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Der Schatzmeister des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Reinhard Grindel (CDU),,bei einer Sitzung des Sportausschusses des Bundestages.
© dpa

DFB-Kandidat und Bundestagsabgeordneter: Reinhard Grindel: Ein Interesse zu viel

Die DFB-Spitze berät beim Länderspiel gegen Holland über den WM-Skandal. Mit dabei: Präsidentschafts-Favorit Reinhard Grindel. Dessen Doppelfunktion als Schatzmeister und Bundestagsabgeordneter wirft Fragen auf.

Von Johannes Nedo

Reinhard Grindel erlebt bewegte Tage. Am vergangenen Freitag sprach er mittags als CDU-Abgeordneter im Bundestag und als stellvertretender Vorsitzender des Sportausschusses zur Verabschiedung des Anti-Doping-Gesetzes, danach reiste er nach Paris zum Freundschaftsspiel der Fußball-Nationalmannschaft gegen Frankreich und verbrachte wegen der Terroranschläge in Paris die Nacht mit der Mannschaft in der Stadionkabine. Am Dienstag wird er wieder dabei sein beim Länderspiel gegen Hannover – in seiner Funktion als Schatzmeister des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Diese Ämter führen nicht nur zu terminlichen Herausforderungen, sondern auch zu Interessenskollisionen. Und in diesem Zusammenhang gerät der 54-Jährige aus dem niedersächsischen Rotenburg nun in Erklärungsnot.

Die „Berliner Zeitung“ veröffentlichte am Freitag ein DFB-Schreiben aus dem Jahr 2013, das sich mit Grindels Doppelrolle als Bundestagsabgeordneter und Mitglied des DFB-Präsidiums befasst. Darin heißt es: „Zwischen den Unterzeichnern und Reinhard Grindel ist zudem vereinbart, dass er künftig parteipolitisch umstrittene Themenfelder nicht in den Mittelpunkt seiner politischen Arbeit stellen wird.“ Unterzeichnet war es von dem am Montag zurückgetretenen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und dem Generalsekretär des Verbands, Helmut Sandrock. Dieses Schreiben ist starker Tobak. Denn es legt den Schluss nahe: Ein gewählter Volksvertreter hält sich bei unbequemen Themen zurück, weil er nicht gegen das Interesse des DFB handeln möchte. Und es gewinnt umso mehr an Brisanz, da Grindel seit Niersbachs Rücktritt einer der Favoriten auf dessen Nachfolge beim größten Einzelsportverband der Welt ist.

Angeblich hält sich Grindel aus politisch umstrittenen Themen heraus

In einer ersten Stellungnahme hatte Grindel nur mitgeteilt, eine solche Vereinbarung gebe es nicht. Auf Nachfrage des Tagesspiegels dazu stellte er die Existenz eben jener Vereinbarung nicht mehr in Frage. Vielmehr betonte er, dass er sich „wie vor 2013 auch mit strittigen Themen wie Flüchtlinge und Asyl befasse“. Außerdem verwies Grindel auf seine Rede zum Anti-Doping-Gesetz, „die sich gerade nicht mit der Haltung des DOSB deckt“. Dies führte er als Beleg dafür an, „dass der in einigen Medien erhobene Vorwurf des Lobbyismus ins Leere geht“.

Für Lobbyismus-Experten ist Grindels Rolle trotzdem fragwürdig. „Eigentlich müsste er eines seiner Ämter zurückgeben“, sagt Roman Ebener, Mitarbeiter von Abgeordneten-Watch. Auch der Grünen-Politiker Özcan Mutlu, Mitglied im Sportausschuss, empfindet dies als „sehr problematisch“. Dieses Doppelamt sei unvereinbar mit dem freien Mandat, sagt Mutlu. „Der DFB und die CDU-Fraktion müssten wissen, dass hier ein gravierender Fehler vorliegt.“ Ein anderes Mitglied des Ausschusses sagte, Grindel sei Mutlu in einer der letzten Sitzungen „auf den Leim gegangen“, als Mutlu Grindel als DFB-Mann angesprochen habe und nicht als Abgeordneter und sich Grindel davon nicht distanziert habe. Die Vorsitzende des Sportausschusses, Dagmar Freitag von der SPD, die selbst Vizepräsidentin des eutschen Leichtathletik-Verbandes ist, sagte: „Es wäre für mich persönlich unvorstellbar, wenn ich mich nicht mehr zu allen Themen äußern dürfte und auf diesen Gedanken käme der Deutsche Leichtathletik-Verband auch gar nicht.“

"Einen Kopf zu ersetzen reicht nicht" beim DFB, sagt Rauball

Der DFB beantwortete eine Anfrage des Tagesspiegels zu der Vereinbarung mit Grindel am Freitag nicht. Dass es im Zuge der Affäre um die WM 2006 innerhalb der DFB-Führung aber auch Bestrebungen gibt, die Verbandsstruktur zu reformieren und auch Doppelfunktionen zu überprüfen, betonte Interimspräsident Reinhard Rauball gestern. „Es reicht nicht, wenn ein Kopf durch einen anderen Kopf ersetzt wird, und danach läuft wieder alles ganz normal“, sagte Rauball. In dem Schreiben von 2013 richteten sich Niersbach und Sandrock an die Verfasser eines offenen Briefes, die sich gegen Grindels Wahl in das DFB-Präsidium ausgesprochen hatten. Begründet wurde dies mit einer Bundestagsdebatte zur doppelten Staatsbürgerschaft – Grindel lehnte diese ab. Als „vorurteilsbeladen“ wurden seine Aussagen dazu kritisiert. Schließlich stehe der DFB für Toleranz. Solche Beschwerden gab es fortan über Grindel nicht mehr. Das könnte auch mit einer Aussage zutun haben, die er 2013 nach seiner Wahl ins Präsidium tätigte: „Ich habe vor, bei meiner Arbeit in Berlin etwas kürzer zu treten.“ Wie seine CDU-Wähler das wohl finden?

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