Marc-André ter Stegen beim FC Barcelona: Messi mit Handschuhen
Nach seiner überragenden Leistung im Pokal hofft Barça auch im Liga-Clasico auf seinen deutschen Torwart. Der macht eine Kampfansage in Richtung Manuel Neuer.
Am Donnerstag ging bei Marc-André ter Stegen mal wieder eine Nachricht ein. „Marc hat viel zu tun, deswegen telefonieren wir mittlerweile seltener. Wir schreiben aber vor und nach den Spielen und haben das auch nach dem Clasico gemacht“, erzählt Uwe Kamps. Der Torwarttrainer von Borussia Mönchengladbach hat immer noch ein enges Verhältnis zu seinem ehemaligen Schützling und verfolgt ter Stegens Leistungen in Spanien regelmäßig. Kamps gibt dann auch mal Feedback und weist auf bestimmte Szenen hin. Zuletzt fand er aber kaum Anlass zur Kritik, auch beim 3:0-Sieg des FC Barcelona gegen Real Madrid am Mittwoch. „Wie fast immer hat er eine Topleistung gebracht“, sagt der 54-Jährige. „Seine Entwicklung ist super.“
Bei Barça stehen seit jeher die Offensivspieler im Fokus, nach dem Pokal-Halbfinale wussten die Katalanen aber, bei wem sie sich bedanken mussten. Ter Stegen hatte sein Team im Madrider Bernabeu-Stadion mit zwei starken Paraden gegen Vinicius und Karim Benzema vor einem Rückstand bewahrt und später noch einen Kopfball von Sergio Reguilon fantastisch um den Pfosten gelenkt. „Er macht in dieser Saison genauso den Unterschied wie die Stürmer“, schrieb die in Madrid ansässige Sportzeitung „Marca“, die den Torwart aufgrund seiner Bedeutung für Barcelona auch schon als „Messi mit Handschuhen“ bezeichnete.
An diesem Samstag (20.45 Uhr/Livestream auf Dazn) folgt für ter Stegen gleich der nächste große Auftritt, wieder gegen Real, wieder im Bernabeu, dieses Mal in der Liga. Für den großen Rivalen aus der spanischen Hauptstadt ist das keine gute Nachricht. In der Primera Division hat der 26 Jahre alte Nationaltorwart noch nie gegen Real verloren, im Bernabeu gab es in zwei Spielen zwei Siege. Sollte Barça erneut drei Punkte holen, könnten die Madrilenen, die jetzt schon neun Punkte Rückstand haben, die Meisterschaft endgültig abhaken.
Statistisch ist Barcelonas Abwehr in der Liga gar nicht außerordentlich gut. 25 Gegentreffer in 25 Spielen sind allenfalls ein durchschnittlicher Wert für solch ein Topteam, ter Stegens Einfluss geht aber weit über das bloße Toreverhindern hinaus. „Seine Mitspieler merken, dass sie ihn immer anspielen können, und er da ist, wenn er gebraucht wird. Das gibt dem ganzen Team Sicherheit“, sagt Kamps. Schon in Gladbach hatte ter Stegen viele Ballkontakte und profitierte von seinen fußballerischen Qualitäten. Damit passt er perfekt in das Anforderungsprofil der Katalanen.
Dass ter Stegen nach seinem Wechsel zu Barça 2014 lediglich in den Pokalwettbewerben spielte und in der Liga Claudio Bravo den Vorzug bekam, ist nur noch eine verblasste Erinnerung. Mittlerweile ist ter Stegen die unumstrittene Nummer eins und laut „transfermarkt.de“ mit einem Marktwert von 80 Millionen Euro der wertvollste Torwart der Welt.
„Bei Marc war schon mit 16 Jahren zu sehen, dass er viel Talent hat und es bei uns schaffen kann. Dass er so eine Karriere macht, konnte ich mir damals aber nicht vorstellen. Und das macht uns als Klub auch stolz“, sagt Kamps, der ter Stegen auch in der Nationalmannschaft eine große Zukunft vorhersagt.
Bundestrainer Joachim Löw hat sich gerade erst öffentlich bis 2020 auf Manuel Neuer als Nummer eins festgelegt, „falls nichts Außergewöhnliches passiert“. Ter Stegen ist nach unglücklichen Auftritten in seinen ersten Länderspielen aber mittlerweile auf dem allerhöchsten Niveau angekommen und hat dies während Neuers langer Verletzungspause auch in der Nationalmannschaft nachgewiesen. „Ich finde es gut, dass Marc versucht, mit seinen sportlichen Leistungen Druck zu machen. Den Rest muss der Bundestrainer entscheiden“, sagt Kamps. „Neuer ist etwas älter, deshalb wird Marcs Zeit ganz sicher kommen.“
Der selbstbewusste und extrem ehrgeizige ter Stegen will allerdings ungern warten, bis Neuer das Tor freiwillig räumt. „Ich habe absoluten Respekt davor, was Manu für die Nationalmannschaft getan hat“, sagte ter Stegen jüngst bei „Dazn“. „Ich werde aber alles dafür tun, dass auch auf der Torwartposition ein Umbruch stattfindet.“