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Kann spielen und ansagen. Niklas Stark (r.) bildet mit Karim Rekik eine vielversprechende Innenverteidigung bei Hertha.
© Annegret Hilse/picture alliance

Trainingslager in Schladming: Niklas Stark: Der neue Lautsprecher

Der 23-jährige Innenverteidiger soll bei Hertha BSC zum Führungsspieler werden – und sich so für die Nationalelf anbieten.

Die Stimme war wahrscheinlich selbst hinter dem letzten großen Berg des an großen Bergen gesegneten Panoramas im österreichischen Schladming zu hören. Auf dem Fußballplatz in der Steiermark lief am Sonntag die erste Einheit im zweiten Trainingslager von Hertha BSC, als sich Niklas Stark Gehör verschaffte. „Rausschieben, Männer“, rief der 23-Jährige und untermauerte seine Forderung mit entsprechenden Handbewegungen. Als das mit der Umsetzung dieses Befehls nicht auf Anhieb klappte, verschärfte Stark noch einmal den Ton: „Raus-schie-ben!“

Die Szene am ersten von sieben Trainingslagertagen deckte sich mit den Beobachtungen der vergangenen Wochen, in denen Stark beim Berliner Fußball-Bundesligisten mehr und mehr Verantwortung übernommen hat und in die Rolle geschlüpft ist, die sein Trainer von ihm erwartet: die des Souveräns in der Abwehr, der letzten Verteidigungslinie vor dem Torhüter. „Ich will in Zukunft nach unseren Spielen nicht mehr über jugendliche Fehler oder Naivität reden“, sagt Pal Dardai. „Niklas hat jetzt das Alter und die Erfahrung, dass er sich solche Sachen nicht mehr leisten kann“, ergänzt der Ungar, „er muss jetzt Leistung bringen und kriegt auch Druck von mir.“

Dardai war stets ein Förderer des jungen Mannes aus Neustadt an der Aisch, unter seiner Verantwortung absolvierte Stark insgesamt 86 Profi-Spiele und etablierte sich als einer der zweikampfstärksten Innenverteidiger in der Bundesliga. Selbst als Stark in der abgelaufenen Saison eine Schwächephase durchlief, hielt Dardai an ihm fest. Nun soll der Abwehrspezialist das in ihn gesetzte Vertrauen mit guten Leistungen zurückzahlen. „Es ist ein Geben und Nehmen, Peitsche und Zuckerbrot“, sagt Dardai. „Aber Niklas ist ein guter Junge, der die Kritik runtergeschluckt hat und gestärkt daraus hervorgehen wird. Ich bin da sehr optimistisch.“

Bei Stark klingt das ähnlich. „Es ist ja normal, dass der Trainer einiges von mir erwartet, das ist auch gut so“, sagt er, „schließlich will ich Stammspieler bleiben und Führungsspieler werden.“ Allerdings, betont Stark, müsse man sich immer auch des eigenen Zuständigkeitsbereichs bewusst sein. „Ich werde jetzt nicht anfangen 50 Leute auszudribbeln und den Ball vorn ins Tor zu hauen“, sagt Stark, der seine Aufgabe wie folgt zusammenfasst: „Ruhig bleiben, stabil bleiben und das Spiel ankurbeln.“

Stark: "Das Nationalteam ist nicht mein primäres Ziel, sondern ein übergeordnetes"

Damit könnten sie bei Hertha BSC bis auf Weiteres gut leben; die Defensive war in den vergangenen Jahren bekanntlich eine Stärke von Dardais Team, obwohl die Berliner personell ordentlich umgebaut haben: Das etablierte Innenverteidiger-Duo der Spielzeit 2016/17 etwa, namentlich John Anthony Brooks und Sebastian Langkamp, gab der Verein vor respektive im Verlauf der vergangenen Saison ab, ohne an Stabilität einzubüßen. Darauf dürfen sich nicht zuletzt Niklas Stark und sein Nebenmann Karim Rekik etwas einbilden. Auch der Niederländer ist erst 23 Jahre alt, auch ihm wird eine große Zukunft prognostiziert. Man darf mit Fug und Recht behaupten, dass Hertha über die perspektivisch vielleicht spannendste Innenverteidigung der Liga verfügt.

Darüber hinaus hat Manager Michael Preetz mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen, dass Stark extrem motiviert aus der Sommerpause gekommen ist. Im ersten Trainingslager in Neuruppin berichtete Preetz von einem ausführlichen Gespräch mit Stark. „Es hat seinen Ehrgeiz aufgezeigt, Niklas will richtig angreifen, um künftig vielleicht auch ein Faktor beim DFB zu sein“, sagte der Manager.

In den U-Teams des weltgrößten Fußball-Verbands war Stark ein bekanntes Gesicht, 2017 wurde er mit der U21 Europameister. Bei normaler sportlicher Entwicklung könnte Stark in absehbarer Zukunft auch für Bundestrainer Joachim Löw interessant werden. „Wir sind sicherlich die Letzten, die etwas dagegen einzuwenden hätten“, sagt Preetz, „denn es würde bedeuten, dass Niklas herausragende Leistungen für Hertha BSC gezeigt hat.“

Stark gibt sich da deutlich kleinlauter. „Das Nationalteam ist nicht mein primäres Ziel, sondern ein übergeordnetes“, sagt er, „und dafür will ich mir meine Nominierung verdienen.“ Bis auf Weiteres reicht es also, wenn Stark auf dem Platz ein Lautsprecher ist.

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