach von Novak Djokovic zuletzt bewiesen. Nun will Becker dem deutschen Tennis seine Expertise zur Verfügung stellen – unentgeltlich. „Becker wird ehrenamtlich arbeiten“, erklärte DTB-Präsident Ulrich Klaus. Nur die Reisekosten werden vom Verband getragen – sonst war das Thema Becker und Finanzen am Mittwoch tabu.

Reisen wird Becker viel. Von seinem Wohnort London aus an die Basis in Deutschland zum Beispiel, dazu zu Turnieren auf der ganzen Welt und nicht zuletzt zum Davis-Cup. „Tennis ist ein internationaler Sport, da ist der Wohnsitz sekundär“, sagte Becker. Endlich könne er „in offizieller Funktion“ mit Spielern sprechen, ohne dass gleich darüber spekuliert werde, ob er einen neuen Trainerjob übernehmen wolle. Beim DTB wird er für den gesamten Männerbereich zuständig sein, formal ist ihm damit auch Davis-Cup- Teamchef Michael Kohlmann unterstellt.

Der DTB und Becker hatten sich in Unfrieden getrennt

Seit den Australian Open 2016 hatte es Gespräche zwischen Becker und dem Verband gegeben. Damals war er noch Coach von Djokovic. „Jetzt ist es wieder eine runde Sache, und das Timing passt sehr gut“, sagte Becker, der weiterhin als Tennis-Experte für Eurosport und die BBC von den Grand Slams berichten wird.

1999 waren Becker und der deutsche Verband nicht unbedingt im Frieden auseinander gegangen. Seinerzeit hatte er sich als Chef des Davis-Cup-Teams nicht nur Freunde im Verband gemacht. Nun soll er das deutsche Männertennis wieder nach vorne bringen. Die Vorzeichen sind nicht die schlechtesten, mit Alexander Zverev hat Deutschland wieder einen jungen und hoffnungsvollen Profi, der aktuell Platz sechs in der Weltrangliste belegt und alle Voraussetzungen mitbringt, um irgendwann einmal ganz oben mitzuspielen. „Wir haben einen künftigen Superstar. Wir sind gut aufgestellt“, glaubt Becker.

Insgesamt sieht der DTB eine Aufbruchstimmung im deutschen Tennis. „Wir erleben eine so erfolgreiche Zeit wie lange nicht“, sagte Präsident Klaus und meinte damit auch und vor allem die Frauen. Einen nicht unwesentlichen Anteil daran hatte Barbara Rittner, die künftig die gleiche Funktion wie Becker ausüben wird – als „Head of Women’s Tennis“. Dafür gibt sie ihren Job als Fed-Cup-Chefin nach 13 Jahren auf, ihr Nachfolger wird Jens Gerlach.

Erstes Ziel ist der Klassenerhalt

Sollte Boris Becker in seiner Amtszeit ähnlich viele Erfolge feiern können wie Rittner mit ihren Spielerinnen, dürfte sich sein Engagement schon gelohnt haben. Zunächst einmal ist die Zusammenarbeit bis zu den Olympischen Spielen 2020 in Tokio geplant. Erstes Ziel von Becker ist der Klassenerhalt im Davis-Cup. Im September spielt das Team in Portugal in der Abstiegsrelegation. Ob mit Alexander Zverev ist derzeit noch offen. Die Chancen auf einen Einsatz des besten deutschen Spielers dürften allerdings deutlich größer sein als noch vor einem Jahr beim Davis-Cup in Berlin. Becker betonte am Mittwoch noch einmal sein gutes Verhältnis zur Familie Zverev und dürfte weit mehr Überzeugungspotenzial mitbringen als seine Verbandskollegen vor Jahresfrist.
Beim DTB ist die Hoffnung groß, mit dem Helden von einst an glorreiche Zeiten anknüpfen zu können. Präsident Klaus sprach angesichts der Becker-Verpflichtung sogar von einem „Meilenstein“. Er wird sich wie das gesamte deutsche Tennis an seinen eigenen Worten messen lassen müssen.

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