Alba Berlin gegen Darüssafaka Istanbul: Mithat Demirel: Dem Basketball entwachsen
Etwas mehr als zwei Jahre nach seinem Abschied gastiert Mithat Demirel am Mittwoch im Eurocup mit Darüssafaka Istanbul bei seinem Ex-Klub Alba Berlin.
Was soll er auch sagen, als er auf die politische Situation in der Türkei angesprochen wird, auf die Verfolgung Oppositioneller, die willkürliche Verhaftung vieler Menschen? „Ich sage mal so: Die Türkei hat in den vergangenen Jahren eine schwierige Zeit erlebt. Bis zu dem Einmarsch in Syrien hatte sich eigentlich die Lage im Land etwas beruhigt, vor allem auch, was das Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland angeht“, sagt Mithat Demirel. Es wäre auch nicht besonders schlau an seiner Stelle, viel mehr darüber zu sagen. Und wenn es etwas gibt, was man ihm gewiss nicht unterstellen kann, dann ist es fehlende Schläue.
Mithat Demirel, geboren und aufgewachsen in Berlin, ist am Mittwoch als Sportdirektor von Darüssafaka Istanbul zu Gast in der Arena am Ostbahnhof (20.15 Uhr, live bei Telekom Sport). Das Team des 39-Jährigen trifft auf seinen ehemaligen Klub Alba Berlin im Basketball-Eurocup. „Ich freue mich sehr auf dieses Spiel. Ich bin immer noch hundertprozentiger Berliner“, sagt er.
Bei Alba fiel Demirel schon als Spieler durch seine Gewitztheit auf. Seine für Basketballverhältnisse mickrigen 1,80 Meter glich er durch seine Auffassungsgabe aus, Demirel schaltete schneller als die meisten anderen auf dem Feld. Mit den Berlinern wurde er Ende der Neunziger- bis zu Beginn der Nullerjahre fünfmal Deutscher Meister und vier Mal Deutscher Pokalsieger. Unvergessen ist das Pokalfinale 2003 gegen Köln, als Demirel knapp fünf Sekunden vor Schluss mit dem Ball in der Hand an den riesigen Kölner Gegenspielern vorbeidribbelte und den Ball zur Entscheidung in den Korb legte. „Kleiner Mann ganz groß“, brüllte TV-Kommentator Frank Buschmann in sein Mikrofon.
Groß sollte Demirel auch nach seiner sportlichen Karriere bei Alba bleiben. Fünf Jahre arbeitete er als Sportdirektor bei den Berlinern. Er galt neben Manager Marco Baldi als einer der Faktoren, warum Alba es trotz fehlender finanzieller Mittel schaffte, mit Teams wie Bamberg oder Bayern einigermaßen mitzuhalten. „Er hatte ein gutes Auge für die richtigen Spieler und war sehr gut strukturiert“, sagt Baldi über Demirel. „Er ist bei uns in die Lehrjahre gegangen und hat sehr gut performt.“
Demirel arbeitet für einen der größten Konzerne der Türkei
Irgendwann hatte Demirel so gut performt, dass im Herbst 2015 der sehr ambitionierte Klub Darüssafaka bei ihm anfragte. Die Istanbuler boten Demirel dem Vernehmen nach nicht nur ein Vielfaches des Gehaltes, das er bei Alba bekam, sondern sie stellten ihm darüber hinaus auch – im Vergleich zu Alba – extrem hohe Mittel für den Kader zur Verfügung. „Ich kann verstehen, dass er das angenommen hat“, sagt Baldi.
Gleich in seinem ersten Jahr erreichte Demirel mit Darüssafaka das Top 16 in der Euroleague, dem höchsten europäischen Wettbewerb im Basketball. Der Erfolg hielt an, bis der große Geldgeber vor dieser Saison entschied, den Etat etwas herunterzufahren. Für den Eurocup könnte es aber trotzdem reichen. Darüssafaka hat alle seine bisherigen drei Spiele in der Eurocup-Gruppe E gewonnen, Alba nur eines. „Für mich sind sie einer der Favoriten auf den Titel“, sagt Baldi.
Die Erfolge bei Darüssafaka möglich macht die Dogus-Holding, ein Mischkonzern, der im Bauwesen, Immobiliengeschäft, im Tourismus und immer stärker im Finanzsektor tätig ist. Mit mehr als fünf Milliarden US-Dollar Umsatz ist die Holding eine der drei Top-Unternehmen der Türkei. Dass Demirel nicht allzu ausgiebig über die politische Situation in der Türkei sprechen möchte, hängt sicher auch damit zusammen, dass der Dogus-Konzern als ausgesprochen Erdogan-freundlich gilt.
Außerdem sieht es danach aus, als würde Demirel in der Aktiengesellschaft recht bald einen Schritt nach oben machen. Für einen Giganten wie Dogus ist der Basketballklub Darüssafaka eine sehr kleine Nummer und ein Mann wie Demirel offenbar zu Höherem berufen. „Ich habe angeboten bekommen, auch in anderen Bereichen als im Basketball für das Unternehmen zu arbeiten“, erzählt Demirel. „Theoretisch ist es möglich, dass ich künftig nicht mehr ausschließlich im Basketball tätig bin.“ Klingt ganz so, als wäre der Basketball inzwischen etwas zu klein geworden für Mithat Demirel.