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Ähnliche Vergangenheit. Unions Präsident Zingler (l.) und Geschäftsführer Kosche haben im Stasi-Regiment gedient.
© Matthias Koch

Debatte um Klubführung bei Union: Schlingern um die eigene Vergangenheit

Seit bekannt wurde, dass Unions Präsident Dirk Zingler bei einem stasinahen Wachregiment seinen Wehrdienst geleistet hat, versucht der Verein nach Kräften, die Angelegenheit herunterzuspielen. Allein, es gelingt ihm nicht.

Wenn beim 1. FC Union über Oskar Kosche gesprochen wird, heißt es: „Der pflegt eine nordkoreanische Informationspolitik.“ Der frühere Manager Christian Beeck hat das mal im Scherz gesagt und frei übersetzt meint das wohl: Kosche, der Geschäftsführer des Berliner Zweitligisten, gibt so wenig preis wie die kommunistische Volksrepublik.

Christian Beeck ist seit zwei Monaten nicht mehr beim 1. FC Union angestellt, über die Rechtmäßigkeit seiner Kündigung entscheidet am Montag das Arbeitsgericht Berlin. Und doch ist Beecks Bild von Union aktueller denn je. Seit am Dienstag bekannt wurde, dass Unions Präsident Dirk Zingler beim Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ seinen Wehrdienst geleistet hat, versucht der Verein nach Kräften, die Angelegenheit herunterzuspielen und nur gefilterte Informationen an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Allein, es gelingt ihm nicht. Nach Zingler wurde nun auch die Vergangenheit von Kosche zum Thema. Der hat genau wie sein Präsident beim selben Regiment gedient, nur vier Jahre später. Weil Kosche als aktiver Fußballer aber für den BFC Dynamo gespielt hat und der als Lieblingsklub des Stasichefs Erich Mielke vom Ministerium getragen wurde, überrascht die Nachricht wenig. Kosches Vergangenheit war im Klub und auch bei Teilen der Anhängerschaft bekannt – das gleiche behauptet Dirk Zingler von seiner Vita.

Doch daran gibt es Zweifel. So ließen ehemalige Beteiligte wie Heinz Werner oder Jürgen Schlebrowski wissen, nichts von Zinglers Vergangenheit gewusst zu haben. Solche Statements machen es dem Verein schwer, die Angelegenheit auszusitzen. Diese Strategie scheint man in Köpenick nämlich zu verfolgen: Dirk Zingler wird seinen Urlaub nicht vorzeitig beenden und am Sonnabend beim Spiel gegen Greuther Fürth nicht im Stadion sein. Auch Unions Aufsichtsratschef Antonio Hurtado machte keinen souveränen Eindruck, als er gegenüber der „Berliner Zeitung“ zunächst behauptete, nichts von Zinglers Zeit beim Wachregiment gewusst zu haben, später aber per Presseerklärung das Gegenteil mitteilen ließ. Glaubwürdigkeit sieht anders aus.

Hurtados Schlingerkurs passt in das Bild, welches der Verein zurzeit abgibt. In Köpenick versucht man, zu retten was zu retten ist, und so sagt Pressesprecher Christian Arbeit: „Wir beschäftigen uns gerade mit der Rekonstruktion zurückliegender Ereignisse. Viele Personen haben sich zu Wort gemeldet, die damals nicht bei Präsidiumssitzungen dabei waren.“ Dazu gehören laut Arbeit vor allem Heinz Werner und Ex-Präsident Jürgen Schlebrowski, die aufgrund anderer Tätigkeiten kaum auf dem Gelände An der Alten Försterei zugegen gewesen sein sollen, als Dirk Zingler ins Präsidentenamt kam.

Von den heutigen Aufsichtsratsmitgliedern gehörten damals nur Thomas Koch und Hans-Joachim Lesching dem Gremium an. Lesching, ein erfolgreicher Geschäftsmann, der sich beim 1. FC Union auch als Sponsor betätigt und über viel Einfluss verfügt, dürfte mit Unions Bild kaum zufrieden sein. Lesching wollte sich auf Anfrage des Tagesspiegels zwar nicht äußern, sagte aber, das man nun „ein einheitliches Bild“ abgeben und nur noch „mit einer Stimme“ sprechen wolle.

Die vielen Stimmen, die sich seit Dienstag zu Wort gemeldet haben, entsprechen rein gar nicht der nordkoreanischen Informationspolitik, um die sie sich beim 1. FC Union nicht erst seit Wochenbeginn bemühen.

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