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Niklas Stark, 20, konnte bei Hertha auf Anhieb überzeugen, bis er sich verletzte. Jetzt ist der Kapitän des deutschen U-19-Europameisterteams zurück auf dem Platz.
© imago/Bernd König

Herthas Verteidiger im Interview: Niklas Stark: "Philipp Lahm ist ja auch nicht lahm"

Niklas Stark wechselte im zurückliegenden Sommer nach Berlin. Der 20 Jahre alte Defensivspieler über Verdrängung im Fußball-Nachwuchs, den Konkurrenzkampf bei Hertha und Wortspiele mit seinem Nachnamen.

Herr Stark, wie finden Sie eigentlich Wortspiele mit Ihrem Nachnamen?

Sie meinen so was wie „Stark diesmal ganz schwach“? Daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Es ist ja klar, dass man mit dem Namen viel anstellen kann.

Haben Sie mal drüber nachgedacht, ob ein Name Auswirkungen auf die eigene Persönlichkeit hat?

Das glaube ich nicht. Jeder hat seine Persönlichkeit, ganz gleich wie er heißt. Philipp Lahm ist ja auch nicht lahm.

Stark ist zumindest eine positive Eigenschaft.

Mag sein, dass es besser ist, man heißt Stark und nicht Schwach. Das hat aber nichts mit dem Charakter zu tun.

Sie sollen sich auch deshalb für Hertha entschieden haben, weil Sie die Konkurrenz auf Ihrer Position nicht für übermäßig stark gehalten, sondern reelle Chancen auf regelmäßige Einsätze gesehen haben.

Da ist was dran. Auf jeden Fall habe ich mir die Mannschaft genau angeschaut und gesehen, dass ich da spielen kann. Und ich bin froh, dass ich den Schritt gemacht habe.

Im Sommer galt Hertha vielen als Abstiegskandidat. Jetzt ist Hertha Anwärter für den Europapokal. Fühlen Sie sich immer noch gut genug für den Konkurrenzkampf?

Also erst einmal bin ich nicht nach Berlin gekommen, um gegen den Abstieg zu spielen. Ich war mir sicher, dass wir uns von den Abstiegsrängen fernhalten und im Mittelfeld landen werden. Und dann habe ich vor meiner Verletzung gezeigt, dass ich die Qualität mitbringe, in dieser Mannschaft zu spielen. Dass wir jetzt so weit oben stehen, macht es nicht schwieriger, sondern schöner.

Durch Ihre Verletzung sind Sie aber erst einmal draußen.

Das stimmt. Wir haben eine gute Hinrunde gespielt, das Team ist stabil. Aber das geht nur, wenn du auch gute Leute auf der Bank hast, die es richten können, falls mal einer ausfällt. So war es ja auch, als ich mich verletzt habe.

Um Ihre Verletzung hat es einige Irritationen gegeben. Anfangs hieß es, Sie müssten an der Leiste operiert werden.

Bin ich aber nicht. Ich war von einer Operation nicht hundertprozentig überzeugt. Zum Glück haben wir es auch ohne hinbekommen.

Wie das?

Ein Biostatiker hat festgestellt, dass ich etwas schräg gestanden habe und dadurch meine weiche Leiste wieder aufgebrochen ist. Die Fehlstellung ist jetzt korrigiert worden.

Wer hat entschieden, dass Sie nicht operiert werden?

Die letzte Entscheidung lag bei mir. Und das rechne ich dem Klub hoch an, obwohl ich für seinen Geschmack etwas zu lange weg war. Ich kann das sogar verstehen.

Wie sind Sie mit der Zwangspause klargekommen?

Das war eine schwere Zeit, aber auch das gehört zu einer Sportlerkarriere. Man sollte damit professionell umgehen und alles zu tun, um schnell wieder auf dem Platz zu sein. Man darf sich natürlich nicht das Ziel setzen, gleich wieder der beste Verteidiger von irgendwas zu sein. Man muss Schritt für Schritt gehen und nicht gleich denken: Ich muss die perfekten Bälle spielen. Das war für mich das Schwerste.

Was fehlt Ihnen noch?

Es ist vom Kopf her noch schwierig. Wenn man zwei Monate nicht gespielt hat, merkt man erst, wie groß die mentale Anstrengung im Wettkampf ist. Das muss sich einfach wieder eingrooven.

Wie sieht es mit dem Körper aus? Haben Sie noch Probleme mit der Leiste?

Das musst du komplett abschalten und einfach spielen. Der Biostatiker hat gesagt: „Es ist vollkommen normal, dass du anfangs immer mal wieder etwas spürst. Aber das geht weg.“ Und so ist es auch.

Wovor hatten Sie mehr Angst: zu früh wieder anzufangen und damit vielleicht zu viel zu riskieren? Oder zu lange zu warten und damit den Anschluss zu verlieren?

Ich bin kein Spieler, der ein halbes Jahr trainiert und dann mal schaut, was so gehen könnte. Ich bin einer, der gleich voll wieder drauf geht. Mich muss man bremsen. Am liebsten wäre ich sofort zurück zur Mannschaft. Aber das ging halt nicht.

