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Viel Diskussionsbedarf. Bayers Amiri soll im Spiel rassistisch beleidigt worden sein.
© AFP
Update

Bayers Nadiem Amiri soll schwer beleidigt worden sein: Rassismus bei Union-Sieg gegen Leverkusen?

Union siegt gegen Leverkusen. Doch statt über das Spiel sprechen danach alle über eine rassistische Äußerung, die gefallen sein soll.

Schon nach zwei Minuten hat es am Freitagabend gekracht, aber nicht im Stadion. Kaum hatte das Spiel zwischen dem 1. FC Union und Bayer Leverkusen begonnen, als in der Köpenicker Nacht die ersten Böller gezündet wurden. Anders als bei vielen Geisterspielen gab es an diesem Abend keine singenden Fans vor der Alten Försterei. Ihre Unterstützung drückten die ausgeschlossenen Union-Anhänger dafür pyrotechnisch aus.

Auf dem Platz gab es hingegen wenige Feuerwerke, zumindest bis zur 88. Minute. Als Cedric Teuchert den Ball zum 1:0 über Lukas Hradecky schaufelte, brach in Köpenick der Jubel los. Teuchert rannte zur Ecke, die Leverkusener beschwerten sich lautstark über ein vermeintliches Foul, und draußen waren doch einige jubelnde Fans zu hören.

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Mit dem 1:0 gegen Leverkusen erkämpfte sich Union zum zweiten Mal in Folge ein gutes Ergebnis in der Alten Försterei gegen einen stärkeren Gegner. Anders als beim 2:2 gegen Wolfsburg waren es diesmal aber alle drei Punkte, die in der Hauptstadt geblieben sind. Nach zwei Niederlagen in der vergangenen Saison holte sich Union im dritten Anlauf seinen ersten Dreier gegen Leverkusen.

"In der ersten Halbzeit hatten wir das eine oder andere Mal sehr viel Glück, kein Gegentor zu fangen", sagte Christopher Trimmel. "In der zweiten waren wir mutiger und kamen zu Konterchancen."

Amiri soll schwer beleidigt worden sein

Doch schnell sprachen die Akteure nicht mehr über das Sportliche. Plötzlich ging es um Rassismus. Beim Streaming-Anbieter Dazn sprach Jonathan Tah von einer xenophoben Beleidigung gegen einen seiner Mitspieler. "Was ich sehr bitter finde, ist die Situation mit Nadiem Amiri, wo er wegen seiner Herkunft beleidigt wird", führte der Nationalspieler aus. "Es gab Diskussionen und da ist der Begriff 'Scheiß-Afghane' gefallen. Das finde ich sehr schade, das gehört nicht auf den Fußballplatz. Das ist das Bitterste an dem ganzen Abend. Ich hoffe, dass das Konsequenzen hat," sagte der Leverkusener Verteidiger weiter. Offenbar war es nach dem Tor von Cedric Teuchert zu einem Streit gekommen.

Auch Unions Trainer Urs Fischer äußerte sich zu dem Vorfall: "Ich habe es nur vom Hörensagen. Wir müssen das noch klären. Ich habe gehört, dass Worte gefallen sind, die nichts auf dem Fußballplatz zu suchen haben. Ich möchte das in Ruhe klären." 

Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, läge ein dunkler Schatten über einem glanzvollen Sieg der Unioner. Im Vergleich zum 2:2 gegen Wolfsburg am vergangenen Wochenende nahm Fischer dabei nur einen Wechsel vor. Nach seiner Gelbsperre kehrte Grischa Prömel in die Startelf zurück. Für ihn musste Sebastian Griesbeck auf die Bank, wo er unter anderem mit Nico Schlotterbeck saß. Der Leihspieler aus Freiburg stand nach einer langen Verletzung erstmals seit Anfang Oktober im Kader.

Zum dritten Mal in Folge spielte Union mit einer Dreierkette in der Defensive, was für die Außenverteidiger lange Laufwege bedeutete. So hatte Linksverteidiger Christopher Lenz am Anfang seine Schwierigkeiten, Moussa Diaby am rechten Leverkusener Flügel unter Kontrolle zu halten. Bis auf ein paar Fernschüsse von Nadiem Amiri und Kerem Demirbay konnte Bayer das Tor von Andreas Luthe trotzdem nicht gefährden.

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Ähnlich ungefährlich blieben die Gastgeber, bis sie in der 15. Minute eine riesige Chance vergaben. Bei einer Ecke flankte Christopher Trimmel auf Marvin Friedrich, der den Ball aber aus kurzer Distanz vorbei köpfte. Ansonsten spielte Union auf Konter – mit wenig Erfolg.

Umdenken musste Fischer aber nach einer knappen halben Stunde, weil sich Sheraldo Becker verletzte und nicht mehr weiterspielen konnte. Eine erste Diagnose blieb aus, aber gut sah es nicht aus, als der Niederländer von zwei Kollegen gestützt in die Kabine geholfen wurde. Sollte Becker länger ausfallen, dann wird man bei Union umso froher sein, dass mit Neuzugang Leon Dajaku eine neue Option in der Offensive verpflichtet wurde. Laut Medienberichten am Freitag war der Transfer des 19-jährigen Linksaußen vom FC Bayern schon vor dem Spiel perfekt.

Für den Moment blieb Dajaku aber für Fischer keine Option, und so stellte der Union-Trainer etwas um. Für Becker kam Cedric Teuchert; das Spiel wurde zerfahrener, und Leverkusen gefährlicher.

Teuchert sollte eine dann auch eine größere Rolle in diesem Spiel einnehmen. Kurz nach der Pause konnte er am Ende eines starken Angriffs den Ball an Lukas Hradecky vorbeischießen. Als die Union-Bank schon jubelte, prallte der Ball aber nur gegen den Pfosten.

Über lange Strecken in der zweiten Halbzeit blieb Union mit dem Rücken zur Wand. Als eine knappe Stunde vorbei war, musste Luthe erstmals einen starken Schuss von Patrik Schick halten, und dann noch ein Eigentor von Robert Andrich abwenden. Beim Zuschauen auf der Tribüne faltete Union-Routinier Christian Gentner nervös aber sorgfältig seine Handschuhe.

Er hätte sich keine Sorgen machen sollen. Nach der Einwechslung des frischen Marius Bülter wurde Union in der Schlussphase wieder gefährlich. Eine Minute vor Schluss stand Teuchert plötzlich wieder vor Hradecky – und machte dieses Mal keinen Fehler, als er das größte Feuerwerk des Abends abbrannte.

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