DEL: Eine Liga, vier Klassen: „Scheiße am Schläger“
In der Deutschen Eishockey-Liga sind die Abstände in der Tabelle ungewöhnlich groß – auch, weil mancher Traditionsklub enttäuscht.
Yannic Seidenberg steht seit Saisonbeginn der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) mit seinem Klub RB München an der Tabellenspitze. Unmittelbar nach dem rumpeligen 7:5-Heimsieg seiner Mannschaft gegen die Iserlohn Roosters wurde er am Sonntag gefragt, ob er denn auch mal so schauen würde, was in unteren Regionen des Tableaus los sei.
Seidenberg sagte, logisch mache er das: „Ist ja ganz schön eng da unten.“ Besonders interessiert wirkte der Verteidiger aus München aber nicht. Für ihn ist die Region der Tabelle, in der um die Play-off-Plätze gerangelt wird, eher irrelevant. Die Abstände nach unten sind enorm. München, Mannheim und Straubing sind vorn und dann kommt der Rest. Gäbe es keine Play-offs, dann wäre 13 Spieltage vor Ende der Hauptrunde klar, dass nur dieses Trio um den Titel spielt.
München hat allein auf seinen nächsten Gegner, die Eisbären, 21 Punkte Polster. Der Tabellenvierte aus Berlin tritt am Freitag in München an und spielt zusammen mit Ingolstadt und Bremerhaven in einer Dreiergruppe hinter den besten drei. Danach kommt ein Feld mit Traditionsklubs wie Düsseldorf oder Köln, die es wieder mal nicht auf die Reihe bekommen, oder – wie Kölns Verteidiger Dominik Tiffels nach dem 3:6 am Sonntag in Nürnberg sagte – „einfach die Scheiße am Schläger“ haben. Und das schon seit 18 Jahren – die Haie wurden letztmals 2002 Deutscher Meister. Mit weit weniger Mitteln ausgestattet sehen Krefeld, Iserlohn und Schwenningen derweil noch weniger Pre-Play-off-Land als die Kölner Haie.
Die besten drei Teams in der DEL spielen relativ konstant, die Klubs mit Kontakt zum Tabellenende inkonstant. Das ist an sich nicht außergewöhnlich, aber die Abstände oben sind es. Allein vom Torverhältnis sind München (47 Tore mehr geschossen als kassiert), Mannheim (plus 44), Straubing (38) schon eine andere Liga, nur die Eisbären kommen da noch auf einen halbwegs ansprechenden positiven Wert (12), der Rest der Liga ist mehr oder weniger in den roten Zahlen.
München hat zuletzt die Spiele scheinbar nach Belieben gedreht, etwa nach einem 0:3 in Bremerhaven noch 6:4 gewonnen. Verteidiger Seidenberg sagte am Sonntag: „Wir wissen, dass wir Spiele drehen können, auch wenn wir mit zwei, drei Toren hinten liegen .“ Bei den Adler Mannheim, sicher der Konkurrent im Kampf um den Titel für München, läuft es nach holprigem Saisonstart durchweg gut. Der Meister hat jetzt sieben Mal in Folge gewonnen und hat ein Torverhältnis von 30:7 – da gibt es keine offenen Fragen. Die Mannschaften mit vielen deutschen Nationalspielern stehen oben in der Tabelle.
Die Abstände im oberen Tabellenfeld sind – gemessen an den besseren Ligen Europas – in der DEL hoch
München hat schon 18 deutsche Profis eingesetzt, Mannheim 16, Straubing (13) und die Eisbären, die mit Marcel Noebels immerhin einen deutschen Topscorer haben, sind da auch gut im Rennen (15). Gemessen an ihrer Qualität im Kader sind die Berliner auch das Team, das vor den Play-offs als Vierter ins Ziel gehen könnte und damit den Luxus hätte, frühestens im Halbfinale gegen eines der drei starken Teams spielen zu müssen – vorausgesetzt, die Eisbären kommen so weit.
Nun kommt es zu diesem Zeitpunkt nicht unerwartet, dass München und Mannheim oben stehen. Sie sind in puncto Infrastruktur und Nachwuchsförderung dort besser aufgestellt als der Rest der Liga. Straubing ist hingegen schon eine starke Überraschung, die wohl vor allem in kluger Verpflichtungspolitik begründet liegt. Ähnliches lässt sich über die Fischtown Pinguins aus Bremerhaven sagen, die sich aber aufgrund des weitgehenden Verzichtes auf deutsche Spieler bei ihrer Personalpolitik in ihrem eigenen Spannungsfeld bewegen und auch gut in jeder anderen Liga Europas spielen könnten.
Die Abstände im oberen Tabellenfeld sind – gemessen an den besseren Ligen Europas – in der DEL schon ungewöhnlich hoch. In Schweden etwa sind es elf Punkte Abstand von Platz eins auf Platz vier, in Finnland zwölf. In der Schweiz geht es noch weit enger zu. Insgesamt ist es nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal für eine Liga, wenn die Klubs an der Spitze der Tabelle aufgrund ihrer Möglichkeiten schon vor der Saison feststehen. Aber es gibt ja im Eishockey die Play-offs und damit zumindest bis zum April die offene Frage, ob es nicht doch eine andere Endspielansetzung wird, als in der vergangenen Saison die zwischen Mannheim und München.