Hertha BSC: Pal Dardai: "Wir werden von außen manipuliert"
Herthas Erfolg gegen den Hamburger SV versöhnt das Team mit den Fans. Trainer Pal Dardai reagiert aber noch angefasst.
Als das Ding dann doch mit Hängen und Würgen durch war, oder, um es positiv zu wenden, Hertha BSC mit Moral und Glück mal wieder ein Fußballspiel gewonnen hatte, kam es am Sonnabend zu einer kleinen Versöhnung. Die Mannschaft machte sich auf dem Weg in die Ostkurve, wo im Olympiastadion ihre treuen Fans stehen. Sie sog deren Applaus auf. Wenige Tage zuvor, nach der Pokalpleite gegen den 1. FC Köln, waren denselben Spielern aus derselben Kurve noch Gift und Galle, böse Worte und Bierbecher entgegen gekommen. Einige der Fans enterten sogar den Innenraum des Stadions. Im Fußball ist es nun einmal so, dass in der Fankurve nicht nur die anhänglichsten Anhänger stehen, sondern auch die härtesten Kritiker.
Wenn eine Mannschaft Murks spielt, wenn sie für den Geschmack des Anhangs auf dem Rasen nicht alles gibt, oder sich nicht richtig zur Wehr setzt. Am Samstag aber, nach dem 2:1-Sieg über den HSV war das vergessen. Beide Lager feierten sich. Für Pal Dardai gehören ja beide sowieso zusammen. „Alles eine Fahne“, sagte der Trainer hinterher. Der 41 Jahre alte Ungar trainiert die Mannschaft seit dem Frühjahr 2015. Er hat sie in arger Abstiegsnot übernommen, erst zum Klassenerhalt und in den beiden Folge-Spielzeiten auf Platz sieben und Platz sechs geführt. In diesem Herbst aber drehte sich der Wind. Die spielerische Entwicklung stagnierte, die Resultate blieben aus – sieben sieglose Spiele am Stück haben Mannschaft und Trainer zugesetzt. Für sie war es eine neue, eine ungemütliche Situation. Manch einer sprach von einer Krise. Nur Pal Dardai nicht. So jedenfalls hat es sich nach dem Samstag-Sieg angehört. „Ich kann den Frust verstehen, dass wir aus dem DFB- Pokal ausgeschieden sind“, sagte Dardai. Es spreche für die Mannschaft, „dass sie die Niederlage gegen Köln runtergeschluckt hat. Super, dass die Jungs mit dem Druck klargekommen sind.“
In diesem Punkt ist die Mannschaft ihrem Trainer etwas voraus. „Die Fans und die Medien haben Druck gemacht. Das finde ich nicht in Ordnung. Ihr habt das schwer gemacht für mich“, sagte der 41-Jährige. Pal Dardai ist vor knapp 21 Jahren aus Ungarn nach Berlin zu Hertha gekommen. Er diente dem Klub als aufopferungs- und hingebungsvoller Spieler, als einer, der sich in eine Aufgabe hineinbeißen konnte, der stets mit Elan und Eifer dabei gewesen ist. So ist er Rekordspieler des Klubs geworden. Diese Eigenschaften bestimmen auch seine Tätigkeit als Trainer. „Ich bin ein Soldat, ein bezahlter, leidenschaftlicher Mitarbeiter“, führte ein angekratzter Dardai aus. Und weiter: „Es ist schwierig, wenn der ganze Verein so von außen beeinflusst wird, dass alle unsicher werden. Das ist nicht schön.
Schwung für das Spiel gegen Luhansk
Der Trainerstab, die Mannschaft muss Stärke zeigen, weil alle von außen manipuliert werden.“ Diese Woche habe keinen Spaß gemacht, er nehme aber diese Erfahrung als Trainer mit. Dardais Einlassungen mochte Michael Preetz insofern teilen, als dass man von außen keine Hilfe erwarten könne, „dass wir uns nur selber helfen können“, wie Herthas Manager sagte. Wenn der Trainer das so empfinde, wie er es sagte, sei das in Ordnung. Es sei nun mal so, dass es hier und da fehlte zuletzt. „Das Selbstverständnis war auf der Strecke geblieben“, sagte Preetz. Wenn die Mannschaft an die 100 Prozent komme, könne sie jeden Gegner schlagen, „wenn nicht, können wir auch mehrere Spiele verlieren“.
Insofern kommt den Berlinern der dritte Saisonsieg mehr als gelegen. „Zum Schluss ist es noch einmal knapp geworden, aber ich bin trotzdem zufrieden. Wir haben jetzt 13 Punkte und sind im Plan“, sagte Dardai. Am Ende waren es zwei Standardtore, die letztlich das Spiel entschieden. Zwei Kopfbälle von zwei defensiven Spielern, von Niklas Stark und Innenverteidiger Karim Rekik, der das erste Mal für Hertha traf. „Wir waren bissiger, haben viel miteinander geredet – da haben wir uns gesteigert“, sagte der 22 Jahre alte Stark nach dem Spiel. „Dass wir nochmal das Tor kassieren, sollte nicht passieren.
Aber es tut gut, in den Bundesliga wieder drei Punkte eingefahren zu haben.“ Ganz ähnlich hörte sich Sebastian Langkamp an, der bei seinem Comeback nach mehrwöchiger Ausfallzeit der Hintermannschaft sofort mehr Halt verlieh. „Die Negativspirale war enorm in den letzten Wochen, wir haben auch keine spielerische Entwicklung mehr genommen“, sagte der 29-Jährige, der von einem wichtigen „Erfolgserlebnis“ sprach. Diese Erfolgserlebnis sollte Hertha beruhigen und frischen Mut verleihen.
Am Donnerstag geht es in der Europa League gegen Luhansk. Das Hinspiel hatten die Berliner vor knapp zwei Wochen in der Ukraine mit 1:2 verloren. Mit einem Heimsieg könnte Hertha vielleicht doch noch mal die Wende schaffen im internationalen Wettbewerb. Viele Zuschauer wird das Spiel ganz sicher nicht anlocken, aber die in der Ostkurve, die werden da sein. Denn sie kommen auch, wenn es nicht so gut läuft.