Sieben Trainer in fünf Jahren bei Hertha BSC: Michael Preetz' Entscheidungen sind eher berüchtigt als berühmt
Bei der Trainerwahl hatte der Hertha-Manager Michael Preetz selten eine glückliche Hand. Eine Analyse.
Mal angenommen, Michael Preetz hat die Trainerentlassung keineswegs so übereilt geplant, wie es oft dargestellt wird. Also: nicht erst nach den beiden Jahreseinstandsniederlagen gegen Bremen und Leverkusen, und auch nicht erst nach dem finalen Hinrundendesaster gegen Hoffenheim. Vielleicht war ja die Trennung von Jos Luhukay keineswegs einer der Schnellschüsse, für die Preetz als Manager von Hertha BSC mehr berüchtigt denn berühmt ist. Ein angeblicher Wunschkandidat für die Trainerposition war jedenfalls halbwegs frei, aber ganz und gar nicht willig.
Thomas Tuchel hat einmal, und das ist noch gar nicht so lange her, im internen Kreis verlauten lassen, es gebe in Deutschland nur drei Vereine, die für ihn interessant wären: der FC Bayern, der Hamburger SV – und Hertha BSC. Allerdings sei Hertha derzeit kein Thema, wegen der Art und Weise, wie der Verein geführt werde.
Also genießt Tuchel nach dem Abschied aus Mainz sein Sabbatical, und Preetz musste den Dingen ihren Lauf lassen. Bis es dann wirklich nicht mehr ging mit dem in der Mannschaft denkbar unbeliebten Luhukay. Dass es so weit kommen musste, hat viel mit Personalpolitik zu tun. Mit den Trainern, die Preetz heuerte und feuerte. Sieben sind es in jetzt fünfeinhalb Jahren, die er bei Hertha als Manager wirkt. Es ist keine Erfolgsgeschichte, die im Frühjahr 2009 mit Lucien Favre begann und jetzt bei Pal Dardai angelangt ist.
Favre war für Preetz so lange hilfreich, wie er ihn brauchte, um den allmächtigen Geschäftsführer Dieter Hoeneß aus dem Amt zu drängen. Das in der Tat angespannte Verhältnis zwischen Hoeneß und Favre war im Sinne von Preetz Hauptargument für eine vorzeitige Trennung von Hoeneß. Der Putsch gelang, aber er erschütterte den Klub so nachhaltig, dass die Mannschaft kaum ein Bein auf den Boden brachte. Am siebten Spieltag jener Bundesligasaison entließ Preetz den vormaligen Erfolgstrainer. Seinen Ruf als smarter Krisenmanager wollte er damit begründen, dass er rechtzeitig einen Nachfolger zur Hand hatte. Der Mann hieß Friedhelm Funkel und das Ende ist bekannt. Hertha stieg als Tabellenletzter ab.
Der für den Neuanfang in der Zweiten Liga akquirierte Markus Babbel schaffte zwar den sofortigen Wiederaufstieg, aber das persönliche Verhältnis zu Preetz kühlte sich schnell ab. Die beiden hatten höchst divergierende Vorstellungen, was die Zusammenstellung und Führung des Personals betraf. Als die Gegensätze in der Ersten Liga immer deutlicher zutage traten, fanden sich in Preetz gewogenen Zeitungen immer neue Anspielungen auf angebliche Verfehlungen in Babbels Privatleben. Der Trainer war von höchster Stelle zum Abschuss freigegeben und wurde in Folge einer an Lächerlichkeit schwer zu überbietenden Seifenoper nach dem letzten Hinrundenspiel freigestellt.
Wieder schoss Preetz schnell, diesmal auch für seine eigenen Maßstäbe zu schnell. Für Michael Skibbe bezahlte er 250 000 Euro Ablöse an den türkischen Klub Eskisehirspor. Aber war etwa kein Geld mehr für ein Telefonat mit früheren Arbeitgebern da? Skibbes Probleme im Privaten und in der Teamführung, wie sie Herthas innerer Zirkel im Nachhinein monierte, waren durchaus bekannt. Sie mündeten in fünf Niederlagen in fünf Spielen, dann war Skibbe schon wieder weg, abgefunden mit geschätzt 500 000 Euro.
Preetz nahm alle Schuld auf sich, den nächsten Trainer durfte er schon nicht mehr ganz allein aussuchen. Das ist in der Retrospektive keineswegs rufschädigend, denn welcher rational denkende Manager wäre schon auf Otto Rehhagel gekommen? Rehhagel stand bei seinem Amtsantritt im 74. Lebensjahr und war zwölf Jahre raus aus dem Bundesligageschäft. Den Spielern wurde er als Galionsfigur verkauft, als einer, der den Druck der Öffentlichkeit auf sich nimmt und taktische Belange seinen Assistenten überlässt. Nur hatte das eben keiner dem Herrn Rehhagel erzählt, denn der wollte sehr wohl noch einmal Cheftrainer spielen, was dem Publikum viele erheiternde Momente bescherte und dem Verein den nächsten Abstieg.
Preetz überstand diesen Abstieg dank der Protektion von Präsident Werner Gegenbauer. Für die Wahl Jos Luhukays hat er später oft seinen Instinkt gerühmt. Aber erstens war diese Wahl nach Luhukays Kündigung in Augsburg recht naheliegend, und zweitens behaupten im Verein einige Leute, sie hätten den Kollegen Geschäftsführer erst auf diese naheliegende Idee gebracht.
Für Michael Preetz war es von existenzieller Bedeutung, den neuen Trainer als langfristige Lösung zu verkaufen. Das stärkte automatisch Luhukays Position. Der Niederländer beanspruchte weitgehende Entscheidungshoheit für das Projekt, Mannschaft und Verein nach seinen Vorstellungen umzubauen. Sukzessive besetzte er die Mannschaft mit ihm loyal ergebenen Spielern. Dazu trennte sich Hertha von Torwarttrainer Christian Fiedler, Konditionstrainer Henrik Kuchno und Physiotherapeut Jörg Blüthmann. Bei vielen Fans in der Hertha heiligen Ostkurve kam das gar nicht gut an. Besonders unwürdig verlief die Trennung von Fiedler, dem nach 23 Jahren im Verein in einem zweiminütigen Protokollakt die Freistellung mitgeteilt wurde – einen Tag, nachdem sich die Mannschaft bei der Mitgliederversammlung für den erneuten Aufstieg hatte feiern lassen. In einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht bekam Fiedler in allen Punkten recht und eine Abfindung in Höhe von 579 000 Euro zugesprochen.
Michael Preetz hat alle Personalien abgenickt, zweieinhalb Jahre lang. Unter seiner Aufsicht war Luhukay am Tag seiner Entlassung nach Jürgen Klopp (Dortmund), Lucien Favre (Mönchengladbach), Christian Streich (Freiburg) und gemeinsam mit Markus Weinzierl (Augsburg) der dienstälteste Trainer der Bundesliga. Aber die Kontinuität, die er mit Luhukay erreichen wollte, wird jetzt zu Belastung für Hertha BSC. Und für Michael Preetz.
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