Handball-Nationalmannschaft: Play-offs zur WM 2015: Das Aus und die Konsequenzen
Die Niederlage in den Play-off-Spielen zur WM 2015 gegen Polen kostet Martin Heuberger wohl den Job. Am Mittwoch soll es ein Sechs-Augen-Gespräch mit dem Handball-Bundestrainer geben.
Berlin/Magdeburg - Im Grunde genügte ein Blick ins Gesicht von Holger Glandorf, um das Geschehene rekonstruieren zu können. Wer den Rückraumspieler der SG Flensburg-Handewitt im Spiel beobachtet hatte, der hatte einen selbstbewussten Sportler gesehen, mit ziemlich aggressiver Körpersprache: energisch, mitreißend, emotional. Einen frisch gekürten Champions-League-Sieger eben. Dummerweise trug Glandorf am Samstag nicht sein Vereins-Trikot, sondern das des deutschen Handball-Nationalteams – und deshalb war nach der Schlusssirene von all den schönen Eigenschaften genau eine übrig geblieben: Emotionalität. „Ich bin total leer, was soll man dazu sagen?“, sagte Glandorf, „das ist sehr, sehr bitter.“
Wenn es selbst dem 31-Jährigen, einem der letzten noch aktiven Weltmeister von 2007, die Sprache verschlägt, musste Außergewöhnliches passiert sein, und das war auch der Fall in der Magdeburger Arena. Durch das 28:29 im Play-off-Rückspiel gegen Polen verpassten Deutschlands Handballer nach Olympia 2012 und der EM 2014 auch das dritte Großturnier, diesmal die WM, die 2015 in Katar ausgetragen wird. „Eine Katastrophe“, sagte Glandorf.
Auch den anderen Beteiligten war die Tragweite dieser Niederlage bewusst, dem Vernehmen nach sollen in der Kabine der Deutschen Tränen geflossen sein. „Die Stimmung war sehr gedämpft, ein bisschen wie auf dem Friedhof“, berichtete DHB-Vizepräsident Bob Hanning. „Das ist ein schwerer Schlag für uns, ich bin immer noch ein wenig ratlos“, sagte Hanning am Tag danach.
Heubergers Team machte die gleichen Fehler wie im Hinspiel
Da hatte sich zwar die Erkenntnis durchgesetzt, „dass wir der Mannschaft motivationstechnisch keinen Vorwurf machen dürfen, alle können ruhigen Gewissens in den Spiegel schauen“, sagte Hanning. Gegen den denkbar stärksten Gegner der Play-offs war das Team von Bundestrainer Martin Heuberger unter spielerischen und taktischen Aspekten aber bisweilen zurückgefallen in alte Zeiten. Dabei hatten die Deutschen ihren Gegner genau dort, wo sie ihn haben wollten: Nach einer starken ersten Halbzeit führten sie mit vier Treffern, auch die Kulisse in Magdeburg trug ihren Teil dazu bei. Wie schon im Hinspiel vor einer Woche verspielte Heubergers Team dieses Polster aber leichtfertig. Vor allem bei eigener Überzahl offenbarten die Deutschen eklatante Schwächen.
„Wir haben nicht aus den Fehlern des Hinspiels gelernt“, sagte Hanning. Das war durchaus als Kritik am Bundestrainer zu verstehen. Zwar betonte nicht nur Kapitän Uwe Gensheimer, Heuberger habe seine Auswahl exzellent auf den Gegner vorbereitet. Bei den kleinen taktischen Geplänkeln, die auf höchstem internationalen Niveau den Unterschied ausmachen können, hatte Heuberger allerdings nicht das glücklichste Händchen oder fand einfach keine Lösungen auf die Maßnahmen, die Polens deutscher Nationaltrainer Michael Biegler an der Taktiktafel ausgebrütet hatte.
Den Deutschen fehlt ein Spieler, der einfache Tore werfen kann
In der Schlussphase wurde den Deutschen vor Augen geführt, was ihnen im Moment fehlt: ein Spieler, der einfache Tore beisteuert. Anlauf, drei Schritte, Sprungwurf, Tor – so führte es Polens Karol Bielecki ein halbes Dutzend mal vor. Offene Manndeckung? Rustikales Einsteigen als letztes Mittel? „Wir hatten keine Lösungen für dieses Problem“, sagte Hanning, „das werden wir noch einmal ansprechen müssen.“
Am Mittwoch soll es ein Sechs-Augen-Gespräch mit Hanning, Heuberger und DHB-Präsident Bernhard Bauer geben. Nicht schwer vorzustellen, was da beschlossen wird. Es gilt als sicher, dass Heubergers auslaufender Vertrag nicht verlängert wird. Christoph Dach