1:1 im Davis Cup in Portugal: Nervenspiel bei der Premiere von Boris Becker
Cedrik-Marcel Stebe gelingt die erhoffte Überraschung, doch Jan-Lennard Struff patzt. Die Vorentscheidung bei Beckers Premiere bleibt aus.
Das Abstiegsduell in Portugal wird für die deutsche Davis-Cup-Auswahl beim Einstand von Chefberater Boris Becker zum Nervenspiel. Nach dem ersten Tag im Clube de Ténis do Jamor in Oeiras steht es zwischen dem Gastgeber und dem ersatzgeschwächten Team des Deutschen Tennis Bundes 1:1. Der favorisierte Jan-Lennard Struff konnte am Freitag die Vorlage des überraschenden Auftaktsieges von Cedrik-Marcel Stebe nicht nutzen und verlor gegen Pedro Sousa 2:6, 5:7, 6:7 (5:7). Stebe hatte gegen die portugiesische Nummer eins Joao Sousa 4:6, 6:3, 6:3, 6:0 gewonnen und für die 1:0-Führung gesorgt
„Jeder Punkt zählt, vielleicht nimmt ihm das etwas Druck“, hatte der Weltranglisten-90. Stebe nach seinem Sieg gesagt. Doch das Gegenteil war der Fall: Struff kam nach den Absagen von Alexander Zverev, Mischa Zverev und Philipp Kohlschreiber mit seiner Rolle als Nummer eins überhaupt nicht zurecht und kassierte in 2:19 Stunden und nach einer enttäuschenden Vorstellung die Niederlage gegen die Nummer 107 der Welt.
Mangels Alternativen wird der 27 Jahre alte Warsteiner voraussichtlich dennoch am Samstag (15.30 Uhr MESZ) gemeinsam mit dem Davis-Cup-Debütanten Tim Pütz das Doppel bestreiten. Für Sonntag könnte Bundestrainer Michael Kohlmann aber über den zweiten Neuling Yannick Hanfmann als Einzelspieler neben Stebe nachdenken. Der erste Abstieg aus der Weltgruppe der besten 16 Nationen seit 2003 ausgerechnet bei der Premiere von Becker als Head of Men's Tennis wäre für den DTB ein sportlich herber Rückschritt und vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung ein heftiger Rückschlag.
Stebe schien von Beckers bloßer Anwesenheit zu profitieren
Der Verlierer der Partie auf Sand steigt in die Europa/Afrika-Gruppe ab, der Sieger spielt im kommenden Jahr in der Weltgruppe der besten 16 Nationen. Ein Sieg des Ranglisten-54. Struff wäre daher wohl eine Vorentscheidung gewesen, doch der Sauerländer leistete sich bei extrem windigen Bedingungen ungewöhnlich viele Fehler, wirkte fahrig und ungeduldig. Auch die aufmunternden Gesten Beckers aus der deutschen Box halfen dem 1,96 Meter großen Struff nicht.
Stebe dagegen schien allein von der bloßen Anwesenheit des dreimaligen Wimbledonsiegers zu profitieren. „Ich habe irgendwann gemerkt, dass er da ist. Es hat mich schon angespornt. Wenn Boris da ist, will man ja auch was zeigen“, sagte der 26-Jährige aus Vaihingen. Becker hatte kurz vor dem Match den Platz verlassen, um Struff auf dessen Partie vorzubereiten. Erst am Anfang des zweiten Satzes kehrte Becker auf die Tribüne zurück und setzte sich zum deutschen Betreuerstab auf die Steinbänke. „Wir haben uns gestern ein bisschen unterhalten. Man sieht, dass er viel Erfahrung hat und einem Tipps geben kann. Ich nehme jeden Krümel mit, den er mir gibt“, schilderte Stebe die Zusammenarbeit mit dem neuen Herren-Chef.
Cool und selbstbewusst, als hätte es die vier Jahre voller Verletzungen und Rückschläge nicht gegeben, zermürbte Stebe seinen Gegner. Probleme an der Lendenwirbelsäule, überdehnter Hüftbeuger, Schambeinentzündungen, Stressfraktur und Operation an der Leiste stehen in seiner Krankenakte. In diesem Jahr kämpfte sich Stebe vor allem auf der zweitklassigen Challenger-Tour wieder unter die Top 100, gewann die kleineren Turniere in Vancouver und Poprad Tatry. (dpa)