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Nico Rosberg (l.) und Lewis Hamilton (ganz rechts).
© AFP

Formel 1: Crash in Spa: Nico Rosberg und Lewis Hamilton zutiefst zerstritten

Nico Rosberg muss vor dem Formel-1-Rennen in Monza noch einmal öffentlich Reue zeigen. Hat die Kollision von Spa mit seinem Teamkollegen Lewis Hamilton seinem Status bei Mercedes geschadet?

Genau um 12 Uhr mittags kamen Nico Rosberg und Lewis Hamilton am Donnerstag zum gemeinsamen Meeting in die Mercedes-Garage. Wobei, was heißt schon „gemeinsam“? Die beiden Formel-1-Piloten ließen sieben, acht Metern zwischen sich. Seit der unerfreulichen Kollision beim Rennen in Belgien halten beide lieber einen Sicherheitsabstand ein. Bei der offiziellen Pressekonferenz vor dem Grand Prix in Monza spielte dann Fernando Alonso den Puffer zwischen den beiden Mercedes-Fahrern – ein Journalist wollte den Ferrari-Fahrer schon gleich zum „Friedensbotschafter“ ernennen.

Da saßen sie also, Rosberg und Hamilton, irgendwie zusammen und doch getrennt. Rosberg erklärte mit etwas trotziger Miene und nicht unbedingt glaubwürdig, er sei tatsächlich selbst im Laufe der Zeit zu der Erkenntnis gekommen, dass er doch die Verantwortung für den Zwischenfall in Spa übernehmen müsse. Hamilton dagegen gab sich betont locker. Der Brite machte Selfies, fotografierte die in Massen versammelten Journalisten und blödelte mit Alonso herum. Zum Vorfall selbst fiel ihm nur ein, er wolle nun „nur noch nach vorne schauen“.

Die Teamführung wies Nico Rosberg die Schuld für den Crash zu

Sollte dieses seltsame Szenario nun die neue Rollenverteilung bei Mercedes dokumentieren? Schließlich hatte die Teamführung von Anfang an eindeutig Rosberg die Schuld an der Kollision und die Rolle des Lümmels zugewiesen. Der Deutsche hatte sich daraufhin nach einem Krisengipfel öffentlich entschuldigen müssen, von „disziplinarischen Maßnahmen“ war außerdem die Rede. Das ist insofern bemerkenswert, als die meisten Experten Rosberg in Schutz nahmen. Auch Weltmeister Sebastian Vettel erklärte nun noch einmal: „Spa hat ausgesehen wie ein ganz normaler Rennunfall, ich war ja direkt dahinter.“ Er finde es „lustig“ zu sehen, „dass sich das Team dann bemüßigt gefühlt hat, Entscheidungen in Richtung Strafen zu treffen“.

Rosberg dürfte ähnlich denken. Doch selbst wenn seine öffentliche Reue nur taktischer Natur sein sollte, so kann ihm die abweichende Bewertung des Vorfalls durch seine Vorgesetzten noch hinderlich werden. Dabei wollte er Deutsche mit der Aktion genau das Gegenteil erreichen und demonstrieren, dass er nicht jedes Mal klein bei gebe. Die Vermutung liegt aber nahe, dass Hamilton nun in direkten Duellen erst recht forsch zu Werke gehen wird – darauf bauend, dass Rosberg vorsichtig sein muss, um keinen weiteren Ärger zu bekommen. Dass Rosberg nun weniger Risiko eingehen werde als zuletzt, bestritt er zwar: „Dass wir uns nicht ins Auto fahren dürfen, war sowieso immer klar.“

Doch für ihn kommt erschwerend hinzu, dass Hamilton irgendwie in die Rolle des Musterschülers gerutscht ist. Für seine Verfehlungen wurde er bislang jedenfalls nicht vom Team geahndet. Die verbalen Provokationen Richtung Rosberg, das Preisgeben von Interna, die häufig rücksichtslose Fahrweise und auch das mehrmalige Ignorieren der Stallregie in Ungarn – nichts davon wurde von den Mercedes-Verantwortlichen Niki Lauda und Toto Wolff je öffentlich kritisiert.

Nico Rosberg kann sich nur ungerecht behandelt fühlen

Die Frage ist, wie es jetzt weiter geht. Offiziell gilt in Monza weiterhin die Ansage, dass beide frei gegeneinander kämpfen dürfen, so lange sie sich nicht ins Auto fahren. Die Priorität von Mercedes-Teamchef Toto Wolff liegt darauf, eine Spaltung auch des gesamten Teams in zwei sich bekämpfenden Fraktionen zu verhindern. Ob das in der Praxis noch gelingen kann, ist allerdings die Frage. Natürlich übertragen sich Spannungen und Unzufriedenheit bei Fahrern irgendwann auch auf ihre jeweiligen Crews. Und bei den beiden Piloten ist mit Sicherheit innerlich mehr Konfrontation denn je angesagt. Bei Hamilton, weil er seinen Rückstand von 29 Punkten auf Rosberg aufholen muss. Und bei Rosberg, weil er sich eigentlich gar nicht anders als ungerecht behandelt fühlen kann.

Langfristig zumindest könnte Nico Rosberg doch der Profiteur des Vorfalls sein. Er hat seinen Vertrag bei Mercedes gerade um mehrere Jahre verlängert. Lewis Hamilton dagegen ist nur noch bis Ende 2015 an Mercedes gebunden. Aus Stuttgart ist zu hören, er habe darum gebeten, die Vertragsverhandlungen erst einmal auf Eis zu legen. Offensichtlich kann er gar nicht genug Sicherheitsabstand zu Rosberg halten.

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