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Kristall-Liebhaber. Severin Freund feiert seinen Sieg im Gesamtweltcup mit der großen Kugeltrophäe.
© AFP

Skispringer gewinnt Gesamtweltcup: Severin Freund: Der Triumph des Besserwissers

Severin Freund gewinnt nach einem dramatischen Finale den Gesamtweltcup der Skispringer. Eine neue Euphorie um die Sportart wird jetzt deswegen aber trotzdem nicht losbrechen. Dem zurückhaltenden Freund fehlt dazu noch die Aura eines Sven Hannawald

Immer wieder fasste sich Severin Freund an den Kopf. Er irrte durch die Athletenzone im Auslauf des Skisprung-Stadions von Planica. Er konnte es einfach nicht fassen. Gerade hatte der 26-Jährige auf den Ergebnisbildschirmen erfahren, dass sich einer seiner größten sportlichen Träume erfüllt hat: Severin Freund hat den Gesamtweltcup der Skispringer gewonnen. Als überhaupt erst dritter Deutscher nach Martin Schmitt und Jens Weißflog. Und er tat dies auf die dramatischste Art.

Eigentlich waren seine Chancen auf diesen bedeutenden Erfolg während des Wettkampfes deutlich gesunken. Im Duell um den Gesamttitel mit dem Slowenen Peter Prevc geriet er in die Defensive. Freund kam mit der Skiflug-Schanze in Slowenien nicht zurecht. Er flog lediglich auf 222,5 und 226 Meter und wurde am Ende nur Siebter. Prevc lag nach dem ersten Durchgang in Führung, und mit einem Sieg hätte er sich vor heimischem Publikum auch die große Kristallkugel geholt.

Doch Prevc schaffte es nicht, den ersten Platz zu verteidigen. Sein Landsmann Jurij Tepes flog im zweiten Durchgang auf 244 Meter und verdrängte ihn auf Rang zwei. So hatten Freund und Prevc in der Gesamtwertung die gleiche Punktzahl: 1729 nach 37 Wettkämpfen. Weil Freund davon neun gewonnen hatte und Prevc nur drei, triumphierte der Bayer.

Freund hat nun alles gewonnen – außer der Vierschanzentournee

Er zeigte sich so überwältigt, dass er selbst später bei der Siegerehrung völlig aufgelöst war. Als die deutsche Nationalhymne erklang, schloss Freund immer wieder die Augen, grinste dabei und irgendwann fiel ihm ein, dass er eigentlich auch mal mitsingen könnte. Er brachte dann aber nur kurze Wortfetzen heraus.

So viele Emotionen zeigt Freund selten, als er später nach seinen Gefühlen gefragt wurde, sagte er trocken: „Gesamt-Weltcupsieger hört sich ziemlich cool an. Jetzt habe ich ihn. Es ist das, was ich immer gewinnen wollte.“ Solch eher nüchterne Äußerungen und sein zurückhaltendes Naturell tragen auch dazu bei, dass nun keine neue Skisprung-Euphorie losbrechen wird. Freund fehlt noch die Aura eines Sven Hannawald, um zahlreiche neue Fans für diese Sportart zu begeistern.

Aber ihm ist große Aufmerksamkeit auch nicht wichtig. Er interessiert sich nicht für Ruhm und Glamour – selbst bezeichnet er sich als einen kleinen Besserwisser. Ständig nutzt er die Wikipedia-App auf seinem Smartphone, um alles sofort überprüfen zu können und seine Zuhörer aufzuklären. Für Freund zählt nur, sich weiterzuentwickeln und absolut perfektionistisch zu sein um seine sportlichen Ziele zu erreichen. Der Gesamtweltcup stand dabei ganz oben auf seiner Liste. Bereits zu Saisonbeginn sagte er im Interview mit dem Tagesspiegel: „Der ist definitiv im Hinterkopf, denn das ist für mich das Größte, was man gewinnen kann.“

Nun hat er es schon in dieser Saison geschafft. Umso euphorischer war Bundestrainer Werner Schuster: „Das ist die Krönung eines längeren Weges.“ Ein Supertalent war Freund nie, aber Stück für Stück arbeitete er sich nach vorne. Und in diesem Winter trumpfte er erneut groß auf. Bei der Nordischen Ski-WM holte er Gold im Einzelspringen und im Mixed. Freund hat also nun fast alles gewonnen. Alles, außer der Vierschanzentournee.

Beim prestigeträchtigsten Wettkampf des Skispringens kam er mit den hohen Erwartungen noch nicht zurecht. Doch ein Sieg dort steht nun sicher als nächstes auf seiner Liste. Er wird es so angehen, wie alles in seiner Karriere: Stück für Stück. Das funktioniert ja bestens.

Johannes Nedo

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