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Als Spielmacher führte Michel Platini Juventus Turin zum Europapokalsieg 1985 und Frankreich zum EM-Titel im Jahr zuvor.
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Update

Rücktritt als Uefa-Präsident: Michel Platini - magisch und korrupt

Michel Platini tritt als Uefa-Präsident zurück – damit endet eine wechselvolle Fußballkarriere. Und der Franzose gibt sich weiter als Dickkopf.

Von Johannes Nedo

Er hatte zahlreiche große Auftritte: als grandioser Spielmacher der französischen Nationalmannschaft und von Juventus Turin, als Gesicht der WM 1998 in Frankreich und als eloquenter Uefa-Präsident. Und für kurze Zeit, als im vergangenen Jahr die ersten Fifa-Funktionäre verhaftet worden waren, galt er sogar als die realistischste Hoffnung für einen Neuanfang im Weltfußball.

Doch als Strahlemann und Macher wird sich Michel Platini wohl nie mehr auf der Fußball-Bühne präsentieren können. Am Montag legt der Franzose, der den Auftritt im Rampenlicht so liebt, nun auch offiziell sein Amt nieder – ganz unglamourös, in einer schriftlichen Mitteilung.

Darin verkündete der 60-Jährige, dass er als Präsident von Europas Fußball-Verband Uefa zurücktritt. Mit seiner persönlichen Erklärung reagierte er auf die Urteilsverkündung des Internationalen Sportgerichtshofs Cas in seinem Fall am Montagvormittag. Der Cas hatte die vom Weltverband Fifa gegen ihn verhängte Sperre nur von sechs auf vier Jahre reduziert. Zwei Millionen Schweizer Franken hatte Platini 2011 erhalten, vom damaligen Fifa-Präsidenten Joseph Blatter, dessen Fall in diesem Monat auch vor dem Cas verhandelt wird. Über die Bücher lief die Summe jedoch nie. Auch der Cas war „nicht von der Rechtmäßigkeit der Zahlung überzeugt“, hieß es in einer Mitteilung. Zudem soll Platini von der Verlängerung eines Altersvorsorge-Plans profitiert haben, „zu der er nicht berechtigt war“.

Der gefeierte Fußball-Held und charmante Verbandschef geht also als verurteilter, korrupter Funktionär. Und als Dickkopf, der keinerlei Reue zeigt. Anerkennen will Platini das Urteil nämlich auf keinen Fall. „Ich halte die Entscheidung für eine gravierende Ungerechtigkeit“, teilte er mit. Zudem will er auch noch vor Schweizer Zivilgerichten dagegen vorgehen. Eine endgültige Entscheidung wird sich in der Frage um die mysteriösen zwei Millionen Franken also noch hinziehen.

Verteidigunglücken. Eine dubiose Zahlung wurde Platinis Verhängnis.
Verteidigunglücken. Eine dubiose Zahlung wurde Platinis Verhängnis.
© dpa

Klarheit herrscht nun jedoch bei der Uefa. Seit Platini im Oktober 2015 von der Fifa gesperrt worden war, hielt der europäische Verband zu ihm. Keiner hatte den Mut, sich von Platini zu distanzieren. Schließlich hatte er Europas Nationalverbände und Klubs zu stetig wachsendem Reichtum geführt. Platini baute die Champions League zu einer Millionenquelle aus, er blähte die Europameisterschaft auf 24 Teams auf, setzte durch, dass die EM 2020 in 13 verschiedenen Ländern gespielt wird und führte zudem die 2018 beginnende Nationenliga ein.

Weil finanziell aber alle von den immer neuen Fußballprodukten profitierten, lagen die Europäer ihrem Michel stets zu Füßen. So sehr lieferte sich die Uefa ihm aus, dass sie nun bei der EM wohl ohne Präsidenten dastehen wird. Das Exekutivkomitee trifft sich zwar am 18. Mai in Basel zu einer Sondersitzung, ein Wahlkongress ist allerdings erst im September wahrscheinlich. Als Nachfolgekandidat gilt der Niederländer Michael van Praag.

Platini war auf dem Fußballplatz ein Magier. Mit dem Ball stellte er Zauberhaftes an: Er wurde dreimal nacheinander Europas Fußballer des Jahres. Und mit seiner Autorität führte er seine Mannschaften zu großen Titeln: Frankreich zum EM-Sieg 1984, Turin zum Triumph im Europapokal der Landesmeister 1985. Auch als Funktionär umwehte ihn die Aura des Ewig-Siegreichen. Er organisierte die erfolgreiche Heim-WM 1998, wurde mithilfe von Blatter 2007 Uefa-Präsident. Und er konnte auch dabei mitreißen. 2010 hielt Platini bei der Jubiläumsgala „20 Jahre deutsche Fußballeinheit“ in Leipzig eine wunderbare, launige Rede – auf Deutsch. Alle hingen an seinen Lippen. Doch sein Machtstreben und der damit verbundene Bruch mit Blatter wurden ihm im Vorjahr zum Verhängnis. Nachdem Blatter als Fifa-Präsident zurückgetreten war, wollte Platini ihm nachfolgen. Er hatte seine Kandidatur schon angekündigt, der Sieg schien ihm nicht mehr zu nehmen. Blatter allerdings wollte das unbedingt verhindern. Kurz darauf wurde die Zahlung der zwei Millionen Franken publik. Und Platinis Abstieg begann.

Dass er nicht der Retter des Fußballs gewesen wäre, dafür gibt es viele Belege. Platini hatte für die Vergabe der WM 2022 nach Katar gestimmt. Eng ist er mit Katar verquickt, sein Sohn erhielt sogar einen Job beim katarischen Staatsfonds. Eine Schwäche für das süße Leben hatte Platini schon immer. Und weil er auch ein großes Ego hat, will er partout nicht aufgeben. Seine Erklärung beendete er mit dem Satz: „Das Leben hat mir schon so viele schöne Überraschungen geschenkt – ich bin bereit, noch mehr davon zu erleben.“

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