Formel 1: Und der Sieger heißt: Mercedes
Vor dem Showdown zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg in Abu Dhabi gibt es schon einen Sieger: Mercedes. Nach mehr als einem halben Jahrhundert wird Mercedes wieder den Formel-1-Weltmeister stellen.
Ein Mercedes-Werksteam in der Formel 1? Es ist noch nicht allzu lange her, da fragten sich viele, von Experten bis zu den Mercedes-Vorständen, ob das denn alles so sinnvoll war mit dem eigenen Formel-1-Rennstall. Inzwischen sind diese Zweifel natürlich längst vergessen. Das WM-Finale in Abu Dhabi am Wochenende ist zum internen Duell der Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg geworden, nach einem Jahr, das der Rennstall dominierte wie kaum ein anderer zuvor.
Für Mercedes schließt sich mit der historischen Saison ein Kreis. Der letzte Mercedes-Weltmeister war vor über einem halben Jahrhundert 1955 der Argentinier Juan Manuel Fangio. Danach stiegen die Stuttgarter aus der Formel 1 aus und erst Anfang der 90er Jahre als Motorenlieferant wieder ein. Als Juniorpartner von McLaren gewann man danach zwar wieder einige WM-Titel, unter anderem mit Mika Häkkinen und Lewis Hamilton, doch erst in diesem Jahr wird der Weltmeister wieder ein reiner Mercedes-Mann sein.
Und auch die Perspektiven für die nähere Zukunft sind rosig. Der Vorsprung von Mercedes vor allem auf dem Antriebs- und Motorensektor ist so groß, dass die Konkurrenz diesen auch im nächsten Jahr wohl kaum wird aufholen können. Vor allem, weil das heutige Reglement die Entwicklungsmöglichkeiten stark einschränkt und der Mercedes-Vorteil schon in einem deutlich überlegenen Grundkonzept angelegt ist.
Vor fünf Jahren übernahmen die Stuttgarter das damalige Brawn-Team offiziell. Beim Saisonauftakt 2010 in Bahrain trat Mercedes dann zum ersten Mal seit den 50er Jahren wieder unter eigenem Namen in der Formel 1 an. Von den heutigen Protagonisten aus der vordersten Reihe war nur einer schon dabei: Nico Rosberg. Er machte die komplette schwierige Aufbauphase mit, die Jahre bis 2012, wo nicht viel voranzugehen schien. Der Deutsche verlängerte seinen Vertrag mit den Silbernen auch vorzeitig, zu einem Zeitpunkt, als viele Experten schon nicht mehr daran glaubten, dass es Mercedes ganz an die Spitze schaffen würde.
Rosberg hat die große Chance das Vertrauen in ihn zurückzuzahlen
Jetzt hat Rosberg die Chance, die Früchte dieses Vertrauens und der Treue zu ernten und der erste Silberpfeil-Weltmeister der Neuzeit zu werden. Einige andere, die wichtige Aufbauarbeit leisteten, sind nicht mehr dabei. Der Rekordweltmeister Michael Schumacher natürlich, dessen Verdienste Rosberg immer wieder hervorhebt oder der erste Sportchef Norbert Haug. Und vor allem aber Ross Brawn, der noch selbst wichtige Umstrukturierungen vornahm und Dinge in Bewegung setzte, ehe er Ende 2012 seinen Hut nahm oder nehmen musste – je nach Interpretation.
Auch wenn Rosbergs Teamkollege Lewis Hamilton mit einem Vorsprung von 17 Punkten in das Finale geht und ihm auch bei einem Sieg des Deutschen ein zweiter Platz auf jeden Fall zum Titel reicht, bleibt Rosberg optimistisch: „Ich glaube daran, dass ich es noch schaffe. Es ist schon so oft passiert, dass im letzten Rennen noch einmal alles anders gekommen ist. Es ist ganz klar so: Lewis Hamilton hat alles zu verlieren. Ich habe alles zu gewinnen.“
Rosberg will versuchen, seinen Gegner in einen Fehler zu hetzen. „Ich kann sein Rennen schon beeinflussen, indem ich ihn unter Druck setze. Wäre ich in Brasilien nicht dagewesen, hätte er sich nicht gedreht. So etwas kann hier auch wieder passieren.“ Lewis Hamilton will sich jedenfalls in Abu Dhabi nicht mit Platz zwei begnügen, sondern voll angreifen: „Ich bin hier, um das Rennen zu gewinnen.“
Über eines sind sich vor dem Finale alle einig: Durch einen technischen Defekt oder gar einen Unfall soll die Weltmeisterschaft nicht entschieden werden. „Dass man das steuert, ist unmöglich in einem Formel-1-Auto, auch für die besten Fahrer der Welt“, sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. „Wir lassen ihnen weitestgehend freie Hand. Beide sind gute Jungs, keiner von beiden ist hinterhältig.“ Über einen Fahrfehler des Teamrivalen würde sich Rosberg aber schon freuen: „Wenn er es selbst macht, ist es okay.“