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Gute Haltungsnote. Serge Gnabry schoss gegen Russland sein viertes Tor im vierten Länderspiel.
© Soeren Stache/dpa

Länderspiel gegen Russland: Nationalmannschaft gewinnt dank starker erster Halbzeit

Das DFB-Team führt in Leipzig durch Tore von Sané, Süle und Gnabry schon zur Halbzeit 3:0. Nach der Pause verflacht das Spiel.

Wenn Joachim Löw von seinem Platz an der Seitenlinie einen Blick in den Rang warf, konnte er sehen, was er zusammen mit seiner Mannschaft in diesem Jahr angerichtet hatte. Mit zum Teil schwachen Leistungen hatten sie die Zuschauer aus den Stadien gespielt. Ein Drittel aller blauen Sitzschalen waren freigeblieben. Nur 35.288 Zuschauer wollten sich am Donnerstag in der Leipziger Arena das Testspiel des gefallenden Weltmeisters gegen den WM-Gastgeber Russland live mit anschauen.

Aber das muss ja nicht so bleiben, wie das insbesondere in der ersten Halbzeit locker und leicht herausgespielte 3:0 (3:0) bewies. Wer oder was auch immer Löw dazu getrieben haben mag, im vorletzten Länderspiel eines so verkorksten Jahres wurde der Bundestrainer mal so richtig mutig, ja fast schon verwegen. Gegen Russland bot er eine vergleichsweise sehr junge, unverbrauchte Mannschaft auf.

Wie schon vor einem Monat in Frankreich bildeten Timo Werner, 22, Leroy Sané, 22, und Serge Gnabry, 23, den Angriff - diesmal unterstützt vom erst 19 Jahre jungen Offensivspieler Kai Havertz, der erstmals in der DFB-Startelf stand. In Kapitän Manuel Neuer und Abwehrspieler Matthias Ginter standen nur zwei Weltmeister von 2014 in der Startelf – dafür aber sechs, die vor einem Jahr den Confed-Cup gewonnen haben.

Die junge Offensive wirbelt

Das Vertrauen in die jungen Spieler sollte sich auszahlen. Schon nach wenigen Minuten ging die deutsche Elf in Führung. Nach einem resoluten Antritt von Thilo Kehrer, 22, leitete dieser den Ball auf Gnabry weiter, der direkt in den Strafraum eintauchte. Gnabry legte den Ball quer auf Sané, der keine Mühe hatte, den Ball zu versenken.

Es war ein erfrischender Beginn, den die junge Mannschaft hinlegte. Sie war dominant und klar feldüberlegen. Nach gut 20. Minuten hätte Sané eigentlich das 2:0 erzielen müssen, der frei zum Kopfball kam. Doch er zielte direkt auf den Torwart. Das zweite deutsche Tor holte wenig später Niklas Süle nach, dem nach einer Ecke der Ball vor die Füße gefallen war. Wie schon für Sané war es auch für den Verteidiger das jeweils erste Länderspieltor.

Das vielleicht schönste Tor des Abends gelang dann kurz vor der Halbzeit Gnabry nach nur drei Spielstationen. Süle bediente aus der eigenen Abwehr heraus den Leverkusener Havertz im Zentrum, der mit einem wunderschönen Steilpass den agilen und flinken Gnabry bediente, der wiederum sofort abzog und traf. Für den Bayern-Spieler war es im vierten Länderspiel der vierte Treffer.

Die beste Halbzeit des Jahres

Es war eine muntere Halbzeit der deutschen Mannschaft, eine, die man in diesem ganzen Länderspieljahr so von ihr nicht gesehen hatte. Werner, Gnabry und Sané versprühten Lust und Leidenschaft, immer wieder boten sie sich an, sie suchten Wege in die Tiefe der russischen Abwehr. Längst klappte nicht alles, aber endlich war mal wieder Tempo und Spielwitz im deutschen Spiel.

Das Spiel war natürlich entschieden, wenngleich man sagen muss, dass Russland an diesem nasskalten Abend längst nicht in Bestbesetzung angetreten war. Nebensächlich auch, dass Deutschland damit das sechste Duell von insgesamt sieben mit Russland nun gewonnen hat.

Wesentlicher ist da schon, dass diese neue, junge deutsche Mannschaft sich gefunden und eingeschossen hat für das letzte Spiel des Jahres. Am Montag kommt es dann in der Nations League zum Rückspiel gegen Holland in Gelsenkirchen. Das Hinspiel hatte eine überalterte und uninspirierte Mannschaft im Oktober in Amsterdam mit 0:3 verloren. Vielleicht ergibt sich ja doch noch die Chance, den drohenden Abstieg aus der höchsten Division abzuwenden. Vorausgesetzt, die Holländer gewinnen am Freitagabend nicht gegen Frankreich.

Humorloses Verwalten nach der Pause

In zweiten Abschnitt des Spiels ließen es die Deutschen leider wieder etwas sachlicher angehen. Die Russen kamen nun gelegentlich vor das deutsche Tor. Durch das Leipziger Rund schlängelten sich zwei, drei La Olas. Es schien, als wollte das Publikum die deutsche Mannschaft animieren, doch wieder bitte etwas mehr von ihrem Versöhnfußball der ersten Halbzeit zu zeigen. Doch diesen Faden hatte sie irgendwie verloren.

Nach einer guten Stunde wechselte Löw gleich dreimal. Für Timo Werner, Kai Havertz und Antonio Rüdiger kamen Julian Brandt, Sebastian Rudy, und Jonathan Tah. Etwas später ersetzte Nico Schulz den angeschlagenen Jonas Hector, der humpelnd den Rasen verließ. Und schließlich ging auch Gnabry vom Feld, für ihn kam Thomas Müller zu seinem 99. Länderspieleinsatz.

In der Schlussphase trudelte das Spiel so ein bisschen vor sich hin, schöne und rasante Kombinationen wie im ersten Abschnitt gab es keine mehr zu sehen. Aus deutscher Sicht war es mehr ein humorloses Verwalten statt Gestalten. Dennoch wurde die umgekrempelte deutsche Mannschaft mit einem warmen Applaus vom Rasen verabschiedet. 

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