Turnen: Olympia-Held Andreas Toba und der lange Weg zurück
Andreas Toba hat sich bei Olympia in Rio das Kreuzband gerissen - und trotzdem weiter geturnt. Jetzt arbeitet der 25-Jährige an seinem Comeback. Was er braucht, ist vor allem Geduld.
Andreas Toba ist schon wieder zum Zuschauen verdammt. Im Vergleich zu seinem Olympia-Drama in Rio mit Kreuzbandriss und bitteren Tränen, geht es dem Turner im spanischen Playa de Granada aber relativ gut. Bei der von der Deutschen Sporthilfe ausgerichteten Veranstaltung „Champion des Jahres“ kann Toba in der Sonne Andalusiens Energie tanken. „Es ist perfekt, mich von dem ganzen Stress ein bisschen zu erholen und meine Kräfte für mein Comeback zu sammeln“, erzählt „Turn-Held“ Toba, der mit einer dicken Schiene am rechten Bein durch den Urlaubsclub humpelt.
Fünf Wochen nach der Knie-Operation in Bremen genießt er die Zweisamkeit mit seiner Freundin Daniela Potapova. Gleichzeitig schaut der 25-Jährige mit einem weinenden Auge auf die sportlichen Aktivitäten der anderen deutschen Top-Athleten. Olympiasieger wie der Kanute Sebastian Brendel oder die Ruderer Karl Schulze und Lauritz Schoof jagen von einem Event zum nächsten und liefern sich Spaß-Wettkämpfe vom Feinsten. „Es ist jetzt die sechste, siebte Woche, wo ich mich nicht vernünftig bewegen kann. Wenn ich dann noch die anderen Sportler sehe, wie viel Spaß die haben, kratzt das schon ganz schön, und ich hätte gerne mitgemacht“, sagt der Hannoveraner.
Tobas Leiden war eine der Olympia-Geschichten. In der Qualifikation der Mannschaft riss er sich am Boden bei einer Landung das Kreuzband. Aber er ignorierte die irren Schmerzen, turnte noch am Pauschenpferd und sicherte damit seinem Team den Sprung ins Finale. Er wurde ein „Hero de Janeiro“, und seinen selbstlosen - für ihn selbstverständlichen - Einsatz honorierte die Sporthilfe mit einer Wildcard für den „Champion des Jahres“. „Das ist eine große Ehre für mich. Es ist eine Würdigung meiner Leistung und das freut mich sehr.“
Die EM-Teilnahme im April 2017 in Bukarest wird er wohl nicht schaffen
Dank der eindrucksvollen Bilder aus Rio wird Toba mittlerweile immer öfter auch „auf der Straße erkannt. Und ich hatte sehr viele Termine, was ich vorher nie hatte. Das ist immer noch ungewohnt für mich.“ Doch statt Pressetermine wahrzunehmen, würde er lieber nur eines tun: turnen. Aber das wird noch dauern. „Die Ärzte haben gesagt, dass es ungefähr ein Jahr dauert. Ich muss mich gedulden, aber ich will mich unbedingt wieder bewegen und vernünftig trainieren“, sagt der deutsche Mehrkampfmeister.
Sein Ziel, die Europameisterschaften im April 2017 in Bukarest, wird er wohl nicht schaffen. „Ich hätte gerne die EM gemacht, weil meine Eltern aus Rumänien stammen und ich dort meinen Verwandten gerne gezeigt hätte, wie gut ich turnen kann“, sagte Toba. „Aber das wird wahrscheinlich nicht machbar sein. Denn ich will keinen Wettkampf turnen, wo ich nur mit 50 Prozent an den Start gehen kann. Deshalb denke ich, wird es erst gegen Ende des Jahres etwas werden.“
Ziel ist nun die WM im Herbst 2017 in Montreal: „Da hoffe ich, dass ich wieder so fit bin, dass ich alle sechs Geräte turnen kann.“ Sein großes Fernziel sind - vorausgesetzt die Gesundheit spielt mit - die Olympischen Spiele 2020 in Tokio.
Wird er bei seinem Weg zurück den Unfall einfach vergessen können? „Es gibt Tage, da kann ich mir absolut vorstellen, wieder zu springen und vernünftig zu landen“, erzählt Toba. „Und dann gibt es Tage, wo ich mir einfach nur die Landung vorstelle und es mir davor graut. Es ist ein langsamer Schritt - so, als ob man es neu erlernen müsste. Irgendwann wird das Gefühl für die Landung auch wieder zurückkommen.“
Toba denkt auch schon an die Zeit nach der Karriere. Sein Sport-Bachelorstudium hat er abgeschlossen. „Der Sport hat mir sehr viel gegeben, und ohne meinen Trainer Adrian Catanoiu wäre ich heute nicht der Mensch, der ich bin. Ich würde gerne das, was ich mitbekommen habe, weitergeben und als Trainer arbeiten. Das ist mein Ziel“, sagt Toba. Vorher will er aber noch weitere Medaillen holen. (dpa)