Australian Open: Mischa Zverev mit Sensationssieg gegen Andy Murray
Der Hamburger Mischa Zverev schlägt überraschend den Weltranglisten-Ersten in vier Sätzen und steht im Viertelfinale bei den Australian Open.
Mischa Zverev ballte die Fäuste und schrie seine Freude heraus. Mit dem Sieg über den Weltranglisten-Ersten Andy Murray sorgte der Hamburger für eine Tennis-Sensation bei den Australian Open und zog in das Viertelfinale ein. Der 29 Jahre alte Hamburger bezwang den fünfmaligen Melbourne-Finalisten aus Schottland am Sonntag 7:5, 5:7, 6:2, 6:4. Bei den Damen verlor Mona Barthel im Achtelfinale 3:6, 5:7 gegen Venus Williams, am Sonntag spielt zudem noch Titelverteidigerin Angelique Kerber gegen Coco Vandeweghe aus den USA.
„Das war definitiv das beste Match meines Lebens. Nicht nur, weil es best-of-five war, sondern bei einem Grand Slam“, sagte Zverev, der nach vielen Rückschlägen auf dem erneuten Weg nach oben als Nummer 50 der Welt nach Australien kam. Als „vielleicht die noch größere Sensation“ als das Aus von Titelverteidiger Novak Djokovic in der zweiten Runde bezeichnete Boris Becker als Experte des TV-Senders Eurosport den Coup. „Der Schlüssel zum Erfolg war, dass er in den entscheidenden Momenten cool geblieben ist“, urteilte der dreimalige Wimbledon- und zweimalige Australian-Open-Sieger nach Zverevs erstem Grand-Slam-Achtelfinale.
„Das bedeutet mir die Welt - und dass die Familie da ist, die Box voll ist und mich so viele Leute unterstützen“, sagte Zverev nach seinem größten Erfolg. „Ich war in einem kleinen Koma, ich habe die ganze Zeit Serve und Volley gespielt. Ich weiß nicht, wie ich einige Punkte gewonnen habe.“ Mit etwas Abstand fügte er hinzu: „Ich freue mich, aber ich bin noch gelassen und ruhig.“ In der Runde der letzten Acht trifft der 29-Jährige am Dienstag entweder auf den viermaligen Australian-Champion Roger Federer aus der Schweiz, was er als Traum bezeichnete, oder den Japaner Kei Nishikori. Der Schweizer US-Open-Sieger Stan Wawrinka, vor drei Jahren Sieger in Australien, bekommt es mit dem Franzosen Jo-Wilfried Tsonga zu, einem Ex-Finalisten von Melbourne.
Einen Tag nach dem knappen Aus seines zehn Jahre jüngeren Bruders Alexander gegen den Spanier Rafael Nadal war Mischa Zverev in seinem Spiel von Beginn auf Augenhöhe mit Murray. „Das Match gestern war vielleicht nicht die beste Vorbereitung, aber es war eine Inspiration“, sagte Zverev, der beim Spiel seines Bruders in der Box saß - so, wie Alexander am Sonntag beim Match des Älteren.
Ein Matchball reichte
Zwar sah es im ersten Satz beim 1:3 und 3:5 nach dem erwarteten Verlauf aus, doch der Außenseiter ließ sich nicht irritieren und holte sich mit einem Ass noch den Durchgang. Zehn Jahre, nachdem Tommy Haas zuletzt im Viertelfinale in Australien stand, lag Zverev im zweiten Satz 0:3 und 2:4 zurück und wehrte beim Stand von 4:5 vier Satzbälle ab, den Ausgleich konnte er aber nicht verhindern. Zu diesem Zeitpunkt waren vor den staunenden 15 000 Zuschauern in der Rod-Laver-Arena schon gut zwei Stunden gespielt.
Der in Moskau geborene Norddeutsche suchte nach seinem Linkshänder-Aufschlag wie gewohnt meist den Weg ans Netz und konnte auch bei längeren Ballwechseln mithalten, weil er das Tempo verlangsamte. Damit kam Murray, der Zverev seit Juniorenzeiten kennt, bei Sommerwetter zur Nachmittagszeit immer weniger zurecht. Nach 3:34 Stunden verwandelte Zverev gleich seinen ersten Matchball. „Es sollte heute nicht sein“, sagte Murray und lobte seinen Gegner: „Unter Druck hat er großartige Sachen gemacht.“
Qualifikantin Mona Barthel konnte sich trotz der Niederlage gegen Venus Williams erhobenen Hauptes nach ihrem ersten Achtelfinale bei einem Grand-Slam-Turnier aus Melbourne verabschieden. „Allgemein bin ich mit dem Turnier sehr zufrieden. Ich habe noch mal versucht, alles rauszuholen“, sagte die 26-Jährige aus Neumünster. „Im zweiten Satz war auf jeden Fall mehr drin“, meinte sie zum Match gegen die frühere Weltranglisten-Erste - ihr siebtes inklusive der Qualifikation. Die Amerikanerin lobte Barthel: „Sie hat gut gespielt, so viele Bälle kamen zurück. Ich war gezwungen, mein bestes Tennis zu spielen.“ Die 36-Jährige trifft nun auf die Russin Anastassija Pawljutschenkowa. (dpa)