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Duell mit dem Lehrmeister. Carlo Ancelotti war einst Trainer von Zinédine Zidane in Turin. Bei Real arbeiteten sie von 2013 bis 2015 zusammen.
© Juanjo Martin/dpa

Champions League: Schüler Zidane fordert Lehrmeister Ancelotti heraus

Als Trainer hat Zinédine Zidane viel von Carlo Ancelotti gelernt – am Mittwoch treffen die beiden im Viertelfinale mit dem FC Bayern und Real Madrid aufeinander.

Als Zinédine Zidane noch Co- Trainer von Carlo Ancelotti war, hatten Real Madrids Spieler einen Spitznamen für ihn. „El observador“ nannten sie Zidane, den Beobachter. Weil der Franzose zwei Jahre lang, von 2013 bis 2015, nichts anderes machte, als zuzuschauen. In die Trainingsarbeit griff er kaum ein. Zidane schaute und lernte. Weil schon zu dieser Zeit relativ sicher war, dass er irgendwann die Mannschaft übernehmen würde.

Zidane ist tatsächlich Trainer von Real Madrid geworden. Ziemlich schnell sogar, Anfang 2016 übernahm er von Rafael Benitez – und führte den Klub gleich zu „la Undecima“, dem elften Titel in Landesmeisterpokal und Champions League. Nun will der 44-Jährige schaffen, was noch keinem Trainer in der Champions League gelungen ist: den Titel zu verteidigen. Die erste echte Hürde bei diesem Unterfangen stellt heute (20.45 Uhr/ZDF) der FC Bayern dar, der jedoch möglicherweise auf Robert Lewandowski verzichten muss. Der Pole, der an der Schulter verletzt ist, brach das Abschlusstraining ab.

Was den Trainer Zidane ausmacht, hat er vor allem von Ancelotti gelernt, der inzwischen bei den Bayern auf der Bank sitzt. In erster Linie sind das: Konterfußball gepaart mit Geschwindigkeit und die Art, eine Mannschaft zu führen. Wer Cristiano Ronaldo und Gareth Bale auf seiner Seite hat, muss auf Tempo und schnelles Umschaltspiel setzen. Diese Ausrichtung übernahm Zidane von Ancelotti, aber mit Spielern wie Casemiro oder Toni Kroos, die Ballbesitzfußball bevorzugen, ist das heute schwerer umzusetzen als zu Ancelottis Zeiten, der den schnellen Angel di Maria zur Verfügung hatte.

Als Zidane für Juventus Turin spielte, imponierte ihm die gelassene Art des damals noch jungen Trainers Ancelotti. Als der dann 2013 nach Madrid kam, war er mindestens noch eine Stufe gelassener. Zidane sah zu, wie die nach der Ära José Mourinhos verunsicherte Mannschaft unter Ancelotti wieder auflebte und gleich die Champions League gewann.

Wer sich heute in Madrid umhört, bekommt immer die Antwort, dass Zidane als Trainer die gleichen Stärken hat wie sein einstiger Lehrer. Ein hervorragender Psychologe sei er, einer, der den Spielern viel Selbstvertrauen gibt und Ruhe ausstrahlt. „Wir sind froh, dass wir ihn haben. Er weiß die Kabine zu führen“, sagt Kapitän Sergio Ramos. Noch immer umgibt Zidane, den besten Fußballer seiner Epoche. Mesut Özil, bis 2013 bei Real, hat dem Magazin „11 Freunde“ eine Geschichte erzählt, die viel über Zidane und sein Wirken auf andere sagt. Im Training schlug Ramos einmal einen Ball über 80 Meter. Zidane nahm ihn lässig an, als hätte er Klebstoff am Fuß. Sami Khedira stürmte auf ihn zu und setzte zur Grätsche an, aber Zidane ließ ihn mit einer Körpertäuschung ins Leere rutschen. Allen stand der Mund offen vor Staunen, während Khedira vor Wut schnaubte.

Zidanes Kritiker bemängeln genau das: Seine größte Leistung als Trainer sei, Zinédine Zidane zu sein. Sein Training gilt als altbacken, im Spiel falle es ihm schwer, Lösungen zu finden. Das tritt vor allem gegen Gegner zutage, die sich weit zurückziehen. Zu sehen war das am Wochenende beim 1:1 gegen Atletico, dem Auftakt aufregender Wochen mit Spielen gegen Bayern und Barcelona. Zidane kann im April viel gewinnen – und alles verlieren. Auch deshalb verwunderte er kürzlich mit der Aussage: „Ich weiß nicht, ob ich weitermache. Ich weiß, was es heißt, Real zu trainieren. Im Guten wie im Schlechten.“ Mit Präsident Florentino Perez verbindet ihn keine herzliche Beziehung. Wie schnell er seine Trainer feuert, zeigte er 2015 bei der Entlassung Ancelottis. Auch das war Zidane eine Lehre.

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