Füchse Berlin: Petar Nenadic: Ein ganz spezieller Spezialist
Die Füchse Berlin hoffen für das Halbfinale im EHF-Pokal auf ihren verletzten Spielmacher Petar Nenadic. Der ist besonders wertvoll in Drucksituationen.
Die Meldungen passten irgendwie gar nicht zusammen, dabei stammten sie zweifelsfrei vom selben Absender: von den Füchsen Berlin. Zu Wochenbeginn machte der Handball-Bundesligist die konkrete Verletzung öffentlich, die sich Petar Nenadic im Spiel gegen Kiel zugezogen hatte. Doppelter Bänderriss im linken Sprunggelenk. Ein paar Zeilen weiter unten konnte man dann allerdings nur staunen: Trotz der Diagnose, bestehe Hoffnung, dass Nenadic an diesem Samstag mitwirken kann, wenn die Berliner gegen den französischen Vertreter St. Raphael um den Einzug ins Finale des EHF-Pokals spielen (17.45 Uhr, Livestream bei rbb-online.de). „Es wird ein Wettlauf gegen die Zeit“, sagt Füchse-Manager Bob Hanning, „ich freue mich, dass er unbedingt spielen will, bin aber sehr skeptisch.“ Zur Not müssen vermutlich wohldosierte Kurzeinsätze reichen. Ein paar Minuten mit einem angeschlagenen Nenadic sind immer noch besser als gänzlich auf ihn zu verzichten.
Die Geschichte sagt einiges über den Stellenwert, den Petar Nenadic, 30, mittlerweile bei den Füchsen genießt. Unter den vielen Spezial-Spielern vom Abwehrchef bis zum Siebenmeter-Experten, die jeder renommierte Bundesligist in seinem Kader beschäftigt, ist der Serbe noch einmal ein besonderer Spezialist. „So einen Typen wie ihn gibt es in der Bundesliga nur einmal“, sagt Füchse-Trainer Velimir Petkovic. Für einen Spielmacher ist Nenadic nämlich extrem torgefährlich; in der vergangenen Bundesliga-Saison holte sich der Rückraumspieler sogar die Torjäger-Kanone. Ganz besonders wertvoll macht ihn allerdings die Eigenschaft, in kritischen und vermeintlich aussichtslosen Situationen Lösungen und Lücken im gegnerischen Defensivverbund zu finden. In Drucksituationen also, wie sie beim Finalturnier in Göppingen mehrfach an diesem Wochenende auf die Berliner zukommen können.
Nenadic war nicht immer so unumstritten
Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass Nenadic nicht immer so unumstritten und sportlich stark war wie im Moment. Im Grunde ist der serbische Nationalspieler 2014 zu den Füchsen gekommen wie die Jungfrau zum Kind, die Planstelle des Spielgestalters war in Berlin auf Jahre hinaus für Bartlomiej Jaszka reserviert. Dann allerdings verletzte sich der Pole so schwer an der Schulter, dass er wenig später seine Karriere beenden musste. Manager Hanning holte Nenadic vom polnischen Klub Wisla Plock nach Deutschland. Mittlerweile ist aus der Notlösung eine für alle Beteiligten überaus zufriedenstellende Dauerlösung geworden.
Das wiederum hängt auch mit der Installation Velimir Petkovics als Füchse-Trainer zusammen. Seitdem der 60-Jährige in Berlin die Verantwortung trägt, ist Nenadic richtig aufgeblüht. „Ich kenne Petar seit vielen Jahren“, sagt Petkovic darauf angesprochen, „ich weiß, wie ich ihn anfassen muss.“ Auf seinen Vorgänger, den mittlerweile entlassenen Erlingur Richardsson, traf das nur sehr bedingt zu: Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Isländer kein Fan seines Regisseurs war, weil Nenadic bei aller sportlichen Klasse regelmäßig zu vogelwilden und anarchischen Aktionen neigte. Wenn Nenadic schlecht spielte, ließ ihn Richardsson auch mal auf der Bank schmoren.
Petkovic lässt Nenadic seine Freiheiten, fordert im Gegenzug aber auch Pflichten von seinem Spezialisten ein. Neuerdings verteidigt der 30-Jährige sogar. Und seit ein paar Wochen gibt es einen weiteren plausiblen Grund dafür, dass sich Petar Nenadic immer wohler in Berlin und bei den Füchsen fühlt. Seit März trägt auch ein gewisser Drasko Nenadic das Füchse-Trikot – sein drei Jahre jüngerer Bruder.