Lucien Favre und Borussia Mönchengladbach: Rücktritt aus Überzeugung
Ist Lucien Favre ein treuloser Trainer, weil er bei Borussia Mönchengladbach nicht weitermachen will? Unser Kommentator sieht das nicht so. Ein Kommentar.
Ein Bundesliga-Manager sitzt auf einer Bühne und soll der Öffentlichkeit den rätselhaften Abschied eines Fußballtrainers erklären. Der Verein wollte ihn unbedingt halten, weil er eben ein herausragender Trainer ist. Es hätte doch noch so viel kommen können. Waren sie nicht zusammen ein großartiges Team? Aber der Trainer ließ sich eben nicht umstimmen.
Passiert ist das vor etwas mehr als einem Jahr. In Mainz. Da musste Christian Heidel erklären, dass Thomas Tuchel trotz bestehenden Vertrags einfach aufhört. Nicht wechseln will, sondern aufhört. Er könne der Mannschaft keine Impulse mehr geben, glaubte Tuchel. Der Verein bekam damals die Sympathien ab wie eine verlassene Geliebte, Tuchel galt als treu- und tugendlos. Ein gutes Jahr später wird Tuchel nun gefeiert und steht mit Dortmund an der Tabellenspitze.
Wiederholt hat sich das Szenario am Montag. In Mönchengladbach. Allenfalls mit dem Unterschied, dass der Klub gerade am Ende der Tabelle steht. Von Trainer Lucien Favre war der Gladbacher Manager Max Eberl dennoch weiterhin überzeugt. Sie hätten es schon irgendwie zusammen hinbekommen – glaubte Eberl. Es wäre nicht mehr gut gegangen – glaubte Favre. Und wieder steht der Verein als Opfer da und der Trainer als derjenige, der seine Anvertraute im Stich gelassen hat.
Dass Favre mit seinem Abgang den eigenen Ruf beschädigt hat, ist eine ziemlich reflexhafte Sicht der Dinge. Bis vor kurzem war er noch für seine Überzeugungen im Fußball gerühmt worden. Auch jetzt hat er wieder aus Überzeugung gehandelt. Die Mannschaft brauche einen anderen Trainer, um wieder nach oben zu kommen. Und zwar jetzt. Bevor noch weitere Spiele verloren werden. Wieso sollte ihn das zu einem schlechteren Trainer machen?