Skispringen - Vierschanzentournee: Österreich: Die Tourneemannschaft
Die Österreicher schwächelten bisher in dieser Saison der Skispringer, doch zur Vierschanzentournee dominieren sie wieder. Heute auch beim Neujahrsspringen?
Es sind schon zwei ausgesucht höfliche Jungs, die das Auftaktspringen der Vierschanzentournee in Oberstdorf gewonnen haben. „Danke für die Geduld, es hat ein bisschen länger gedauert“, sagte der 21 Jahre alte Tagessieger Stefan Kraft, nachdem er am Montagabend im Kurhaus Oberstdorf auf das Podium geklettert war. Sein Teamkollege Michael Hayböck eröffnete die Pressekonferenz nicht minder freundlich. „Auch Hallo – und danke fürs Warten“, sagte der 23-Jährige. Fehlte nur noch, dass sie sich dafür entschuldigt hätten, dass die Vierschanzentournee in diesem Jahr schon wieder im Zeichen der Österreicher steht. Doch so weit geht die Höflichkeit noch nicht.
Der Erfolg von Oberstdorf stützt den neuen österreichischen Trainer Heinz Kuttin
Es ist schon bemerkenswert: Seit Saisonbeginn hatte die österreichische Mannschaft zu kämpfen, brachte mal den einen, mal den anderen Skispringer in den vorderen Rängen unter. Doch kaum beginnt die Vierschanzentournee, die seit 2008 sechs Mal nacheinander von einem österreichischen Skispringer gewonnen worden ist, beeindruckt Team Austria. „Wir waren in dieser Saison nie geschlossen gut“, sagt Stefan Kraft. „Dass es heute passiert, zeigt, dass wir immer, wenn es darauf ankommt, top vorbereitet sind.“ Der Erfolg von Oberstdorf stützt auch den neuen österreichischen Trainer Heinz Kuttin. Er hat den lange Zeit überaus erfolgreichen Alexander Pointner abgelöst, dessen Vertrag jedoch nach dem Misserfolg bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi nicht mehr verlängert worden ist.
Doch trotz des Trainerwechsels hält die österreichische Erfolgsserie bei der Vierschanzentournee an. Nach den Plätzen eins, zwei und fünf für die Österreicher Stefan Kraft, Michael Hayböck und Andreas Kofler fühlte sich der deutsche Bundestrainer Werner Schuster an die deutsche Fußballnationalmannschaft bei einer Weltmeisterschaft erinnert. „Die spielt vorher auch oft Rumpelfußball, und dann, wenn es losgeht, spielen sie sensationell“, sagt der Skisprung-Trainer, „da geht jeder mit breiter Brust hin.“
Auf deutscher Seite immer das Gleiche: Kaum beginnt die Tournee, schwindet das Selbstbewusstsein
In seinem Team passiert seit Jahren genau das Gegenteil: Kaum beginnt die Tournee, schwindet das Selbstbewusstsein. Diesmal enttäuschten Severin Freund mit Platz 13 und Richard Freitag mit Platz 15. „Wir hatten noch nie so ein schlechtes Springen, das tiefe Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten war nicht da“, analysierte Werner Schuster. „Das müssen wir mal lösen, damit wir kein Trauma kriegen.“
Wie nahe Trauma und Traum zusammenliegen, hat der Österreicher Stefan Kraft bewiesen. Im vergangenen Jahr hatte er in Oberstdorf den letzten Platz belegt, nun feiert er an selber Stelle bei heftigem Schneetreiben seinen bisher größten Erfolg als Skispringer. „Es ist ein Traum wahr geworden, beim Tourneestart den ersten Weltcupsieg zu feiern, ist genial“, sagte er. Noch genialer war, dass sein Zimmerkollege und bester Skisprung-Freund Michael Hayböck den zweiten Platz belegte. Das österreichische Doppelzimmer ist nun auch erster Favorit auf den Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee.
Peter Prevc und Kamil Stoch sind die größten Konkurrenten der Österreicher
„Wir werden uns gegenseitig mitziehen“, sagte Michael Hayböck, „das kann schon ein Vorteil sein.“ Der Oberösterreicher hat zwar noch nie ein Skispringen gewonnen, doch weist ihn das Gelbe Trikot des Gesamtweltcupführenden als konstantesten Springer dieser Saison aus. Und genau darauf kommt es bei der Tournee an. „Es sind erst zwei von acht Sprüngen gemacht“, sagt Michael Hayböck, „wenn das so Wettbewerbe werden wie der erste in Oberstdorf, kann sich schnell alles durchmischen.“
Beim Neujahrsspringen am heutigen Donnerstag in Garmisch-Partenkirchen (14 Uhr, live bei ARD und Eurosport) müssen die beiden Österreicher vor allem den Drittplatzierten Peter Prevc aus Slowenien und den wiedergenesenen Doppelolympiasieger Kamil Stoch aus Polen fürchten. „Wenn ein anderer gewinnen soll in Garmisch-Partenkirchen, dann der Michael Hayböck“, sagt Stefan Kraft. Das ist sie wohl schon, die neue Kraft des Doppelzimmers.