zum Hauptinhalt
Mariama Jamanka (r.) kam über die Leichtathletik zum Bobsport.
© dpa

Serie: Berlin trainiert für Olympia (3): Normalo im Eiskanal

Bobpilotin Mariama Jamanka kam eher zufällig zu ihrem Sport – nun fährt sie zu ihren ersten Olympischen Spielen.

Am 9. Februar beginnen in Pyeongchang die Olympischen Winterspiele. Einige Berliner Athleten sind im Kampf um Medaillen in Südkorea am Start. Wir stellen sie in unserer Serie vor.

Eigentlich, sagt Mariama Jamanka, ist das alles gar nicht zu glauben. Sie, „der Normalo“, als Leistungssportler. Sie, die Hammerwerferin, als Bobpilotin. Und jetzt auch noch bei Olympischen Spielen. Dabei hatte sie doch nie etwas mit Winter am Hut. Die Berlinerin mag die Kälte nicht. Und Schnee, geschweige denn Spitzensport? „Ich war als Kind mal Ski fahren, aber das war’s auch“, sagt die 27-Jährige und lacht.

Schon in die Eisbahn war sie quasi hineingeschlittert. Ihr Trainer hatte sie spontan gefragt, es würde körperlich passen, meinte er. 2013 saß sie erstmals im Potsdamer Bob, 2015 folgte das Weltcup-Debüt, inzwischen ist sie in Oberhof. Und bald bei den Olympischen Spielen. „Ich dachte: Okay, das ist mir jetzt passiert. Aber Olympia? Das kapier’ ich erst, wenn ich da mit der Mannschaft einmarschiere“, sagt Jamanka.

Die Kleidung hat sie am Mittwoch bekommen, die sportliche Form passt sowieso. Zuletzt fuhr Jamanka mit Anschieberin Anna Drazek in St. Moritz auf Platz zwei, ihr bestes Saisonresultat. Es scheint alles möglich in Pyeongchang – für eine, die mit Winter nichts am Hut hatte.

Schneefreie Vorgeschichte

Nicht nur die schneefreie Vorgeschichte macht Jamanka zu einer besonderen Bobpilotin. Anders als viele ihrer Kollegen definiert sie sich nicht über den Spitzensport. „Ich bin vor allem Mensch, nicht Leistungssportler. Einfach ,Normalo’“, sagt sie, obwohl der Sport natürlich auch ihr Leben immer bestimmt hat.

Bevor Jamanka zur Leichtathletik und dann in den Eiskanal kam, hatte sie schon allerlei ausprobiert. Aufgewachsen in Reinickendorf, ging es erst zum Ballett, später Reiten, dann Cheerleading. Ein buntes Programm, „querbeet – aber bloß nichts mit Ausdauer“, sagt Jamanka. Stattdessen Bobfahren, das sei „ein bisschen wie Achterbahn, aber doch ganz anders“. Die Geschwindigkeit, der Druck in den Kurven, „das ist einfach immer noch aufregend“.

Ab und an spielen ihr die Nerven einen Streich. Ablenkung ist dann essenziell – gerade im Hotel vor einem Wettkampf. Jamanka liest dann viel und gern, „Thriller, Horror, Fantasy, das volle Programm“. Irgendwas muss immer auf dem Nachttisch liegen. Demnächst vielleicht auch wieder Fachliteratur. Ein Fernstudium ist in Planung. Psychologie soll es vielleicht werden. Mit Soziologie hatte sie es schon einmal probiert, parallel zur Grundausbildung als Sportsoldatin. Es wurde ein unmögliches Unterfangen, „die Wintersemester sind immer flöten gegangen“.

Bass auf die Ohren

Während Jamanka im Hotel Ruhe bevorzugt, muss es direkt vor der Fahrt im Eiskanal laut sein. Da gibt es ordentlich Bass auf die Ohren. Rhythmus ist das Stichwort dieser Tage – und auch der Nächte: Denn auf den Schlaf wird es ankommen. Acht Stunden Differenz sind es zu Pyeongchang. Jamanka will sich nach und nach anpassen, damit sie hellwach ist, wenn es drauf ankommt. Nach dem Weltcup am Königsee an diesem Wochenende soll die Umstellung beginnen.

Sonst passt alles pünktlich zu den Spielen. Die eigene Form, aber auch das Material. Während sich die Männer noch zanken, mit welchem Bob – Wallner oder FES – sie durch die Olympiabahn sausen wollen, hatten die Frauen schon zu Saisonbeginn auf FES gesetzt. Jamanka kennt das Berliner Modell, und das „hat zuletzt noch mal einen Sprung in der Entwicklung gemacht“.

In Pyeongchang ist nun die Medaille das Ziel. Auch wenn es gegen die Konkurrenz aus Kanada und den USA hart wird. Davon abgesehen: „Eishockey will ich mir auf jeden Fall angucken“, sagt die vielseitig interessierte Jamanka. Auch Biathlon, der Freunde aus Oberhof wegen. Bei den Eisbären ist sie sowieso immer wieder mal, wenn sie in Berlin ist. Zuletzt zu Weihnachten und Silvester. Während der Saison bleibe eher selten Zeit, „aber dort will ich die Chance auf jeden Fall nutzen“. Ihre Mutter wird sie nicht begleiten, zu teuer sei der Flug gewesen. Der Glücksbringer aber muss mit, den hat sie immer dabei: Ein Stoffdrache, der von ihrem Rucksack baumelt. Er hat dieselbe Farbe wie Jamankas erster Bob: feuerrot, nicht schneeweiß. In Mariama Jamanka steckt eben mehr als nur eine Wintersportlerin.

Bisher erschienen: Claudia Pechstein, Eisbären Berlin.

Zur Startseite