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Eder Carbonera, 36, wurde in Farroupilha im Süden Brasiliens geboren. Der Mittelblocker feierte in seiner Heimat schon als Junior große Erfolge. Später wurde er mit dem Nationalteam Olympiasieger und zweimal Vize-Weltmeister.
© Anna Klepaczko/Imago

Volleyballer Carbonera über seine Corona-Infektion: „Plötzlich purzelten die Kilos“

Volleyball-Olympiasieger Eder Carbonera über den Saisonstart mit seinem neuen Klub BR Volleys, die Heimat Brasilien und seltsame Corona-Folgen.

Eder Carbonera, 36, wurde in Farroupilha im Süden Brasiliens geboren. Der Mittelblocker feierte in seiner Heimat schon als Junior große Erfolge. Später wurde er mit dem Nationalteam Olympiasieger und zweimal Vize-Weltmeister. Im Interview spricht der Neuzugang der BR Volleys über den Saisonstart, die Heimat Brasilien und seltsame Corona-Folgen.

Herr Carbonera, am Sonntag geht die Saison wieder los mit dem Supercup gegen die United Volleys. Sind Sie bereit dafür nach der schwierigen Vorbereitung?
Ja, das bin ich. Ich bin nicht verletzt, fühle mich jeden Tag besser und denke, dass ich am Sonntag bei nahezu 100 Prozent sein werde. Das ist toll, wenn man bedenkt, wie speziell die Vorbereitung für mich wie für das Team war.

Inwiefern?
Wir hatten einen Corona-Fall bei den Volleys und haben deshalb eine wichtige Trainingswoche verloren. Außerdem hat es mich im April in Brasilien selbst erwischt, ich bin positiv getestet worden.

Wie lief die Erkrankung bei Ihnen ab?
Zum Glück harmlos. Ich hatte an zwei Tagen leichtes Fieber und das war's. Dachte ich zumindest.

Was ist passiert?
Zwei Monate später begann ich, Gewicht zu verlieren. Dabei ging es mir gut. Ich habe normal gegessen und hatte keine Beschwerden. Aber plötzlich purzelten die Kilos.

Wie viel haben Sie verloren?
Ungefähr acht Kilogramm waren es zwischenzeitlich. Inzwischen sind es nur noch fünf.

Gibt es eine medizinische Erklärung dafür?
Corona ist ja leider eine große Unbekannte. Es gibt nur die Mutmaßung, dass ich bedingt durch die Quarantäne Gewicht verloren habe.

Der Gewichtsverlust klingt beängstigend.
Das ist es natürlich auch. Zumal über die Langzeitwirkungen von Corona nicht viel bekannt ist. Aber was meinen Körper angeht, fühle ich mich durch den Gewichtsverlust fast besser denn je.

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Warum?
Weil ich die gleiche Power und Kraft wie vorher habe, nun aber nicht so viel Gewicht mit mir herumschleppe. Außerdem ist es für meine Knie entlastend, wenn nicht so große Kräfte darauf wirken.

Dann könnte man sagen, dass Corona sogar eine leistungssteigernde Wirkung bei Ihnen verursacht hat.
So würde ich das nicht formulieren. Aber im Moment geht es mir jedenfalls körperlich ziemlich gut und ich hoffe, das bleibt auch so.

Hat sich Ihre Frau in Brasilien ebenfalls infiziert?
Nein, das hat sie nicht und es ist für mich ein großes Rätsel, dass sie negativ getestet worden ist. Schließlich waren wir die ganze Zeit zusammen.

Brasilien zählt zu den Ländern mit den höchsten Infektionsraten. Geht Ihr Heimatland nachlässig mit dem Virus um?
Das ist sehr kompliziert. Man muss bedenken, dass es in Brasilien sehr viele arme Menschen gibt. Diese können nicht mehrere Wochen in Quarantäne gehen. Sie müssen arbeiten, um essen zu können und zu überleben.

Die Kritik am brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro und seinem Umgang mit der Epidemie ist groß.
Ich möchte mich nicht zu ihm äußern. Alles was ich sagen kann, ist, dass die Politik in Brasilien ein grundsätzliches Problem hat. Die Politiker denken zuerst an sich, an ihre eigene Wiederwahl, und erst dann an die Menschen.

Dann sind Sie vielleicht froh, in Berlin zu sein?
Ich liebe mein Heimatland. Aber natürlich ist Berlin eine tolle Stadt.

Sie sind jetzt vier Monate hier. Haben Sie sich akklimatisiert?
Ja, aber das fällt mir nicht besonders schwer. Ich habe viele Jahre im Süden Brasiliens gelebt. Hier gibt es Städte wie Blumenau, die von deutschen Einwanderern gegründet worden sind. Von daher kannte ich die deutsche Kultur und das deutsche Essen schon vorher.

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Zuletzt spielten Sie in Sao Paulo. Sie sind einer der weltweit besten Mittelblocker, wurden unter anderem 2016 Olympiasieger. Wie konnten die Volleys Sie überhaupt verpflichten?
Das hatte auch mit Corona zu tun. Mein Klub Sesi Sao Paulo bezog 70 Prozent des Budgets von staatlichen Geldern. Als die Pandemie ausbrach, wurden diese Gelder vom Sport abgezogen und für das Gesundheitswesen eingesetzt. Bis auf unsere Nachwuchsspieler konnte Sesi seine Spieler nicht mehr bezahlen. So ist es vielen Klubs ergangen.

Bei den Volleys haben Sie einen Einjahresvertrag unterzeichnet. Werden Sie anschließend nach Brasilien zurückkehren?
Das kann ich noch nicht sagen. Der Volleyball in Brasilien befindet sich wegen Corona in einer tiefen Krise. Es gibt nur noch zwei sehr gute Klubs, der Rest ist wegen der Pandemie sehr geschwächt. Und wenn hier alles gut läuft, kann ich mir eine weitere Zukunft in Berlin gut vorstellen.

Was sind Ihre Ziele mit den Volleys?
Ich will mit den Volleys jeden Wettbewerb gewinnen, das ist mein Anspruch. Und ich habe ein sehr gutes Gefühl. Unser Trainer Cedric Enard legt viel Wert auf den Zusammenhalt der Mannschaft. Das klappt super, wir sind eine große Familie bei den Volleys.

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