Handball-Bundesliga: Paul Drux ist zurück - und hofft auf die Heim-WM
Nach seiner Operation kehrt Paul Drux in den Füchse-Kader zurück – und hofft auf eine WM-Nominierung.
Ganz am Ende des Ganges, vorbei am Kabinentrakt und an der Trainingshalle, liegt er: der Kraftraum, in dem die Profis und Rekonvaleszenten der Füchse Berlin ihre Körper stählen. Manche nennen ihn auch Folterkammer; hinter einer unscheinbaren Tür warten allerhand fiese Geräte für Muskelregionen, von deren Existenz der Otto-Normal-Bürger vermutlich noch nie gehört hat.
Wie viele Tage Paul Drux dort zuletzt verbracht hat? „Keine Ahnung, aber es waren sehr, sehr viele“, sagt der 23-Jährige, „ich habe hier fast gewohnt und hart mit den Reha-Leuten gearbeitet.“ Mit Erfolg: Am Donnerstag, wenn die Füchse Berlin ihr Bundesliga-Auswärtsspiel beim VfL Gummersbach bestreiten (19 Uhr, live bei Sky), kehrt Drux nach überstandener Außenband-OP und mehrwöchiger Pause in den Kader zurück – passenderweise im Spiel bei seinem Heimatverein, bei dem er sich einst als Jugendlicher in den Vordergrund und schließlich in die Nachwuchs-Akademie der Füchse gespielt hat. Acht Jahre ist das schon wieder her.
„Ich glaube, man sollte in den ersten Tagen nicht zu viel erwarten“, sagt Drux vor seinem Comeback, „ich muss erst mal reinfinden und ein Gefühl für das Spielfeld und den Ball bekommen.“ Bei allem Respekt vor den Zielen der Füchse Berlin geht es für Drux auch nicht primär darum, direkt zu glänzen. Das gar nicht mehr so ferne Fernziel ist ein anderes: die Weltmeisterschaft in Deutschland und Dänemark vom 10. bis 27 Januar 2018. „Manchmal erwische ich mich dabei, wie ich davon träume, was in vier, fünf Wochen in Deutschland abgeht“, sagt Drux.
Paul Drux ist nicht wegzudenken aus der Nationalmannschaft
An Vergleichen mangelt es dem Rückraumspieler nicht. 2007, bei der letzten WM in Deutschland, wohnte das Nationalteam im nordrhein-westfälischen Wiehl, also nur 25 Kilometer entfernt vom Haus der Familie Drux in Gummersbach. „Ich habe die Spiele selbstverständlich verfolgt und mitgefiebert“, sagt Drux. „Damals war die ganze Region infiziert und in Schwarz-Rot-Gold gehüllt. Davon kriege ich heute noch Gänsehaut.“
Ob sich Drux in absehbarer Zeit auf ähnliche Erlebnisse als Aktiver freuen darf, entscheidet sich am Montag. Dann gibt Bundestrainer Christian Prokop in Rostock seinen WM-Kader bekannt. Zwar handelt es sich nur um ein vorläufiges Aufgebot, das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen; kurz vor der WM muss Prokop noch einmal aussortieren. Drux gibt sich allerdings optimistisch – trotz seiner gerade auskurierten Knieverletzung. „Ich rechne mir schon Chancen aus“, sagt er. Während der Regenerationsphase ist der Draht zum Bundestrainer nie abgerissen. „Wir sind so verblieben, dass ich versuche, so schnell wie möglich zu meiner Form zu finden“, erzählt Drux, „dann müssen wir weitersehen.“
Wenn Drux diesen Zeitplan einhalten kann, ist er im Grunde nicht wegzudenken aus der Nationalmannschaft – gerade jetzt, da auf Drux’ angestammter Position im linken Rückraum der torgefährlichste deutsche Spieler mit einem Kreuzbandriss ausfällt: Julius Kühn von der MT Melsungen. Bei der WM 2015 in Katar machte Drux erstmalig auf internationaler Bühne auf sich aufmerksam; er gehörte zu den besten Jungprofis, die ins Rookie-Team der WM gewählt wurden. Seither ist Drux jedoch immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen worden. Beim letzten großen Erfolg, dem EM-Titel 2016 in Polen, fehlte er verletzt.
Umso größer ist die Vorfreude jetzt. „Eine WM im eigenen Land zu spielen ist eine Chance, die sich normalerweise nur einmal in der Karriere bietet“, sagt Drux. Im konkreten Fall wirkt der Spielplan der deutschen Mannschaft wie auf Drux zugeschnitten: die Vorrunde findet in Berlin statt, der Wahlheimat des Rechtshänders – und die Hauptrunde dann in Köln, also unweit seines Elternhauses.
Unabhängig von der Nominierung des Bundestrainer am nächsten Montag hat Paul Drux schon mal vorsorglich Karten für die gesamte Familie geordert.