Niklas Stark über den verschärften Konkurrenzkampf bei Hertha

Jetzt finden Sie sich bei Hertha in einem verschärften Konkurrenzkampf wieder. Neben Ihnen kehren auch andere Spieler zurück, die Ansprüche haben. Wann ist Ihnen klar geworden, dass es im Fußball bei allem Spaß auch um Verdrängung geht?

Das hat in der U-17-Bundesliga angefangen. Da hat man sich wirklich mit den besten Jugendspielern aus ganz Deutschland gemessen. In den Nationalteams hat sich das dann fortgesetzt. Da habe ich schon gespürt, dass ich besser sein will als der Gegenüber auf meiner Position.

Im Nachwuchs eines Bundesligisten ist der Konkurrenzdruck hoch. Jedes Jahr muss man sich von Mitspielern verabschieden, die für nicht gut genug befunden werden. Für Jugendliche ist das nicht einfach, oder?

Sie haben Recht, auch wenn ich nie Angst hatte, dass es mich mal erwischt. Aber oben kommen nicht viele an. Aus der E2, in der ich beim 1. FC Nürnberg angefangen habe, hat es neben mir nur Pascal Köpke in den Profifußball geschafft. Es war schon krass, wie man immer weiter gespielt hat, während andere innerhalb von zwei Jahren kommen und wieder gehen.

Wann hatten Sie erstmals ein sicheres Gefühl, dass Sie es schaffen?

Als ich mit 17 das erste Mal bei den Profis dabei war. Da habe ich gesehen, dass der Unterschied gar nicht so groß ist. Und vor allem dass man das, was die Profis machen, alles lernen kann. Das war der Anreiz im Kopf, dass ich es schaffen kann. Und dann hat es nicht lange gedauert, da war ich auch schon oben.

Was ist reizvoll am Konkurrenzkampf?

Dass man sich immer verbessert. Man sieht, wie gut die anderen sind und will es ein Stückchen besser machen. Wenn jeder so denkt, erreichen wir irgendwann ein sehr hohes Niveau.

Glauben Sie wirklich, dass Konkurrenzkampf jeden besser macht?

Wenn man einen guten Charakter dazu hat, ja. Wenn du siehst, dein Konkurrent haut von drei Schüssen zwei in den Winkel und bei dir selbst klappt schon der erste nicht, dann musst du dir sagen: Dann mache ich beim nächsten Mal eben drei von drei. Und nicht: Okay, dann spielt der halt jetzt, und ich stell’ mich hinten an.

Wie trainieren Sie sich mental?

Relativ wenig. Ich habe eine gute Einstellung. Die hatte ich schon immer. Ich bin manches Mal ein wenig ungeduldig, aber vielleicht ist das ja ganz gut. Ich habe noch nie lange auf der Bank gesessen. Es ist mein Ehrgeiz, immer zu spielen.

Wie groß war dann Ihre Ungeduld während der Verletzungspause?

Ehrlich gesagt, war das ein bisschen Kacke. Obwohl es mich auch gefreut hat, dass die Mannschaft gut gespielt hat. Trotzdem ist es mir schwer gefallen. Deshalb wollte ich nach dem letzten Hinrundenspiel auch nicht in die Kurve gehen und mich mit den anderen feiern lassen. Wieso hätten die Fans mich feiern sollen? Aber ich weiß: Irgendwann werde ich da stehen.

Ist Ihnen in diesen Wochen mal der Gedanke gekommen, dass es für Sie immer schwerer wird, in die erste Elf zurückzukommen?

Ja, das denkt man schon ein bisschen. Aber es ist nicht so, dass man es deswegen blöd findet, wenn die Mannschaft erfolgreich spielt.

Wie schafft man den Spagat, zu zeigen, dass man unbedingt spielen will, ohne den Teamgeist zu beschädigen?

Auch das hat etwas mit Charakter zu tun. Man muss den eigenen Hintern auch mal hinten anstellen können. Das Team geht über alles, so denken viele in unserer Mannschaft. Das geht schon auf dem Platz los, wenn du mal einen Lauf für deinen Nebenmann machst. Genau das hat uns stark gemacht.

Sie haben einen älteren Bruder, der auch beim 1. FC Nürnberg in der Jugend gespielt hat. Gab es da schon einen familieninternen Konkurrenzkampf?

Eigentlich nicht. Wir sind gleichzeitig zum Club gekommen, aber mein Bruder ist schon in der B 2 weg, inzwischen spielt er in der Landesliga. Es ist schon ewig her, dass wir zusammengespielt haben. Als wir klein waren, war ich meistens im Tor. Der Große durfte natürlich im Feld spielen. Mein Bruder ist zweieinhalb Jahre älter, er war größer, stärker und besser.

War es schwierig für ihn zu akzeptieren, dass der kleine Bruder ihn irgendwann überholt hat?

Das weiß ich nicht. Aber ich vermute mal, dass er inzwischen auch ein wenig stolz ist, dass sein kleiner Bruder es so weit gebracht habe. Ich hoff’s zumindest.

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