Rücktritte im Berliner Fußball-Verband: Schluss mit Kontinuität beim BFV
Beim Berliner Fußball-Verband sind innerhalb weniger Tage drei Vizepräsidenten zurückgetreten. Auslöser soll auch der Schiedsrichterstreik im Oktober sein.
Sportverbände sind nicht sonderlich dynamische Organisationen, wenn die Spitzenvertreter nicht gerade – wie beim Deutschen Fußball-Bund – aufgrund diverser Skandale regelmäßig zurücktreten müssen. Das Präsidium des Berliner Fußball-Verbandes war solch ein Beispiel an Kontinuität. Seit 1990 standen an der Spitze des BFV nur zwei Funktionäre: Otto Höhne und seit 2004 Bernd Schultz.
Auch in dessen Präsidium herrschte lange Beständigkeit. Neben Schultz wirkte von Beginn an Gerd Liesegang als Vizepräsident. Seit 2006 war Jürgen Tillack Schatzmeister und wurde später durch eine Satzungsänderung zum Vizepräsidenten Finanzen. Ähnlich lief es bei Jürgen Pufahl, der 2007 als Präsidiumsmitglied Recht und Satzung anfing und seit 2013 als Vizepräsident für diesen Bereich zuständig war.
Die Vergangenheitsform ist in diesen Fällen dringend notwendig, denn seit einigen Tagen ist es mit der Kontinuität im BFV-Präsidium vorbei. Nachdem Liesegang sein Amt am 11. Februar niedergelegt hatte, kündigte der Verband am Dienstag auch den nahenden Rückzug von Tillack sowie Pufahl an. Bei allen ist von „persönlichen Gründen“ die Rede. Somit besteht das geschäftsführende Präsidium aktuell nur noch aus Schultz, Jörg Wirtgen (Vizepräsident für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit) sowie Geschäftsführer Kevin Langner.
Über die Details der Rücktritte möchte niemand offen sprechen. Liesegang äußert sich nicht zu den Hintergründen seiner Entscheidung und auch Kenner des Berliner Amateurfußballs sind sehr zurückhaltend. Wie jedoch aus verschiedenen Quellen zu vernehmen ist, hat vor allem der Schiedsrichterstreik Ende Oktober das Verhältnis zwischen Schiedsrichterausschuss und Präsidium massiv beschädigt und das soll auch einer der Gründe für Liesegangs Rücktritt sein.
Präsident Schultz weiß über die Hintergründe natürlich Bescheid, möchte die einzelnen Fälle aber nicht näher kommentieren. „Die zeitliche Häufung der Rücktritte führt sicherlich zu Verwunderung und das verstehe ich auch. Aber das sind drei völlig unabhängig zu betrachtende Vorgänge und das ist auch kein Misstrauensvotum mir gegenüber“, sagt Schultz. Tillack habe seinen Rücktritt zum 30. Juni bereits im Januar angekündigt und soll seinen Nachfolger noch einarbeiten. Pufahl zieht sich Ende des Monats von seinem Amt zurück.
Der aufgrund seiner Bedeutung für den Amateurfußball sicherlich gravierendste Fall ist aber der von Liesegang. Seit 1970 war der 63-Jährige ehrenamtlich tätig, erst im Verein, dann auch im Verband. Mit vielen Projekten gegen Gewalt, Diskriminierung und im Bereich Soziales war der BFV durch Liesegang Vorreiter. Zwar hatte Liesegang immer mal wieder seine Unzufriedenheit ausgedrückt und die Gewaltvorfälle zum Teil auch als persönliches Scheitern aufgefasst, von seinem Rücktritt wurde Schultz dennoch „völlig überrascht“.
BFV kündigt Reformprozess an
Für die Nachbesetzung der drei Stellen soll es einen außerordentlichen Verbandstag geben, der laut Schultz Mitte Juni stattfinden könnte. „Gerd hatte so viele Aufgaben, da wird es nicht einfach, einen Nachfolger zu finden“, sagt Schultz. „Und wir müssen auch darüber nachdenken: Was muten wir unseren Ehrenamtlern zu?“
Das ist eines der Themen, die in den kommenden Monaten diskutiert werden sollen. Nur kurz nach der Mitteilung der Rücktritte kündigte der BFV am Dienstag den Beginn eines „Reformprozesses“ an, der im Wesentlichen auf die Initiative von Vereinsvertretern beim Arbeits-Verbandstag im vergangenen Jahr zurückgeht. Gerd Thomas, Vorsitzender des FC Internationale, erwartet sich davon allerdings nicht besonders viel. „Jetzt stellt sich der Präsident als großer Reformator hin, aber mir fehlt der Glaube, dass der Verband sich nach vorne entwickelt“, sagt Thomas. Der BFV sei nicht zeitgemäß aufgestellt und das habe vor allem Schultz zu verantworten. Das sieht der Präsident naturgemäß anders. „Dass diese ganze Situation und die Rücktritte nicht spurlos an mir vorbeigehen, ist klar“, sagt Schultz. „Ich sehe es aber als meine Aufgabe an, diesen Reformprozess anzuschieben.“