Neuer Landtag in Brandenburg: Schloss in Potsdam: Ein Großprojekt, das kaum teurer wurde
Es geht also doch: Potsdam bekam sein Stadtschloss wieder - zum Niedrigpreis von rund 150 Millionen Euro. Alle Berliner Großbauvorhaben, ob Humboldtforum oder Staatsoper, sind ein Vielfaches teurer. Nur der BER verhagelt den Brandenburgern die Bilanz.
Kein BER, keine Berliner Staatsoper oder BND-Zentrale, wo die Baukosten um ein Vielfaches explodierten: Der Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses als Sitz des brandenburgischen Landtages bleibt unter öffentlichen Großprojekten in Deutschlands Hauptstadtregion eine positive Ausnahme. Nach neuesten Zahlen des Finanzministeriums hat der Landtagsneubau bisher rund 146 Millionen Euro gekostet, wobei davon 21,9 Millionen Euro Mäzen Hasso Plattner für die historische Fassade und das Kupferdach beisteuert. Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Antwort der Landesregierung auf eine kleine Anfrage des inzwischen verstorbenen CDU-Abgeordneten Ludwig Burkardt hervor.
Zu dem damaligen „Pauschalfestpreis“ von 119,6 Millionen Euro, für den der Baukonzern BAM nach dem Vertrag von 2009 das Landtagsgebäude als Vorhaben in öffentlich-privater Partnerschaft errichtete, kamen demnach inzwischen für das Land 27,3 Millionen Euro hinzu, was bislang nicht bekannt war. Gründe waren unerwartet gestiegene Baukosten (Grundwasser/Archäologie), nachträgliche Technik-Wünsche des Landtages als Hausherr, aber auch für ein straffes Begleitmanagement des Vorhabens (Controlling, Gutachten, Rechnungsprüfung), um gegenüber der BAM im Poker um Nachträge nicht den Kürzeren zu ziehen.
Noch geht es zwischen Land und Baukonzern um 16 Millionen Euro
Allerdings liegt die Schlussrechnung für das Landtagsschloss, in dem die 88 Volksvertreter seit Anfang 2014 arbeiten und tagen, noch nicht vor. Denn das Land und der holländische Baukonzern BAM pokern weiter um Nachforderungen der Baufirma, die nach Tagesspiegel-Informationen einen Umfang von rund 16 Millionen Euro haben. Vergangenes Jahr wurde deshalb ein Schiedsgerichtsverfahren – eine Art außergerichtliche Schlichtung – eingeleitet. Dessen Ende sei nicht absehbar, heißt es nun in der regierungsamtlichen Antwort. „Es ist davon auszugehen, dass ein abschließendes Ergebnis zu den Gesamtbaukosten frühestens Ende 2016 vorliegen kann.“
Wie aus dem Papier weiter hervorgeht, hat die BAM insgesamt 197 Nachträge eingereicht, von denen 120 akzeptiert, aber 77 abgelehnt worden sind. Um 25 Nachträge davon wird demnach erbittert gefochten, etwa um 1,2 Millionen Euro für Medientechnik, oder um 549 000 Euro für einen eingebauten Mobilfunkverstärker im Gebäudeinneren, der für das Land im Festpreis drin war, aus Sicht der BAM aber nicht. „Das Thema ist hochstrittig“, heißt es in der Liste bei solchen Positionen.
Finanzminister Görke: "Keine Fehlplanungen oder Nachlässigkeiten"
Trotzdem dürften nach Erfahrungen mit Schlichtungsverfahren für das Land am Ende nicht 16 Millionen Euro fällig werden, werden sich beide Seiten irgendwo dazwischen einigen. Potsdams Schloss dürfte mit absehbaren Gesamtbaukosten zwischen 150 und maximal 162 Millionen Euro nach Tagesspiegel-Recherchen auf absehbare Zeit bei den Baukosten das preiswertestes Großgebäude der öffentlichen Hand in Brandenburg und Berlin bleiben. Zum Vergleich: Am Berliner Stadtschloss, das als „Humboldtforum“ wiederaufgebaut wird, ist diese Woche Richtfest. Es ist mit 75 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche zwar mehr als doppelt so groß wie das Potsdamer Stadtschloss (35 000 Quadratmeter), wird aber bereits mit kalkulierten Baukosten von 620 Millionen Euro mindestens dreimal so teuer.
Oder die Berliner Staatsoper, wo beim Baubeginn 2010 mit Baukosten von 240 Millionen Euro gerechnet wurde. Ende 2014 wurden sie auf 390 Millionen Euro, inzwischen auf über 400 Millionen Euro nach oben korrigiert. Und für die Sanierung des Berliner ICC als Kongresszentrum, die der Regierende Michael Müller (SPD) präferiert, wird schon vor einer Entscheidung mit Kosten von rund 400 Millionen Euro gerechnet.
Für Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) ordnet sich der gelungene Landtagsneubau damit in eine Reihe von Landesbauten ein, die „fast alle“ – den BER erwähnt er freilich nicht – „im Zeit- und Kostenplan liegen“, von Polizeiwachen bis zu großen Hochschulgebäuden. Beim neuen Landtag habe es „Bauverzögerungen aufgrund von Fehlplanungen oder Nachlässigkeiten nicht gegeben und die Kosten befinden sich in einem überschaubaren Rahmen“, sagte Görke. Planung und Controlling hätten gestimmt, und die Zusammenarbeit mit dem Bauunternehmen habe „weitgehend“ funktioniert.