Hertha BSC zu Gast bei Hannover 96: Michael Preetz fordert bessere Mentalität
In Hannover geht es für Hertha BSC darum, den Anschluss an die Europapokalplätze zu halten. Der Manager will deshalb "eine ganz andere Mannschaft sehen".
So langsam bricht sie wieder an, die Zeit, in der man sich dezidiert Gedanken über etwaige Ausflugsziele in den Sommerferien machen muss. Flüge buchen, Angebote checken, Schnäppchen jagen, Wege ergründen, Unterkunft buchen, solche Sachen halt.
Was auf den Otto-Normal-Bürger zutrifft, hat im Kosmos Fußball-Bundesliga nur beschränkte Gültigkeit – vor allem für jene Teams, die zwei Spieltage vor Saisonende mitten im Wettkampf stehen, für die es tatsächlich noch um etwas geht. Also im Grunde alle bis auf den FC Bayern München und den 1. FC Köln.
„Es ist nicht so, dass wir schon im Urlaubsmodus sein sollten“, sagt auch Michael Preetz, der Manager von Hertha BSC. Gerade im jüngsten Heimspiel gegen den FC Augsburg (2:2) trabten die Herren in den blau-weißen Trikots allerdings so lustlos über den Platz, als hätten sie ihre Liege am Pool bereits nach furchtbarer deutscher Tradition mit einem Handtuch reserviert. Insofern ist Preetz’ Forderung vor dem Auswärtsspiel gegen Hannover 96 an diesem Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky) absolut nachvollziehbar. „Ich möchte eine ganz andere Mannschaft sehen als die, die gegen Augsburg raus aufs Feld gegangen ist“, sagt der Manager.
Im Duell mit dem Aufsteiger aus Niedersachsen geht es für Berlins führendes Fußball-Unternehmen nämlich darum, die letzte rechnerische Chance auf eine erneute Qualifikation für den Europapokal am Leben zu halten. Drei Punkte trennen Hertha aktuell vom siebten Tabellenplatz, der für den nicht gerade utopischen Fall eines Münchner Pokalsiegs genügen würde für die Europa League. „Es wird wichtig sein, wie wir das letzte Auswärtsspiel der Saison angehen“, sagt Preetz, „die Mentalität muss stimmen, in diesem Bereich waren wir zuletzt nicht zufrieden und haben das auch der Mannschaft gegenüber so kommuniziert.“
Die Erfahrungen der Saison 2017/18 zeigen allerdings: Herthas Profis haben ein ausgeprägtes Faible dafür, gute Gelegenheiten verstreichen zu lassen. Wenn sich die Chance ergab, den Anschluss an das obere Tabellendrittel herzustellen respektive zu verkürzen, versagten regelmäßig Strategie und Nerven; dem Auswärtssieg bei RB Leipzig etwa folgte – eine 0:1-Niederlage beim VfB Stuttgart. Dem überraschenden Erfolg bei Bayer Leverkusen folgte – eine 0:2-Heimniederlage gegen den Abstiegskandidaten Mainz 05. Nicht zu vergessen das jüngste Beispiel: eine Woche nach dem überzeugenden Sieg in Frankfurt mühte sich Hertha mit dem FC Augsburg ab und holte am Ende immerhin einen Punkt (2:2).
Die notwendige Reife fehlt
Auf der Suche nach Gründen für diese Tatsache hat Trainer Pal Dardai schon vor einigen Wochen festgestellt, dass es seinem – im Verlauf der Saison merklich verjüngten – Team womöglich noch an der notwendigen Reife fehle, um solche Chancen zu ergreifen und „den nächsten Schritt zu machen“, wie Dardai sagte.
Ohnehin stellen die meisten Bundesligisten seit Jahren die Sinnfrage, sofern sie sich für die Europa League qualifiziert haben: Was bringt das eigentlich? Welche Vorteile hat der Europapokal? Welche Gefahren und Risiken birgt das internationale Geschäft? Bei Hertha BSC haben sie – trotz des frühen Ausscheidens in der Gruppenphase – nicht die schlechtesten Erfahrungen gemacht mit der Europa League. Dardais erhöhtes Rotationsprinzip brachte einige junge Spieler merklich voran – und verschaffte anderen Pausen.
Sollten die Berliner tatsächlich noch den Sprung auf die europäischen Plätze schaffen, würde das allerdings einen Rattenschwanz nach sich ziehen – mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Saisonvorbereitung 2018/19. Dem Vernehmen nach planen die Berliner ein Lauftrainingslager im nordbrandenburgischen Neuruppin; eine offizielle Bestätigung sowie ein konkreter Termin stehen zwar noch nicht fest. Allerdings müsste der grobe Fahrplan für die Zeit nach der WM noch einmal gehörig umgeworfen werden; die Qualifikationsphase für die Europa League beginnt schon Ende Juli, also wenige Tage nach dem Weltmeisterschafts-Finale am 15. Juli in Moskau.
Es werden also noch ein paar Tage und zwei Bundesliga-Spiele ins Land gehen müssen, ehe sich Michael Preetz mit der Frage beschäftigen kann, wo es im Sommer für den Stab von Hertha BSC hingeht – und vor allem wann. Solange muss die Liege am Pool noch warten.