"Dirty Runnings" in Pyeongchang: Schlammschlacht um Frauen-Bob aus Jamaika
Im Frauen-Zweierbob haben zwei deutsche Teams Chancen auf Gold, doch gesprochen wird nur über einen absurden Streit zwischen Team Jamaika und einer Deutschen im Ruhestand.
Genau 30 Jahre ist es her, dass vier Jamaikaner mit ihrem Bob die Olympischen Spiele im kanadischen Calgary aufmischten. „Es war die beknackteste Idee aller Zeiten“, sagte ihr Pilot Devon Harris später. Und tatsächlich scheiterte das Projekt aus sportlicher Sicht krachend: Im zweiten Lauf misslang der Start, sodass ein Anschieber die gesamte Fahrt im Bob stehen musste. Im letzten Lauf stürzte Team Jamaika und überquerte unter großem Jubel des Publikums die Ziellinie zu Fuß. Abgeschlagen, doch ein Mythos war geboren.
Drei Jahrzehnte später nimmt nun erstmals ein Frauen-Bob von der Karibik–Insel bei Olympischen Spielen teil. Den Exoten-Titel müssen sie sich zwar dieses Mal mit einem Bobteam aus Nigeria – die ersten Afrikaner im olympischen Eiskanal – teilen. Doch die mediale Aufmerksamkeit ist Pilotin Jazmine Fenlator mit ihrer Anschieberin Carrie Russell, die mit der 100-Meter-Leichtathletik-Staffel bereits Gold bei Olympischen Sommerspielen holte, gewiss. Grund dafür ist ein schmutziger Streit zwischen dem jamaikanischen Bobverband und der früheren deutschen Olympiasiegerin Sandra Kiriasis.
Kiriasis will eine mittlere fünfstellige Summe
Die 42-Jährige war als Assistenztrainerin der Jamaikanerinnen nach Pyeongchang gereist, doch noch vor den ersten Wettkämpfen war es zum Bruch gekommen. „Mir wurde ohne Angabe von Gründen und ohne, dass etwas vorgefallen ist, mitgeteilt, dass ich ab sofort nur noch als Bahntrainerin fungieren solle, das Olympische Dorf verlassen müsse, meine Akkreditierung als Teil des Teams verlieren werde und keinen Kontakt mehr zu den Athletinnen haben dürfe“, schrieb Kiriasis vergangene Woche auf Facebook. Da sie sich um Material und Sponsoren gesorgt habe, könne sie die Entscheidung nicht akzeptieren, schrieb sie weiter. Anschließend forderte sie dafür eine mittlere fünfstellige Summe vom jamaikanischen Bobverband.
"Sie verbreitet eine Menge Lügen"
„Sie verbreitet eine Menge Lügen“, sagte Leo Campbell in einem Interview mit der „Welt“ über Kiriasis. Die hatte der Zeitung berichtet, sie sei obdachlos durch Pyeongchang geirrt. „Sie war niemals obdachlos. Als sie sich entschloss, hinzuschmeißen, half ihr der Verband, aus dem Olympischen Dorf auszuziehen, indem wir ihr ein Auto und Umzugshelfer für ihre Ausrüstung zur Verfügung stellten. Dann mieteten wir ihr ein Fünf-Sterne-Studio-Apartment mit Zugang zum Spa-Bereich an. Wir bezahlen dafür immer noch jede Nacht 450 Dollar“, sagte Campbell.
Auch der BSC Winterberg als ursprünglicher Besitzer des Jamaika-Bobs meldete sich inzwischen zu Wort. „Frau Kiriasis hat den Bob für Jamaika nicht organisiert oder besorgt“, heißt es in einem Schreiben. Der frühere Verein von Kiriasis bestätigte, dass der jamaikanische Bobverband nun einen „unterschriebenen Kaufvertrag hat“.
Berlinerin führt zur Halbzeit
Abseits der Schlammschlacht hat am Dienstag der sportliche Wettkampf im Alpensia Sliding Center begonnen – und hier sorgten andere Deutsche für Schlagzeilen. Nach zwei von vier Läufen führt die Berlinerin Mariama Jamanka mit ihrer Anschieberin Lisa-Marie Buckwitz. Sieben Hundertstel liegt sie vor den US-Amerikanerinnen Elana Meyers Taylor und Lauren Gibbs und auch Stephanie Schneider und Annika Drazek auf Rang drei haben noch Chancen auf Gold. Anders die Jamaikanerinnen, die zwar schnell starteten, in der Bahn aber verloren. Mit Rang 19 liegen sie nur noch vor Nigeria.
In Lauerstellung liegt dagegen die kanadische Olympiasiegerin Kaillie Humphries auf Rang fünf. Sollte die Weltcupführende, die momentan 0,34 Sekunden zurückliegt, gewinnen, kann sich auch Sandra Kiriasis freuen – sie ist die private Bahntrainerin von Humphries. (mit dpa)
Felix Hackenbruch