Nach Doping-Entscheidung des IOC: Russland will bei Olympia doch mitspielen
Präsident Wladimir Putin spricht ein Machtwort: Russland wird trotz der IOC-Sanktionen die Winterspiele 2018 nicht boykottieren.
Zum ersten Mal ist ein Land wegen Dopings von Olympischen Spielen ausgeschlossen worden, und der Präsident dieses Landes hat das Urteil angenommen. „Wir werden mit Sicherheit keinerlei Boykott erklären“, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch, einen Tag nach der Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) für die Winterspiele im nächsten Jahr in Pyeongchang.
Eine Trotzreaktion bei einem solch peinlichen Thema hätte auch merkwürdig ausgesehen. Zu offensichtlich war die Schuld Russlands. Putin hatte am Mittwoch ohnehin ein ganz anderes Anliegen: die Ankündigung einer weiteren Kandidatur für das Präsidentenamt in Russland im März 2018. Und den russischen Athletinnen und Athleten schien er auch nicht ganz den Spaß am Sport verderben zu wollen. Unter dem Namen „Olympische Athleten aus Russland“ dürfen sie schließlich bei Erfüllung bestimmte Kriterien dennoch starten, wenn auch ohne Flagge und ohne Hymne.
Wer aber darf starten? Dazu hat das IOC am Dienstag erste Andeutungen gemacht. Es sollen „saubere Athleten“ sein und darunter versteht das IOC jene, die bisher noch nicht mit einem Verstoß gegen die Anti-Doping-Regeln aufgefallen sind, die sich allen Dopingtests unterzogen haben, die vor den Spielen von einer Kommission vorgegeben sind und sonst auch die Voraussetzungen erfüllen, die eine unabhängige Testeinheit noch näher bestimmt. Das IOC präzisierte noch einmal, dass es sich bei manchen dieser Bestimmungen um Empfehlungen handelt, die für andere Länder nicht bindend seien – für Russland jedoch sehr wohl.
"Meine Euphorie hält sich in Grenzen"
Auf jeden Fall wäre es eine ungeheure Blamage, wenn gerade von den zugelassenen russischen Athleten jemand während der Spiele positiv getestet würde. Für Dagmar Freitag, die Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, sind das die Mindestanforderungen für eine Starterlaubnis: „Sie dürfen eben nicht nur nicht ins organisierte russische Dopingsystem eingebunden gewesen sein, sondern müssen auch nachweisen, dass sie getestet wurden. Und zwar nicht von der Rusada, die aus gutem Grund immer noch nicht wieder von der Wada anerkannt ist, sondern von international anerkannten Agenturen.“ Man werde sehen, wer dann letztlich an den Start gehen könne.
,,Meine Euphorie über diesen Beschluss hält sich in Grenzen“, sagte Freitag am Mittwoch. Dazu trage auch das Verhalten der russischen Funktionäre bei: „Bei den Äußerungen aus den vergangenen Tagen erkenne ich weiterhin null Einsicht, dass das russische Vorgehen die Werte des Sport zerstört.“
Noch steht den russischen Athleten der Rechtsweg offen
Auch der Rechtsweg steht den russischen Athletinnen und Athleten noch offen, und einige beschreiten ihn derzeit auch schon: 22 haben beim Internationalen Sportgerichtshof Cas Klage gegen ihre lebenslange Sperre eingereicht, die das IOC im Zusammenhang mit den Manipulationen gegen sie ausgesprochen hatte. Sie wollen bei den Spielen in Pyeongchang dabei sein, bis zum 9. Februar muss der Cas also entschieden haben.
Für die Spiele selbst hat das IOC Russland eine Option offengelassen. Zur Abschlussfeier könnten sie wieder als gemeinsame Mannschaft mit ihrer Landesfahne auftreten. Das könnte man als goldene Brücke ansehen, die das IOC für Russland gebaut hat, oder, wie es das IOC lieber hätte, als Drohung: Protestiert während der Spiele nicht laufend mit russischen Fahnen, die ihr euch auf die Wangen malt und mit Kritik an der IOC-Entscheidung, dann dürft ihr zum Abschluss auch wieder feiern.
Das IOC sieht seine Entscheidung als Realpolitik an, auch im Sinne der Athleten, zumal IOC-Präsident Thomas Bach selbst geprägt wurde vom Boykott der Spiele in Moskau 1980, an denen er noch hätte teilnehmen können. Ein Komplett-Ausschluss Russlands wäre freilich auch denkbar gewesen. Gut möglich, dass das Internationale Paralympische Komitee am 22. Dezember wieder so weit geht.