Skispringen: Severin Freund verpasst WM-Titel um 0,4 Punkte
Ganz knapp verpasst Severin Freund beim WM-Springen auf der Normalschanze den Titel. Hinter dem Norweger Rune Velta wird der deutsche im schwedischen Falun Zweiter.
Severin Freund wusste nicht so recht, ob er sich nun freuen oder doch ein bisschen traurig sein sollte. Als die Dunkelheit im schwedischen Falun herabgebrochen war und im gleißenden Flutlicht die WM-Medaillen für die Skispringer vergeben wurden, sangen die 500 ausharrenden Zuschauer begeistert die norwegische Nationalhymne für den Überraschungs-Sieger Rune Velta mit. Direkt neben ihm stand nun der Zweitplatzierte Severin Freund.
Der 26-Jährige hatte am Samstagabend die Goldmedaille nur um winzige 0,4 Punkte verpasst. Umgerechnet winzige 20 Zentimeter. Es wäre somit der erste deutsche WM-Einzeltitel seit dem Triumph von Martin Schmitt vor 14 Jahren in Lahti gewesen. So war es immerhin die ersehnte erste Einzel-Medaille bei einer Nordischen Ski-WM in der Karriere des Team-Olympiasiegers Severin Freund.
„Man ärgert sich schon einen Moment. Natürlich wäre eine Goldene schön gewesen“, gab er zu: „Aber wenn du erst Skiflug-Weltmeister wirst und dann ein Jahr später Silber auf der Normalschanze holst, sagt das auch einiges über deine Qualität aus.“
Bundestrainer Werner Schuster stellte treffend fest, dass dieser Ausgang perfekt zur Karriere des Severin Freund passe. Einem Mann, der nicht mit einem außergewöhnlichen Talent gesegnet ist und sich alles hart erarbeiten musste. „Er ist der Mann der kleinen Schritte. Bei der letzten WM ist er Vierter von der Normalschanze geworden und hat seine Schlüsse daraus gezogen. Zwei Jahre später hat er Silber gewonnen und ist sicher der universellste Springer im Zirkus. Und vielleicht kommt er auch irgendwann bei einer nordischen WM ganz oben an“, sagte Schuster.
Dass es in Falun noch nicht für den Sprung auf den ersten Rang reichte, lag an einem winzigen Detail. Im ersten Durchgang flog Freund genau wie Rune Velta auf die Bestweite von 95,5 Metern, leistete sich aber bei der Landung im weichen Schnee einen am Ende folgenschweren Wackler.
Mit 2,5 Zählern Rückstand auf den Spitzenreiter ging Freund in den zweiten Durchgang und flog dort auf die Bestweite von 96 Metern – und war am Ende doch um eine Winzigkeit geschlagen. „Mein zweiter Sprung war eine echte Granate. Aber Rune hat im Gegensatz zu mir zwei blitzsaubere Sprünge mit einem Top-Telemark gelandet. Das war sein Tag, das muss man einfach akzeptieren“, sagte Freund. Der Medaillengewinner wurde nach seiner Landung unten von seinen Teamkollegen empfangen, die ein überragendes deutsches Teamresultat perfekt machten. „Da kann man nur den Hut ziehen. Severin ist einfach gewaltig“, meinte der siebtplatzierte Richard Freitag und fügte hinzu: „Eigentlich hätte man die beiden zusammen oben aufs Treppchen stellen können.“
Doch Severin Freund ist ja daran gewöhnt, dass er sich in seinem sportlichen Leben alles hart erarbeiten muss. Und den einen, kleinen Schritt zum ersehnten WM-Gold kann er schon am heutigen Sonntag gehen. Dann steht in Falun der Mixed-Wettbewerb an. Gemeinsam mit der frischgekrönten Weltmeisterin Carina Vogt, Katharina Althaus und Freitag wird Freund einen neuen Anlauf starten.
„Ich habe mir immer gewünscht, dass wir mal mit so einem Erfolg eine WM beginnen. Immerhin war das unsere erste WM-Einzelmedaille seit sechs Jahren“, meinte Schuster. Die Freude auf die restlichen drei WM-Springen sei auch deshalb so groß, „weil wir hier die beste Atmosphäre bei einer WM haben, die ich bisher erlebt habe“. Es könnte also gut sein, dass es für Freund mit Gold noch klappt.
Lars Becker