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Lewis Hamilton und Nico Rosberg vor dem Saisonfinale der Formel 1 in Abu Dhabi.
© Reuters

Finale der Formel 1 in Abu Dhabi: Nico Rosberg, Lewis Hamilton und die Psychologie des Jägers

Nico Rosberg ist vor dem heutigen Finale der Formel 1 in der schlechteren Position, den Druck aber hat sein Rivale Lewis Hamilton. Der könnte in Abu Dhabi zwar auf Sicherheit fahren - doch genau das ist schon öfters schief gegangen.

Er wirkt locker. Versucht bei jeder Gelegenheit, ein bisschen psychologischen Druck auf seinen Rivalen Lewis Hamilton auszuüben. Und lässt die eine oder andere kleine Spitze los, um den Briten zu verunsichern. So gibt sich Nico Rosberg im Fahrerlager von Abu Dhabi, vor dem entscheidenden WM-Rennen der Formel 1 am Sonntag. Der Herausforderer erweckt einen sehr entspannten Eindruck. Im Training hat das noch nicht gewirkt. Da fuhr Hamilton am Freitag in beiden Trainingsdurchgängen die Bestzeit.

„Die Position des Jägers ist immer die angenehmere“, sagt jedoch der frühere Fahrer Christian Danner. „Nico hat doch nichts zu verlieren – Lewis dagegen sehr, sehr viel.“ Der gleichen Meinung ist auch Felipe Massa. Der Brasilianer war 2008 im WM-Finale in Brasilien gegen Hamilton in der gleichen Situation wie jetzt Rosberg. Er musste gewinnen und darauf hoffen, dass bei dem damaligen McLaren-Piloten irgendetwas schief geht – wobei dem Briten damals sogar ein fünfter Platz reichte. Doch erst auf den letzten Metern der letzten Runde schaffte Hamilton es noch, nachdem sich Massa 20 Sekunden lang schon als neuer Weltmeister gefühlt hatte.

„Psychologisch ist Nico in der besseren Situation. Er muss sich keine Sorgen um irgendetwas machen, weil er weniger zu verlieren hat als Lewis“, sagt Massa daher. „Alles, was ihn zu interessieren hat, ist dieses Rennen zu gewinnen. Und er darf sich nicht darum kümmern, was mit Lewis passiert.“

Hamilton reicht der zweite Platz

Bei der extremen Mercedes-Überlegenheit, die sich auch in Abu Dhabi im Training wieder abzeichnet, müsste Hamilton eigentlich nur sicher auf Ankommen fahren – Zweiter würde er dann fast automatisch. Nachdem Rosberg sich im Qualyfing die Pole Position sicherte und Hamilton von Platz zwei startet, könnte er den Deutschen im Grunde ziehen lassen und nur nach hinten absichern. Aber kann er das? Auf Sicherheit gehen, ein Auto einfach nur ins Ziel bringen, ohne zu versuchen, das Optimale herauszuholen, also zu gewinnen, das entspricht einfach nicht seiner Rennfahrer-Mentalität. Selbst sein Landsmann Damon Hill, Weltmeister von 1996, fragt sich das: „Lewis kann an diesem Sonntag nur verlieren. Er ist für fast alle der klare Favorit. Aber hat er auch die Nerven für den zweiten Titel?“

Schon 2007, in seiner ersten Formel 1- Saison, war Hamilton in der Rolle des Favoriten. Vor dem Finale in Brasilien lag er vier Punkte vor seinem McLaren-Teamkollegen Fernando Alonso und sieben vor Kimi Räikkönen im Ferrari. Doch bei einer überhasteten Attacke gleich am Start rutschte er damals von der Strecke, drückte dann auch noch den falschen Knopf am Lenkrad und wurde am Ende nur Siebter. Räikkönen gewann und holte, da auch Alonso nur auf Platz drei ins Ziel kam, völlig überraschend den WM-Titel.

Andererseits sagen viele Rennfahrer: Wenn du versuchst, nur auf Ankommen zu fahren, auf keinen Fall ein Risiko einzugehen, dann passiert oft erst recht etwas, weil du die Konzentration verlierst. Das Musterbeispiel für einen solchen Fehler ist immer noch der Ausrutscher von Ayrton Senna 1988 in Monaco. Der Brasilianer hatte fast eine Minute Vorsprung und deshalb von seinem Teamchef Ron Dennis die Anordnung erhalten, langsamer zu fahren. Bei diesem Versuch rutschte er in die Leitplanken.

Vettel als Vorbild

Auf einen ähnlichen Lapsus von Hamilton muss am Sonntag auch Rosberg ein bisschen hoffen, wenn er sich seinen WM-Traum noch erfüllen will. Ein Blick zurück in die Geschichte von Abu Dhabi könnte Mut machen: 2010 ging Sebastian Vettel dort ebenfalls als klarer Außenseiter in die Entscheidung, die Favoriten hießen Fernando Alonso und Mark Webber. Doch Vettel hatte seine Nerven am besten im Griff, tat was er tun musste und gewann das Rennen – während bei seinen Konkurrenten so viel schiefging, dass es am Ende tatsächlich zum Titel reichte.

„Das hätte vorher keiner gedacht, dass Mark es nicht schafft, Dritter zu werden und Fernando nicht einmal auf Platz fünf kommt“, erinnert sich Vettel. Sonst hätte einer von ihnen den Titel geholt. „Als mein Ingenieur mir damals ins Ohr geschrien hat, dass ich tatsächlich Weltmeister bin, hat sich für mich erst einmal die Welt aufgehört zu drehen.“

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