Abstiegskampf in der Zweiten Liga: Nach dem Endspiel ist vor dem Endspiel für Union
Beim 1. FC Union Berlin ist die Erleichterung über den Sieg beim FC St. Pauli groß. Doch die Lage im Abstiegskampf bleibt heikel.
Dirk Zingler war viel unterwegs rund um das Spiel beim FC St. Pauli. Der Präsident des Fußball-Zweitligisten 1. FC Union suchte schon im Vorfeld die Nähe. Er fuhr am Freitag mit der Mannschaft im Bus nach Hamburg. Am Samstag besichtigte er vor dem Anpfiff zusammen mit den Spielern, Trainer André Hofschneider und Sport-Geschäftsführer Lutz Munack den Rasen. Die erste Halbzeit des Abstiegsgipfels verfolgte Zingler zusammen mit Geschäftsführer Oskar Kosche auf der Haupttribüne. Nur Sekunden nach dem Abpfiff bejubelte Zingler dann vor der gegenüberliegenden Tribüne an der Bank den wichtigen 1:0-Auswärtssieg.
Zingler sprang wie entfesselt Kapitän Felix Kroos an und klatschte im Anschluss jeden Spieler ab, der ihm in die Quere kam. Die Erleichterung bei den Spielern und den 3000 mitgereisten Anhängern war riesig. Minutenlang wurde vor und am Gästeblock der erste Sieg nach fünf Spielen ohne dreifachen Punktgewinn gefeiert.
An Zingler wurde deutlich, wie groß die Anspannung vor diesem Spiel bei Union war und im lange noch nicht ausgestandenen Abstiegskampf weiterhin ist. In Köpenick geht die Angst um. Bei einer Niederlage in Hamburg hätte Zingler womöglich Hofschneider noch in dieser Saison ablösen müssen.
Dieser jubelte nicht ganz so euphorisch wie Zingler oder Kroos. Er reckte beim Schlusspfiff nur kurz die Arme in die Luft. Sein Assistent Sebastian Bönig ließ sich gar geschafft auf die Bank fallen. Von einem Befreiungsschlag wollte Hofschneider nicht sprechen. „Wir lassen das mal zwei Tage ein bisschen sacken, ohne uns zurückzulehnen. Die Mannschaft muss auch mal ein bisschen entspannen“, sagte der Trainer. „Die letzten Wochen waren nicht einfach. Ich glaube nicht, dass der Spielverlauf so viel anders war als in den Partien davor.“
Sebastian Polter jubelt mit Krücken
Für die Mannschaft spricht, dass sie trotz der Gelb-Roten Karte für Marvin Friedrich in der 54. Minute in Unterzahl durch Simon Hedlund zehn Minuten vor Spielende zum Siegtreffer kam. Zudem verkraftete die Elf die Ausfälle von Torwart Jakob Busk, der wegen einer Fußverletzung länger fehlen wird, und Sechser Grischa Prömel (Knieprellung). Sie wurden durch Daniel Mesenhöler im Tor und Stephan Fürstner im Prinzip gleichwertig ersetzt.
Der Teamgeist stimmt auch. Sieben Spieler, die verletzt waren oder nicht im Kader standen, reisten mit der Bahn an. Sebastian Polter, der nach seinem Achillessehnenriss noch auf Krücken angewiesen ist, hielt nach dem Sieg auf der Tribüne seine Gehhilfen triumphierend in die Luft.
Die Abstiegsgefahr ist jedoch keinesfalls gebannt. Die zuvor punktgleichen Hamburger konnten zwar auf drei Zähler distanziert werden. Doch schon Samstag erwartet Union gegen den Tabellen-13. 1. FC Heidenheim das „nächste Endspiel“, wie es Hofschneider nennt. Da Heidenheim am Sonntag 3:1 gegen Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf gewann, liegt St. Pauli nun auf Rang 16. „Die Liga ist sehr brutal“, sagte Mittelfeldspieler Dennis Daube. „In der Tabelle ist alles eng beieinander. Wir wollen unbedingt gegen Heidenheim nachlegen.“ Danach geht es zum Vorletzten Darmstadt 98. Vereinsboss Zingler hat von Trainer Hofschneider bereits grünes Licht für weitere Fahrten mit dem Mannschaftsbus bekommen, in dem Zingler auch aus Hamburg zurückkehrte.